Zulassung von Arzneimitteln soll beschleunigt werden
Das Bundeskabinett hat gestern den Entwurf eines Medizinforschungsgesetzes (MFG) beschlossen. Damit sollen Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen sowie Zulassungsverfahren von Arzneimitteln, Medizinprodukten beschleunigt und entbürokratisiert werden, meldet das Bundesgesundheitsministerium (BMG) dazu. Gleichzeitig sollen die hohen Standards für die Sicherheit von Patientinnen und Patienten gewahrt bleiben. Ziel des Gesetzes sei es, die Rahmenbedingungen für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten in Deutschland zu verbessern.
„Mit dem Medizinforschungsgesetz stärken wir die Erforschung und Herstellung neuer Arzneimittel und Medizinprodukte am Standort Deutschland“, kommentierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. „Wir sorgen für schnelle, verlässliche und unbürokratische Verfahren.“ Das gebe den beteiligten Forschenden und Unternehmen Planungssicherheit, so Lauterbach weiter. Es stärke den Forschungsstandort und fördere Wachstum und Beschäftigung. Das komme den Patientinnen und Patientinnen zugute, die von neuen Therapien profitieren könnten.
Für besonders eilige Verfahren kommt eine Ethik-Kommission
Zu den aus Sicht des BMG wichtigsten Maßnahmen im Gesetz gehören etwa, dass die Zusammenarbeit der Arzneimittelzulassungsbehörden optimiert werden soll. Ferner soll die Bewertung mononationaler klinischer Prüfungen beschleunigt und dezentrale klinische Prüfungen außerhalb der Prüfzentren ermöglicht werden. Weiterhin soll eine unabhängige spezialisierte Ethik-Kommission für besonders komplexe oder eilige Verfahren eingerichtet werden. Pharmazeutische Unternehmer sollen die Möglichkeit erhalten, vertrauliche Erstattungsbeträge bei neuen Arzneimitteln zu vereinbaren.
Die Zulassungsverfahren der für die Zulassung von Arzneimitteln zuständigen Bundesoberbehörden, des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), sollen besser koordiniert werden, heißt es in dem Kabinettsentwurf. Das BMG werde ermächtigt, die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den genannten Behörden zur Verbesserung der Verfahrensabläufe durch Rechtsverordnung zu ändern. Über eine Rechtsverordnungsermächtigung werde vorgesehen, beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine übergreifende Koordinierungsstelle einzurichten.
Aus Sicht des an dem Gesetz mitbeteiligten Bundesumweltministeriums ist vor allem wichtig, dass strahlenschutzrechtlichen Anzeige- und Genehmigungsverfahren mit den arzneimittel- und medizinprodukterechtlichen Verfahren harmonisiert werden sollen.
Kassen fürchten geheime und intransparente Erstattungsbeträge
Heftige Kritik kommt von Seiten der Krankenkassen. Sie monieren etwa, dass es in Zukunft geheime und intransparente Erstattungsbeträge bei Arzneimitteln geben soll. Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin des GKV-Spitzenverbandes, erklärte: „Geheimpreise eröffnen den Pharmaunternehmen Spielräume für eine intransparente Preisgestaltung und werden die Kosten nach oben treiben. Dabei reden wir nicht von Millionen, sondern von vielen Milliarden Euro jedes Jahr an Mehrkosten für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler ohne Mehrwert für die Versorgung.“ Außerdem, so Stoff-Ahnis, würden Geheimpreise das Gebot der Wirtschaftlichkeit aushebeln. Wenn den Ärztinnen und Ärzten Preistransparenz genommen werde, dann könnten sie bei der Verordnung von Medikamenten nicht mehr wirtschaftlich vorgehen.
Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, hält es für nicht nachvollziehbar, dass jetzt die bewährten Mechanismen zur Preisregulierung und Wirtschaftlichkeit von der Bundesregierung aufs Spiel gesetzt würden, um den pharmazeutischen Unternehmen in einem ohnehin schon attraktiven Markt einen weiteren Gefallen zu tun. Vertrauliche Erstattungsbeträge würden für die Krankenversicherungen einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand durch ein komplexes Rückforderungs-Management bedeuten, kritisierte sie.
Im Dezember 2023 hatte die Bundesregierung ein umfassendes Handlungskonzept für die Stärkung des Forschungs- und Produktionsstandortes Deutschland beschlossen. Mit dem Medizinforschungsgesetz setzen das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesumweltministerium nun gemeinsam einen wesentlichen Teil dieser Strategie der Bundesregierung um. Nach dem Beschluss durch das Kabinett liegt der Gesetzentwurf als nächstes dem Bundesrat und dem Bundestag zu Befassung und Verabschiedung vor. Er bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrats.