Untersuchung des Instituts für Freie Berufe (IFB) Nürnberg

Freie Berufe "bestandsfester" als die übrige Wirtschaft

mth/pm
NachrichtenPraxis
Niedergelassene Zahnärzte werden es gern lesen: Wie der Bund Freier Berufe mitteilt, ist die "Marktaustrittswahrscheinlichkeit" bei Freiberuflern geringer als bei der restlichen Wirtschaft - zumindest im untersuchten Zeitraum von 1995 bis 2015.

Im Auftrag des Bundes Freier Berufe (BFB) hat das Institut für Freie Berufe (IFB) die "Überlebensdauer von Freiberufler‐Unternehmen" untersucht. Dafür sind Unternehmen mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrachtet worden, teilt der BFB mit.

Der Meldung zufolge waren solche Unternehmen auch Gegenstand einer vorangegangenen Untersuchung des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) für den BFB zur "Überlebenswahrscheinlichkeit von Gründungen in Freien Berufen". Demzufolge ergänzten sich die Ergebnisse beider Untersuchungen und könnten aufeinander bezogen werden. Das IFB hatte für seine Analyse Daten der Bundesagentur für Arbeit erschlossen. Der Betrachtungszeitraum umfasst die Jahre 1995 bis 2015.

Bestandsfestigkeit 

Freie Berufe sind bestandsfester als die übrige Wirtschaft:Von 100 Freiberuflern, die im Jahr 2010 den ersten sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter eingestellt haben, sind fünf Jahre später noch 81,7 Prozent am Markt. Bei der restlichen Wirtschaft sind es 75,3 Prozent, im gewerblichen Dienstleistungsbereich 76,8.

Die Marktaustrittswahrscheinlichkeit ist bei den Freien Berufe niedriger als bei der restlichen Wirtschaft:Im Jahr 2015 haben 17,19 Prozent aller Freiberufler und 21,35 Prozent der übrigen Unternehmen ihre Betriebe geschlossen. Der Wert für den gewerblichen Dienstleistungssektor liegt bei 20,28.

Bei über 90 Prozent der Schließungen wird das Freiberufler‐Unternehmen tatsächlich geschlossen und nicht anderweitig fortgeführt.

Freie Berufereagieren, genau wie andere Wirtschaftssektoren, auf Krisen und konjunkturelle Schwankungen. Doch siesind konjunkturresistenter als die übrige Wirtschaft: Freiberufler‐Unternehmen sind im Jahr 2015 im Durchschnitt seit 11,2 Jahren am Markt. Die wissenschaftliche Faustregel besagt, dass deutsche Unternehmen durchschnittlich acht bis zehn Jahre alt werden.  

Geschäftslage

Aktuelle Geschäftslage

Mit ihrer aktuellen Geschäftslage sind die befragten Freiberufler durchaus zufrieden: 47,7 Prozent aller Befragten schätzen ihre Situation als gut, 39,4 Prozent als befriedigend und lediglich 12,9 Prozent als schlecht ein. Die Stimmung hat sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert: Im Winter 2017 beurteilten 48,6 Prozent der Befragten ihre Geschäftslage als gut, 34,8 Prozent als befriedigend und 16,6 Prozent als schlecht.

Bei allen vier Freiberufler-Gruppen ist das aktuelle Klima mehrheitlich günstig: Die Freiberufler im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich sind am zufriedensten, verhaltener sind die freien Kulturberufe, die rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Freiberufler und die freien Heilberufe.

Sechs-Monats-Prognose

Auch im kurzfristigen Trend sind die befragten Freiberufler zuversichtlich: 12,8 Prozent der Befragten rechnen binnen des kommenden halben Jahres mit einer günstigeren, 78,6 Prozent mit einer gleich bleibenden und 8,6 Prozent mit einer ungünstigeren Entwicklung. Auch hier ist die Tendenz positiv: Im Winter 2017 erwarteten 13,2 Prozent der Befragten einen günstigeren, 72 Prozent einen gleich bleibenden und 14,8 Prozent einen ungünstigeren Verlauf.

Alle vier Freiberufler-Gruppen sind größtenteils optimistisch: Die befragten technisch-naturwissenschaftlichen Freiberufler sind am erwartungsvollsten, gefolgt von den freien Kulturberufen, den rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Freiberuflern und den freien Heilberufen, die am zurückhaltendsten sind.

Konjunkturbarometer

Die Grundstimmung bei den Freien Berufen ist positiv, liegt teils gleichauf mit den Werten der gewerblichen Wirtschaft und übertrifft diese zeitweise sogar.

