Der Ausbruch von COVID-19 und die daraus resultierenden Einschränkungen der zahnärztlichen Leistungen in ganz Großbritannien stellten Zahnärzte vor neue und schwierige Herausforderungen, schreibt Dr. Susie Sanderson aus dem BDA-Ausschuss für Gesundheit und Wissenschaft. Nachdem die erste Phase der Pandemie vorüber sei, müssten sich die Zahnärzte bemühen, den Kampf gegen Antibiotikaresistenzen wieder zu priorisieren und die Verschreibungen auf das Niveau vor der Pandemie zu reduzieren.
Jene waren seit dem Frühjahr besorgniserregend gestiegen: In Nordirland beispielsweise gab es zwischen Februar und Juni 2020 einen Anstieg der Verschreibungen für Antibiotika um 64 Prozent. In England wurden im Mai 2020 insgesamt 18,4 Prozent mehr Antibiotika eingenommen als im Vorjahresmonat, zeigt eine Studie im British Dental Journal. Die Verschreibung von Antibiotika in England erreichte im Juni ihren Höhepunkt, so Sanderson. Am höchsten war der Anstieg in London (plus 60 Prozent), am niedrigsten im Südwesten (10 Prozent).
Vor der Pandemie gab es "hervorragende Fortschritte"
Zu den Ursachen führt der Bericht aus, Zahnärzte hätten sich möglicherweise von einigen Patienten unter Druck gesetzt gefühlt, oder sie hätten vielleicht Schwierigkeiten gehabt, den Zustand eines Patienten aus der Ferne zu diagnostizieren, und haben daher eine Antibiotika-Verschreibung als sicheren Behandlungsansatz gewählt.
Nun sei es jedoch an der Zeit, dass Zahnärzte angesichts größerer Bestände an persönlicher Schutzausrüstung und umfassenderer Leitlinien der Antibiotikaresistenz erneut Priorität einräumen, lautet der Appell. Vor der Pandemie habe man im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen hervorragende Fortschritte erzielt, erinnert die BDA. So sei es in Nordirland gelungen, innerhalb eines Jahres die Zahl der Antibiotika-Verordnungen um 4,8 Prozent zu senken, in Schottland lag der Rückgang zwischen 2014 und 2018 bei rund 22,4 Prozent.
Warnung der Weltgesundheitsorganisation
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte jüngst vor "katastrophalen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in Bezug auf Antibiotikaresistenzen" gewarnt. Forschungsarbeiten des WHO-Regionalbüros für Europa und Berichten aus der Praxis zufolge besteht die Gefahr einer beschleunigten Ausbreitung antimikrobieller Resistenzen. Die Evidenz deute darauf hin, dass bis zu 15 Prozent aller COVID-19-Patienten mit einem schweren Krankheitsverlauf zusätzlich eine bakterielle Koinfektion entwickeln und auf Antibiotika angewiesen sein könnten – aktuell tatsächlich jedoch 75 Prozent aller COVID-Patienten Antibiotika erhielten. Es sei wichtig, dass es eindeutige Richtlinien gebe, um den unsachgemäßen Gebrauch von Antibiotika in Zukunft zu verhindern, so die WHO.
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