Seltene Erkrankungen

Zahnmedizinische Manifestationen der Hypophosphatasie

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Zahnmedizin
Eine aktuelle Studie fasst zusammen, welche Anzeichen dieser seltenen Erkrankung Zahnärztinnen und Zahnärzte kennen sollten. Charakteristisch ist unter anderem ein auffallend früher Milchzahnverlust.

Forschende haben in einer Übersichtsarbeit die Bedeutung der Früherkennung von Hypophosphatasie anhand dentaler Manifestationen herausgestellt. Gerade aufgrund der Vielfältigkeit der Symptome können dentale Auffälligkeiten frühe Hinweise auf die Erkrankung liefern und den Therapiebeginn beschleunigen. Je früher die Erkrankung mit einer seit einigen Jahren verfügbaren Enzymtherapie behandelt werden kann, desto besser ist die Prognose. Zu den charakteristischen oralen Manifestationen gehört vor allem die frühe Exfoliation von Milchzähnen [Okawa und Nakano, 2022].

Erschwerte Diagnose durch unspezifisches und vielfältiges Symptom-Spektrum

Hypophosphatasie ist eine seltene, genetische Stoffwechselerkrankung, bei der die Aktivität der alkalischen Phosphatase durch eine Genmutation verringert ist. Dies führt unter anderem zu einer gestörten Knochenmineralisation, in der Folge können Skelettfehlbildungen in verschiedenen Ausprägungen auftreten. Das Erscheinungsbild der Hypophosphatasie variiert stark – je früher die Krankheit beginnt, desto schwerer sind Symptome und Beschwerden [IQWIG]. Es gibt insgesamt sechs unterschiedliche Phänotypen der Erkrankung: den perinatalen, den pränatalen, den gutartigen, den infantilen, den erwachsenen und den Odontotypen. Die Häufigkeit der beiden erstgenannten Formen, die die schwersten sind, geben Okawa und Nakano mit 1/300.000 in Europa, 1/100.000 in Nordamerika und 1/150.000 in Japan an [2022]. Der Odontotyp gilt als die häufigste Form – Zahlen gebe es hierzu aber keine, erklären die Forscher.

Die Verläufe können sich sogar innerhalb einer Familie stark unterscheiden und reichen von lebensbedrohlichen Zuständen bis zu lediglich unspezifischen Gelenk- und Muskelschmerzen sowie dentalen Manifestationen, erklärt das Universitäre Zentrum für Seltene Erkrankungen Leipzig (UZSEL). Die Diagnose kann anhand eines Gentests gestellt werden. Insbesondere die fehlende Spezifität der Symptome und deren Vielfältigkeit führen aber bei vielen Betroffenen zu einer späten Diagnosestellung.

Früher Milchzahnverlust ist Hauptsymptom

Zahnärztinnen und Zahnärzte können in hohem Maße zu einer frühen Diagnosestellung beitragen, wenn sie die charakteristischen, dentalen Anzeichen einer Hypophosphatasie kennen. Als spezifische dentale Manifestation der Hypophosphatasie nennen die Autoren einen frühen Milchzahnverlust, meist beginnend mit den unteren Schneidezähnen. Dieser könne bereits zwischen dem ersten und dem vierten Lebensjahr auftreten und gilt – neben einer Störung der Knochenmineralisierung – als Hauptsymptom. Ursächlich für den frühen Zahnverlust sei vermutlich die Hypomineralisierung des Zements. Bei Frontzähnen führe dies zu einem frühen Verlust, während bei Molaren eine Ankylose möglich sei, erklären die Wissenschaftler. Bei früher Milchzahn-Exfoliation sei überdies auffällig, dass die Zahnwurzel entweder noch gar nicht vollständig ausgebildet ist oder – bei vollständiger Ausbildung – keinerlei Resorptionszeichen zeigt. Als weitere orale Symptome nennen Okawa und Nakano das Auftreten von Parodontitis bereits im Milchgebiss, den frühzeitigen „Verlust bleibender Zähne, eine Hypoplasie von Zahnschmelz und Dentin, eine verringerte Dentinstärke, breite Pulpakammern, dünne und kurze Wurzeln und Karies“ [2022].

Enzymtherapie verbessert Überlebenschancen bei schweren Formen

Seit der Einführung der Langzeit-Enzymersatztherapie mit Asfotase alfa in 2015 kann bei Patientinnen und Patienten mit schweren Formen erstmals die Krankheitsursache, also das Fehlen eines Enzyms, behandelt werden [IQWIG]. Unter der Enzymersatztherapie sind die Überlebensraten bei Kleinkindern höher und die Lebensqualität verbessert. Der Nutzen für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene ist mangels Daten aber aktuell noch unklar [IQWiG]. Trotz der schwachen Datenlage geben Studien Hinweise darauf, dass die Enzymtherapie bei schweren Formen der Hypophosphatasie positive Auswirkungen auf die Zahnhartsubstanz zu haben scheint: „Mehrere neuere Studien haben […] Verbesserungen des Alveolarknochens, der Wurzelmineralisierung und der Zementbildung […] gezeigt, was zu einer Stabilisierung der Milchzähne führt“ [Okawa und Nakano, 2022].

Die Wissenschaftler vermuten, dass einige Patientinnen und Patienten mit Hypophosphatasie nicht wissen, dass sie erkrankt sind, „weil die systemischen Symptome das tägliche Leben nicht beeinträchtigen oder in leichten Fällen, wie zum Beispiel im Kindesalter und bei Odontotypen, überhaupt keine subjektiven Symptome auftreten“ [Okawa und Nakano, 2022]. Da es aber im Lauf des Lebens zu einer Verschlechterung und zu einem zusätzlichen Auftreten von systemischen Symptomen kommen kann, profitieren alle Betroffenen von einer frühen Diagnose. Deshalb appellieren die Forscher an die Zahnärzteschaft, bei frühzeitigem Milchzahnverlust aufmerksam zu sein und die Kinder zur weiteren Diagnostik an einen Spezialisten zu überweisen.

Okawa R, Nakano K. Dental manifestation and management of hypophosphatasia. Jpn Dent Sci Rev. 2022 Nov;58:208-216.doi: 10.1016/j.jdsr.2022.06.002.Epub 2022 Jul 2. PMID: 35814738; PMCID: PMC9260292.

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