Dennoch werden pro Praxis immer noch rund 60 Tage im Jahr für Dokumentationsaufgaben benötigt. 2019 konnte ein Rückgang um 1,93 Prozent zum Vorjahr auf nun rund 55 Millionen Nettoarbeitsstunden festgestellt werden. Das entspricht durchschnittlich einer um einen Tag reduzierten Gesamtbelastung pro Praxis, die allein durch Informationspflichten der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene begründet sind. 2018 waren es noch 61,3 Tage. Hinzu kommen Aufwände aufgrund von Bundes- und Landesgesetzen sowie Vorgaben der Kassenärztlichen Vereinigungen und Kommunen.
Bürokratie-Berg schreckt Praxisgründer ab
Die grundsätzlich weiterhin sehr hohe bürokratische Belastung in den Praxen stellt laut KBV ein beachtliches Problem und auch ein zentrales Niederlassungshemmnis für junge Mediziner dar, für die die inhabergeführte eigene Praxis als Berufsziel damit an Attraktivität verloren hat.
Neben den bekannten bürokratischen Aufwänden im regulären Praxisbetrieb werden insbesondere bürokratische Hürden und Unsicherheiten im Zulassungsverfahren als sehr belastend für die Gründerphase empfunden.
Die Entwicklung der Bürokratiekosten verläuft uneinheitlich: Nach einem deutlichen Rückgang der Belastung für die Praxen um fast fünf Prozent zwischen dem Basiserhebungsjahr 2013 (mit über 58 Millionen Nettoarbeitsstunden Gesamtaufwand) auf 55,6 Millionen in 2016 (dem Jahr der ersten Erhebung) stiegen die Bürokratielasten in den beiden letzten Jahren 2017 und 2018 wieder moderat an. Im Berichtsjahr 2019 konnte nun erneut eine deutliche Reduzierung verzeichnet werden, heißt es in dem Report.
Der Bürokratieaufwand ist eng mit der Digitalisierung verknüpft
Zu den besonders aufwändigen Pflichten gehört laut Report das Ausstellen von Überweisungen. Besonders gestiegen ist der Aufwand durch Änderungen bei der Dokumentation des Hautkrebs-Screenings.
Wie die bürokratische Belastung sich in den nächsten Jahren weiterentwickelt, hängt für KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel vor allem davon ab, wie die Digitalisierung in den Praxen umgesetzt wird. Kriedel: „Hier liegt ein enormes Entlastungspotenzial. Das Beispiel der vom Gesetzgeber gewollten elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zeigt jedoch deutlich, dass Bürokratieabbau bei der Digitalisierung kein Selbstläufer ist."
Derzeit sei neben der digitalen Variante vom Gesetzgeber trotzdem noch ein Papierausdruck vorgesehen. "Das wäre ein Mehr an Bürokratie in den Praxen", verdeutichte Kriedel. "Also genau das Gegenteil von dem, was eigentlich mit der Digitalisierung erreicht werden soll. Das macht es schwierig, die notwendige Akzeptanz für den gesamten Prozess der Digitalisierung in den Arztpraxen zu erreichen."
Hintergrund
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Bielefeld legten jetzt ihren vierten Bericht über die Entwicklung der durch die gemeinsame Selbstverwaltung im Gesundheitswesen verursachten Bürokratiebelastung für niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten vor. Die FHM hat auf Basis des Projekts „Mehr Zeit für Behandlung“ des Nationalen Normenkontrollrats und des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2013 den Bürokratieindex (BIX) entwickelt, mit dem die bürokratische Belastung für die vertragsärztlichen Praxen jährlich ermittelt und kontrolliert wird. Der BIX wird seit 2016 jährlich veröffentlicht.
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