Umstrittene Studie

Budgetbegrenzung führt zu weniger Arztterminen am Quartalsende

ck/pr/pm
Praxis
Eine Studie aus Hamburg schlägt Wogen: Patienten, die am Quartalsende zum Arzt gehen wollen, warten demzufolge oft länger auf einen Termin, weil die Mediziner aufgrund der Budgetierung ihre Leistungen einschränken.

Die kürzlich veröffentlichte Untersuchung des Hamburg Center for Health Economics (HCHE) auf Grundlage von Daten der Techniker Krankenkasse (TK) aus den Jahren 2013 und 2014 kommt zu dem Ergebnis, dass Ärzte zum Quartalsende seltener Leistungen erbringen, die über Pauschalen und Globalbudgets vergütet werden. Stattdessen konzentrieren sie sich häufiger auf Leistungen, die nicht den Mengenbegrenzungen durch Regelleistungsvolumina unterliegen, wie Impfungen, Vorsorge und ambulante Operationen.

„Das ambulante Vergütungssystem führt dazu, dass weniger Behandlungen am Quartalsende stattfinden und es einen sprunghaften Anstieg am Quartalsanfang gibt“, erklärt Prof. Mathias Kifmann vom HCHE. Der Anstieg ist drei bis vier Wochen vor Quartalsende mit 19 Prozentpunkten am größten, was sich möglicherweise durch die Verlagerung von Terminen ins nächste Quartal erklären lässt. In den letzten zwei Wochen vor Quartalsende flacht sich der Anstieg ab auf knapp 11 Prozentpunkte.

Der Bereitschaftsdienst - für viele Patienten die Alternative

Die Folge: Wer am Quartalsende keinen Termin beim niedergelassenen Arzt bekommt, geht unter Umständen zum ärztlichen Bereitschaftsdienst. „Wenn Patienten sehr lange auf einen Termin warten müssen, suchen sie offenbar nach Alternativen“, sagt Kifmann. Allerdings findet sich für die Notaufnahmen in Kliniken kein solcher Effekt.

Größere Arztpraxen oder Praxisgemeinschaften – insbesondere wenn mehrere Fachrichtungen vertreten sind – reagieren weniger stark auf die Auswirkungen der Globalbudgets. „In der Gemeinschaft können Ausfälle oder Schwankungen bei den Leistungserstattungen eher kompensiert werden“, erklärt Kifmann.

Bei Hautärzten, Augenärzten und Gynäkologen ist der Effekt am größten

Alle Leistungen der niedergelassenen Ärzte, die durch Globalbudgets vergütet werden – das sind je nach Fachrichtung zwischen 50 und 90 Prozent – werden nur so lange voll erstattet, bis die Regelleistungsvolumina oder andere mengenbegrenzende Regelungen auf Arztebene pro Quartal ausgeschöpft sind. Wenn Ärzte darüber hinaus behandeln, erhalten sie nur noch eine geringere Erstattung. Das führt dazu, dass Leistungen aus dem Globalbudget vielfach in den letzten vier Wochen eines Quartals reduziert werden, und zwar über alle Fachrichtungen hinweg. Der deutlichste Effekt zeigt sich demnach bei Hautärzten, Augenärzten und Gynäkologen.

Hautärzte und Augenärzte reduzierten ihre Termine der Studie zufolge alle drei Monate um rund 14 Prozent, Orthopäden und Hals-Nasen-Ohren-Ärzte um knapp zehn Prozent. Auch Hausärzte schränken alle drei Monate ihre Praxistätigkeit ein. Mehr als 86 Prozent der Untersuchungen, die sie anbieten dürfen, unterliegen einem begrenzten Budget. Am Anfang jedes neuen Quartals stiegen laut Untersuchung die Termine in den

praxen wieder um durchschnittlich mehr als sieben Prozentpunkte an.

Für Behandlungen, die unabhängig von Pauschalen und Globalbudgets abgerechnet werden, konnten die Wissenschaftler dagegen über alle Fachrichtungen hinweg keine quartalsbedingten Effekte feststellen. Eine Ausnahme bilden Allgemeinmediziner, bei denen ähnliche Reduzierungen bei allen Leistungen festgestellt wurden. Die Wissenschaftler gehen daher davon aus, dass Hausärzte ihre Praxistätigkeit zum Ende des Quartals einschränken.

Das HCHE arbeitete für die Studie mit dem Wissenschaftlichen Institut der Techniker Krankenkasse (TK) für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG) zusammen und nutzte Daten der TK, die rund zehn Millionen Menschen in Deutschland versichert. Für die nicht repräsentative Untersuchung werteten die Autoren ambulante Abrechnungsdaten aus den Jahren 2013 und 2014 aus. Untersucht wurden die 30 am häufigsten abgerechneten Gebührenpositionen in den analysierten Fachrichtungen. Ambulatory Care at the End of a Billing Period; Konrad Himmel, Udo Schneider, erschienen als HCHE Research Paper Nr. 14.

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