Aktuelle Auslastung der Kapazitäten

31,3 Prozent der Befragten geben an, dass ihre Kapazitäten bereits überschritten sind, 43,8 Prozent sind zu mehr als 75 bis zu 100 Prozent ausgelastet, 11,9 Prozent zu mehr als 50 bis zu 75 Prozent, 8,5 Prozent zu mehr als einem Viertel bis zur Hälfte und 4,5 Prozent bis zu einem Viertel. Von denjenigen, die bereits überausgelastet sind, sind bei knapp zwei Dritteln die Kapazitäten bis zu einem Viertel überschritten. Gefragt nach den Gründen, geben 42,2 Prozent an, dass sie Probleme haben, zusätzliche Fachkräfte zu finden. 40,6 Prozent führen dies auf eine zu hohe Nachfrage zurück.

Perspektivische Auslastung

Von denjenigen, die bisher noch nicht überausgelastet sind, erwarten 6,4 Prozent der Befragten binnen des nächsten halben Jahres und 9,2 Prozent innerhalb der nächsten zwei Jahre über 100 Prozent ausgelastet zu sein.

Personal

Planung

In zwei Jahren planen 16 Prozent der Freiberufler, mehr Mitarbeiter zu beschäftigen als heute, 71,3 Prozent wollen ihren Mitarbeiterstamm beibehalten. Nur 12,7 Prozent rechnen mit einem Rückgang. Hier ist der Trend ebenfalls positiv: Im Vorjahr rechneten 14,8 Prozent damit mehr, 68,5 Prozent gleich viele und 16,7 Prozent weniger Mitarbeiter zu beschäftigen.

Wenn Freiberufler neue Stellen schaffen, sind es häufiger Vollzeit‐ als Teilzeitstellen.Im Jahr 2015 kamen auf eine neu geschaffene Teilzeitstelle 1,48 Vollzeitstellen.

Der Anteil der 15‐ bis 24‐jährigen Mitarbeiter in Freiberufler‐Teams nimmt im Zeitverlauf ab, der Anteil der über 55‐Jährigen steigt.

Mitarbeiterbindung

Flexible Arbeitszeitmodelle (74,7 Prozent) und Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten (71,8 Prozent) führen die Skala der Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung an. Mehrheitlich werden auch Urlaubs-/Weihnachtsgeld (60,4 Prozent) gezahlt.

Personalfluktuation

Bei 67,7 Prozent der befragten Freiberufler gab es in den zurückliegenden zwölf Monaten keine Kündigungen von Mitarbeitern. Damit liegen die Freien Berufen mit einem Wert von 32,3 Prozent leicht unter dem zuletzt verfügbaren gesamtwirtschaftlichen Fluktuationskoeffizienten von 32,8 Prozent, den die Bundesagentur für Arbeit für das Jahr 2017 berechnet hat.

Personalgewinnung

Die Verantwortung hierfür liegt nahezu ausschließlich beim Freiberufler selbst. Bei der Suche nach Mitarbeitern stehen persönliche Kontakte mit deutlichem Abstand an vorderster Stelle. Zudem haben Praktika gerade bei der Auswahl von Auszubildenden einen hohen Stellenwert. Erfolg versprechen sich die Befragten zudem von Stellenangeboten auf der eigenen Website und von der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit.

Personalsuche

Ob freie Stellen für Auszubildende oder Mitarbeiter, nach Einschätzung der befragten Freiberufler wird die Personalsuche binnen der kommenden beiden Jahr noch schwieriger. Von den Befragten erhalten derzeit nur 6,2 Prozent keine Bewerbungen für freie Ausbildungsstellen, bei Stellenangeboten für Mitarbeiter sind es 15,5 Prozent.

Zu den Ergebnissen der Untersuchung stellt BFB‐Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer fest, dass freie Berufe "die nachhaltigeren Arbeitsplätze" schaffen und "verlässliche Arbeitgeber für ihre Teams" sind. Die zunehmend langjährige Betriebszugehörigkeit zeige, dass die Mitarbeiterbindung als ein Baustein zur Sicherung des Fachkräftebedarfs gelingt. "Dies ist ein Indiz für die hohe Personalkontinuität im besonderen Vertrauensverhältnis auch zu ihren Mitarbeitern", so Ewer weiter. Auch dass neun von zehn Schließungen die Unternehmenshistorie beendeten, sei ein Indiz für den hohen, ja existenziellen Wert, den die Person des Freiberuflers für sein Unternehmen habe.

Gerade die Bedingungen und Regelungen in der Gründungsphase von Unternehmen prägten diese langfristig. "Die Regulierungen der freien Berufe dienen somit neben der zentralen Sicherung der Qualität der Dienstleistung auch den marktwirtschaftlich erstrebenswerten Zielen der Stabilisierung und Beschäftigungsförderung", unterstreicht der BFB-Präsident.

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