Medizin

Wie Schüler lieber und besser lernen

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Neurowissenschaftliche Methoden des Selbstorganisierten Lernens (SOL) haben bei Schülern innerhalb kürzester Zeit zu einer erstaunlichen Leistungssteigerung und zu einem besseren Arbeitsklima geführt.

Mit dem Ziel, die Unterrichtskultur zu reformieren, wandte sich die Schulleitung der Robert-Bosch-Schule in Homburg an das Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS). Und nutzte mithilfe der dortigen Wissenschaftler neurowissenschaftliche Erkenntnisse über Lernprozesse und deren biologischen Grundlagen bei der Neuausrichtung des Unterrichtens und Lernens.

Elf Prozent brechen ab

Dabei ging es darum, die Arbeitsweise in der Schule umzugestalten und durch besseres Lernen die schulischen Leistungen zu steigern. Das Ziel: die Schulabbrecherquote von derzeit circa elf Prozent zu reduzieren. Ebenfalls wollte man den Jugendlichen für ihre Lehrstellensuche Schlüsselqualifikationen vermitteln: Die Abschlüsse sollten tragfähige Anschlüsse in die Berufsausbildung darstellen.

Eine einfache Umstellung der Lehrpläne oder eine Intensivierung der Lehrtätigkeit helfen hier nicht weiter, erklärten die Wissenschaftler vom UKS. "Lehrer können die Schulkinder - auch mit noch so viel Lehrtätigkeit - nicht lernwilliger machen. Lernen passiert nämlich im Kinderkopf durch Nachdenken und Selbermachen entsprechend zuvor präsentierten Ideenskizzen. Beim Nachdenken und Lernen sollte man dann die Lernfreude der Kinder nicht durch langatmigen Unterricht stören“, beschreibt Dr. Christoph Krick, Naturwissenschaftler an der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie des UKS, die Idee.

Das selbsttätige Lernen klappt nach den bisherigen Ergebnissen der Gehirnforschung umso besser, je mehr das Lernen im Miteinander und in Erwartung des erfolgreichen Anwendens des Erlernten passiert. Dies genau war und ist das Ziel der Robert-Bosch-Schule.

Die neue Unterrichts- und Lernkultur wird seit August 2012 praktiziert und zeigte überraschend schnell sehr positive Ergebnisse. Die Kinder haben ihre schulischen Leistungen enorm gesteigert, ungenügende Leistungen gibt es gar nicht mehr. Schüler, die zuvor in der Grundschule erhebliche Probleme mit dem Rechnen hatten, erreichen nun vielfach sehr gute Ergebnisse.

Das Klassenklima ist außergewöhnlich freundlich und das Organisationstalent der Fünftklässler bewundernswert. Die Schüler beraten sich gegenseitig über ihre Arbeits-, Lernziele und individuellen Lernstrategien, so dass die Lehrer mehr Freiraum als "Lernberater“ gewinnen.

Die Kinder ziehen sich zum eigenverantwortlichen Lernen auch mal gerne in eines der sogenannten Lernateliers zurück, um dort konzentriert zu arbeiten. Lerndruck oder Versagensangst sind einem zielorientierten Miteinander beim Lernen gewichen.

Die Kinder dokumentieren, reflektieren und bewerten

Laut Prof. Ulrich Herrmann herrscht in den Klassen des "Selbstorganisierten Lernens“ (SOL) ein angenehmes Arbeitsklima: "entspannte Anstrengungsbereitschaft, Ruhe durch Rücksichtnahme und Leistungsbereitschaft aufgrund von Erfolgserlebnissen.“ Die Motivation der Schulkinder lasse sich auch damit erklären, dass der individuelle Lernerfolg beim Erarbeiten und Anwenden des Wissens in Lerngruppen zu einem großen Teil durch die Kinder selbst dokumentiert, reflektiert und bewertet wird.

Dabei geben „Ich kann“-Listen zum Protokollieren des Erreichten und Punktekonten („Ich habe folgende Tätigkeiten erfolgreich abgeschlossen“) zum Selbstbewerten sowohl Stütze als auch Transparenz und Anreiz auf dem Weg zu den Arbeitsergebnissen.

"Diese Initialzündung in den fünften Klassen soll nun in der gesamten Schule etabliert und noch verfeinert werden“, kündigte Schulleiterin Barbara Naumann. Af dem Weg dieser Umgestaltung müssen die beteiligten Lehrer nicht nur ihre Rolle im Unterricht neu erfinden und neue Erkenntnisse über das Schülergehirn berücksichtigen, sondern sie investieren auch viel Fantasie und Kreativität in die Unterrichtsvorbereitung. 

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