Fehlzeiten-Report des Wissenschaftlichen Instituts der AOK

Zukunftsfähige Unternehmen haben gesündere Beschäftigte

pr
Eine repräsentative Befragung des WIdO für den Fehlzeiten-Report 2023 zeigt hohe psychische arbeitsbezogene Beschwerden unter den Beschäftigten. Aber: Wer seinen Betrieb für zukunftsfähig hält, fehlt seltener.

Auf anhaltend hohe arbeitsbezogene Beschwerden der Beschäftigten und stetig steigende Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen hat das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) im aktuellen Fehlzeiten-Report 2023 hingewiesen. Am häufigsten wurden dabei Erschöpfung, Wut und Verärgerung sowie Lustlosigkeit genannt. Vor allem Berufe des Gesundheits- und Sozialbereichs seien betroffen, heißt es in dem Report. Auf diese Branchen fielen rund 14 Prozent aller Fehltage.

„Die Beschäftigten in der Gesundheitsversorgung, in Bildung und Erziehung erfahren zu wenig gesellschaftliche Wertschätzung“, kritisierte Bernhard Badura, emeritierter Professor für Gesundheitswissenschaften an der Universität Bielefeld, bei der Vorstellung des Reports in Berlin. Er forderte mehr Beachtung für das Thema „mentale Gesundheit“ und eine bessere Ausbildung der Führungskräfte.

Fehltage wegen psychischer Erkrankungen seit 2012 um 48 Prozent gestiegen

Ein Vergleich mit Befragungsdaten aus den Jahren 2020 bis 2022 zeigt dem Bericht zufolge, dass insgesamt alle selbst berichteten arbeitsbezogenen Beschwerden seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie zugenommen haben. Gegenüber den Jahren 2021 und 2022, also der „Hochphase der Pandemie“, sind die Werte im Jahr 2023 demzufolge zwar leicht gesunken, liegen jedoch immer noch über dem Niveau der ersten Messung vor Beginn der Pandemie.

Die beruflichen Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen stiegen laut Report von 2012 bis 2022 um 48 Prozent, so der Report. Bei allen anderen Erkrankungsgruppen verzeichnete man einen Anstieg von 35 Prozent. Davon sei der größte Teil auf die pandemiebedingten Höchststände der Atemwegserkrankungen im Jahr 2022 zurückzuführen.

„Im Vergleich zu anderen Krankheiten gehen psychische Erkrankungen häufig mit besonders langen Fehlzeiten einher“, erläuterte Johanna Baumgardt, Forschungsbereichsleiterin für Betriebliche Gesundheitsförderung im WIdO und Mitherausgeberin des Reports. „Während psychische Erkrankungen 2022 im Schnitt zu AU-Zeiten von 29,6 Tagen je Fall führten, waren es beispielsweise bei Atemwegserkrankungen nur 7,1 Tage pro Fall.“ Der Durchschnitt über alle Erkrankungsgruppen habe 2022 bei 11,3 Tagen je Fall gelegen.

Historischer Höchststand bei Fehlzeiten im Zuge der Pandemie

Der Fehlzeiten-Report untersuchte auch die Auswirkungen der jüngsten Krisen auf Unternehmen und Beschäftigte. Bei einer Befragung im Februar 2023 gaben 47 Prozent der Beschäftigten an, in ihrem Betrieb oder ihrer Organisation eher starke bis sehr starke Veränderungen wahrzunehmen. Als hauptsächlicher Treiber für die Veränderungen wurde die Pandemie genannt, gefolgt von den technologischen Entwicklungen und den Möglichkeiten, die sie mit sich bringen.

Laut Fehlzeiten-Report gab es im vergangenen Jahr einen historischen Höchststand bei den beruflichen Fehlzeiten: Während in den Jahren 2012 bis 2021 durchschnittlich 159,7 AU-Fälle je 100 erwerbstätige AOK-Mitglieder verzeichnet wurden, waren es im Jahr 2022 im Durchschnitt 216,6 AU-Fälle. Das ist ein Anstieg um mehr als 30 Prozent, der vor allem durch Atemwegserkrankungen verursacht worden ist. Sie schlugen 2022 mit 86,5 AU-Fällen je 100 Mitglieder zu Buche – im Jahr davor waren es 36,3 Fälle. Somit hat sich die Zahl mehr als verdoppelt.

„Trotz der großen Veränderungen und Umbrüche, die wir aktuell nicht zuletzt infolge der jüngsten kriegerischen Konflikte erleben, sehen die Beschäftigten die Situation ihres eigenen Unternehmens und dessen Zukunftsfähigkeit durchaus positiv“, berichtete Johanna Baumgardt. So hätten zwar 35 Prozent der Befragten ausgeprägte Zukunftsangst bezüglich der gesamtgesellschaftlichen Situation gezeigt. Aber nur acht Prozent hätten Zukunftsangst in Bezug auf ihren Arbeitgeber. Fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent) hätten ihrem Betrieb oder ihrer Organisation eine ausgeprägte Zukunftsfähigkeit bescheinigt.

„Das ist ein sehr erfreuliches Ergebnis, denn wir haben auch festgestellt, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen einer positiven Einschätzung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und der Gesundheit seiner Beschäftigten gibt“, berichtet Baumgardt.

So fehlten Beschäftigte, die die Zukunftsfähigkeit ihrer Organisation oder ihres Betriebs positiv bewerten, nach eigenen Angaben in den letzten zwölf Monaten vor der Befragung im Schnitt 11,6 Tage erkrankungsbedingt an ihrem Arbeitsplatz. Bei den Beschäftigten, die die Zukunftsfähigkeit schlechter beurteilen, waren es dagegen durchschnittlich 16,2 Tage. „Beschäftigte, die ihren Arbeitgeber als weniger gut gewappnet für zukünftige Entwicklungen bewerten, berichten über mehr gesundheitliche Beschwerden, häufigere krankheitsbedingte Fehlzeiten und gehen häufiger krank zur Arbeit“, bestätigt Baumgardt.

Für Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, zeigen die Ergebnisse des Fehlzeiten-Reports, dass betriebliche Gesundheitsförderung angesichts der großen gesellschaftlichen Umbrüche immer wichtiger werde. „Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels müsse die Gesundheit der Beschäftigten ein zentrales Anliegen jedes Unternehmens sein.

Der Fehlzeiten-Report wird seit 1998 jährlich vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) in Zusammenarbeit mit der Universität Bielefeld und der Berliner Hochschule für Technik herausgegeben. In diesem Jahr beinhaltet er 32 Beiträge von insgesamt 70 Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachdisziplinen zum Zusammenhang von Zeitenwende, Arbeit und Gesundheit.

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