Hungerstreik

Zahnärzte solidarisieren sich mit polnischen Assistenzärzten

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Gesellschaft
Seit fast drei Wochen protestieren junge Ärzte in Polen für bessere Arbeitsbedingungen, viele von ihnen befinden sich im Hungerstreik. Der Europäische Dachverband der Zahnärzte (CED) zeigt sich solidarisch.

"Obwohl Zahnärzte formal nicht am Streik beteiligt sind, bekunden wir unseren Kollegen Sympathie", heißt es in der kurzen Mitteilung des Europäischen Dachverbandes der Zahnärzte, dem Council of European Dentists (CED). Der Verband unterstütze das Recht der europäischen Bevölkerung auf eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung, die nur mit "angemessener Finanzierung bereitgestellt werden kann".

Vier junge Ärzte starben bereits an Erschöpfung

An einem Warschauer Kinderkrankenhaus traten am 2. Oktober rund 20 Ärzte in einen Hungerstreik ein, um auf ihre schlechte finanzielle Lage aufmerksam zu machen und für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen zu demonstrieren.

Hinter der Aktion steht der Verband der Assistenzärzte. Anlass war der Tod einer Warschauer Ärztin. Die 39-Jährige war Mitte September nach ihrem Dienst kollabiert und starb - Herzinfarkt, wie sich später als Ursache herausstellte. Sie war damit bereits die vierte polnische Medizinerin, die in diesem Jahr während oder kurz nach einer Schicht gestorben ist.

Auf 2,2 Ärzte kommen in Polen 1.000 Patienten

Laut Verband verdient ein Assistenzarzt circa 500 Euro im Monat - viel zu wenig, um davon leben zu können. Viele junge Ärzte würden daher neben ihrer regulären Arbeit Nachtschichten schieben, um besser über die Runden zu kommen, klagt der Verband und rügt in dem Zusammenhang den massiven Personalmangel in den Krankenhäusern. Auf 2,2 Ärzte kommen in Polen 1.000 Patienten - der niedrigste Wert in der Europäischen Union.

Regierungschefin Beata Szydlo hat auf den Hungerstreik bereits reagiert: Am vergangenen Mittwoch versprach sie, den Etat für die Ärztegehälter ab 2018 um 40 Prozent aufzustocken. Assistenzärzte sollen demnach bis Ende 2021 mindestens 5.251 Zloty im Monat verdienen, umgerechnet wären dies rund 1.220 Euro.

Gehälter sollen von 500 auf 1.220 Euro steigen

Szydlo erklärte außerdem, dass die Regierung derzeit an einem Gesetz arbeite, um die Gesundheitsausgaben zu erhöhen - auf sechs Prozent des polnischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Derzeit fließen nur vier Prozent des BIP in die Gesundheitsversorgung. Zum Vergleich: In Deutschland lagen die Gesundheitsausgaben im Jahr 2015 bei einem Anteil von 11,3 Prozent des BIP.

Den streikenden Ärzten reichen diese Zusagen nicht. Sie fordern, dass langfristig neun Prozent des BIP in das Gesundheitssystem fließen sollen.

Weltärztebund unterstützt ausgebeutete Ärzte

Auch der Weltärztebund (WMA) solidarisiert sich mit den polnischen Medizinern: In einer dringlichen Resolution hat er jetzt die polnische Regierung aufgefordert, das Leben der Ärzte zu schützen und das Gesundheitssystem ausreichend zu finanzieren. „Es ist richtig, dass die polnischen Ärzte diese Ausbeutung nicht länger hinnehmen wollen. Sie verdienen dafür unsere volle Unterstützung“, sagte der WMA-Vize-Vorsitzende und BÄK-Präsident Prof. Frank Ulrich Montgomery.

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