Obduktionsbericht aus Hamburg

Verstorbene COVID-19-Patienten hatten alle Vorerkrankungen

ck/LL
Gesellschaft
Alle in Hamburg an COVID-19 Verstorbenen hatten vor der Virusinfektion bereits Vorerkrankungen, zumeist an Herz oder Lunge. Zu dem Ergebnis kommt ein Obduktionsbericht des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.

Noch im März hatte das Robert Koch-Instituts (RKI) geraten, Obduktionen von Patienten, die an oder mit COVID-19 gestorben sind, zu vermeiden: Zu groß sei die Ansteckungsgefahr durch Aeorosole für die Mediziner und das Personal. Inzwischen hat das RKI diese Empfehlung wieder zurückgenommen.

Der Bundesverband Deutscher Pathologen und die Deutsche Gesellschaft für Pathologie hatten von Anfang an gefordert, die COVID-19-Toten zu untersuchen.

Ungeachtet dessen hatte der Leiter der Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Prof. Klaus Püschel, vom 22. März bis zum 11 April alle 65 Hamburger COVID-19-Toten obduziert. Inzwischen sei die Zahl der obduzierten Fälle auf über 100 angestiegen und "keiner ohne Vorerkrankung", wie er der Süddeutschen Zeitung (SZ) sagte. Der SZ zufolge liegt verschiedenen Medien der Bericht über die Leichenschauen vor, der zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebe, doch seien an keinem Klinikum in Deutschland annähernd so viele COVID-19-Verstorbene wie in Hamburg untersucht worden.

Auffällig: die kardiovaskulären Vorerkrankungen

Auffällig seien dabei besonders die kardiovaskulären Vorerkrankungen: 55 von 61 Untersuchten litten demnach unter Bluthochdruck, hatten einen Herzinfarkt Arteriosklerose oder eine sonstige Herzschwäche. Insgesamt 46 Obduzierte hatten eine Vorerkrankung der Lunge, bei 28 waren andere Organe wie Nieren, Leber oder Transplantationsorgane geschwächt, 16 litten an Demenz, weitere hatten bereits eine Krebserkrankung, waren adipös oder Diabetiker.

Diese Erkenntnisse decken sie sich stark mit denen von Pathologen aus dem Universitätsspital in Basel. Hier wiesen zwei Drittel der 20 Obduzierten ebenfalls Herzerkrankungen und starkes Übergewicht auf. Der Leiter der Autopsie, Alexander Tzankov, stellte zudem die "schwere Störung der Mikrozirkulation der Lunge“ fest, welche den Sauerstoffaustausch verringert.

Püschel sagte erklärend zu seinen Beobachtungen, er "... finde Vorerkrankungen, vielfache, und Atmenwegsinfektionen wie Lungenentzündungen", die zum einen durch das Virus bedingt seien und zellulären Gefäßschäden hervorrufen, zum anderen aber auch durch bakterielle Begleitinfektionen ausgelöst sind.

61 von 65 Patienten starben an COVID-19

Auffällig seien auch die bei der Obduktion festgestellten Lungenembolien, die durch Thrombosen verursacht wurden. Zudem wurden Schädigungen der inneren Wandschicht von Blut- und Lymphgefäßen, dem vaskulären Endothel, festgestellt, was den Verdacht nährt, dass das Virus nicht nur die Lunge befällt. Das könnte erklären, warum auch Patienten sterben, die nicht beatmet werden mussten.

Die Frage, ob die Patienten mit oder an dem Virus sterben, hat nur Püschels Bericht beantwortet: Bei 61 von 65 Verstorbenen wurde COVID-19 als Ursache für den Tod angegeben. Bei den übrigen vier war die Viruserkrankung den Pathologen zufolge nicht die Ursache für den Tod.

Die Rheinisch-Westfälische Technischen Hochschule Aachen hat jetzt ein Register für die zentrale Bündelung der Erkenntnisse aus den Obduktionen eingerichtet.

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