Bertelsmann Stiftung

Gesellschaft hält mehr zusammen als kurz vor der Pandemie

pr/pm
In der Corona-Krise ist der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland gewachsen. Dennoch: Soziale Unterschiede und die Probleme bestimmter Bevölkerungsgruppen sind sichtbarer geworden, zeigt eine Studie.

Die Bertelsmann-Stiftung hat ihre Studie „Radar gesellschaftlicher Zusammenhalt 2020“ veröffentlicht. Der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland hat sich demnach in der Corona-Krise als robust erwiesen und ist in den ersten Monaten nach Ausbruch der Pandemie sogar noch gewachsen. Gleichzeitig werden soziale Unterschiede sichtbarer und die Probleme bestimmter Bevölkerungsgruppen verschärfen sich.

Für den 88-seitigen Report wurden zunächst im Februar und März 3.010 Personen repräsentativ befragt, 1.000 hiervon dann noch einmal nach den Kontaktbeschränkungen im Mai und Juni. Noch im Februar sahen 46 Prozent der Befragten den Zusammenhalt in Deutschland als gefährdet an. Im März sank dieser Anteil der Umfrage zufolge auf 40 Prozent und sank im Mai und Juni weiter auf 36 Prozent ab.

Ebenso nahm der Eindruck ab, die Bürgerinnen und Bürger würden sich nicht um ihre Mitmenschen kümmern. Während dies im Februar noch 41 Prozent sagten, äußerten im Mai und Juni nur noch 21 Prozent diese Auffassung. Auch das Vertrauen in die Bundesregierung ist über die Monate deutlich gestiegen: von 19 Prozent zunächst auf 30 Prozent im März und schließlich bis auf 45 Prozent beim dritten Befragungszeitpunkt.

Leichte Unterschiede in West und Ost

Im Vergleich zur Vorgängeruntersuchung aus dem Jahr 2017 erweist sich der gesellschaftliche Zusammenhalt 2020 insgesamt als stabil. Die 36 Indikatoren, mit denen der Zusammenhalt auf einer Skala von 0 (gering) bis 100 (hoch) gemessen wurde, hat sich in den vergangenen drei Jahren kaum verändert. So ist der Durchschnittswert für die westdeutschen Bundesländer von 60 auf 62 Punkte etwas angestiegen, während er in Ostdeutschland (einschließlich Berlin) nach wie vor bei 58 Punkten liegt.

Dennoch geht aus der Umfrage hervor, dass es soziale Gruppen gibt, die den Zusammenhalt in der Gesellschaft als geringer erleben. In dieser Gruppe sind Menschen mit geringerer formaler Bildung, niedrigem ökonomischem Status und Migrationshintergrund häufiger vertreten. Darunter finden sich auch vergleichsweise viele Personen, die allein leben oder alleinerziehend sind.

Laut der Umfrage bestätigen sich in der aktuellen Krisensituation die sozialen Unterschiede. "Wie unter einem Brennglas lässt Corona bereits bestehende soziale Verwerfungen noch deutlicher zum Vorschein kommen. Wer vorher schon benachteiligt war, für den stellt sich die Lage in der Krise noch schwieriger dar", kommentiert Kai Unzicker von der Bertelsmann Stiftung dazu.

Politische Parteien bewerten den Zusammenhalt unterschiedlich

Für die Autoren auch ein politischer Trend erkennbar: Die Anhänger von Bündnis 90/Die Grünen, CDU, CSU, SPD und FDP bewerten den Zusammenhalt deutlich positiver als die Anhänger der Linkspartei und insbesondere der AfD sowie politisch ungebundene Personen. Dabei zeichnen sich die Anhänger der AfD vor allem durch geringe Werte beim generellen Vertrauen, der Akzeptanz von Diversität und dem Vertrauen in Institutionen aus. Anhänger der Linkspartei empfinden im Vergleich am häufigsten Defizite bei der sozialen Gerechtigkeit.

Die Studienautoren empfehlen, das Augenmerk von Politik und Gesellschaft insbesondere auf die Bevölkerungsgruppen zu richten, die ein geringeres Maß von Zusammenhalt verspüren und von einer schlechteren Versorgung mit sozialer Infrastruktur in ihrem näheren Umfeld berichten.

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