Deutscher Zahnärztetag

Millerpreis 2018: Die Regeneration parodontaler Gewebe gezielter steuern

br/pm
Zahnmedizin
Auch in diesem Jahr wurde auf dem Deutschen Zahnärztetag in Frankfurt am Main wieder die höchste Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) verliehen. Den diesjährigen Millerpreis erhielt die Freiburger Wissenschaftlerin Priv.-Doz. Dr. Susanne Proksch für die im Rahmen ihrer Habilitation entstandene Arbeit „Molekulare und zelluläre Aspekte der Regeneration parodontaler Hartgewebe“.

Eine Parodontalbehandlung zielt zunächst einmal darauf ab, den im Zuge der Erkrankung fortschreitenden Abbau von Alveolarknochen und Desmodont zu stoppen. In einem zweiten Schritt kann dann versucht werden, die verloren gegangenen Strukturen des Parodonts wieder herzustellen. Dazu existieren bereits Verfahren der gesteuerten Geweberegeneration, die jedoch lediglich auf der Einbringung von Materialen –wie beispielsweise Membranen zur Gewebskompartimentierung, Knochenersatzmaterialien oder Schmelzmatrixproteinen– beruhen. Eine vielversprechendere Lösung wäre es allerdings, lebende Zellen zu transplantieren, um eine umfangreichere Defektheilung erzielen zu können.

Die mit dem Millerpreis 2018 ausgezeichnete Arbeit beschäftigt sich mit Grundlagenforschung zur gesteuerten Geweberegeneration mit Stammzellen. Wie verhalten sich Stammzellen, die - auf Trägermaterialien aufgebracht - in parodontale Defekte transplantiert werden, um verlorenes Gewebe wieder aufzubauen? Die Arbeit von Proksch zeigt an ausgewählten Beispielen, in welcher Weise Stammzellen auf Umgebungsreize reagieren und liefert dadurch erstmals Erkenntnisse, wie man das Zellverhalten im Sinne einer individualisierten Strategie gezielt für die Regeneration eines parodontalen Defekts nutzen kann.

Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass die ortständigen parodontalen Gewebszellen in Anwesenheit von Stammzellen maßgeblich zur besseren Gewebsregeneration beitragen. In interaktiven dreidimensionalen Kokultursystemen konnte gezeigt werden, dass Stammzellen durch Ausschüttung eines Wachstumsfaktors Knochenzellen anlocken, ihre Überlebensfähigkeit steigern und sie zudem anregen, Knochengewebe zu bilden. Diese Sichtweise ist neu und beleuchtet die Wirkungen einer Anwendung von Stammzellen aus Perspektive der Empfängergewebe.

Klinisch kommen Stammzelltransplantate und die Gewebe des Zahnhalteapparats während eines parodontalregenerativen Eingriffs zudem mit Körperflüssigkeiten wie dem Speichel oder therapeutisch verabreichten Pharmaka in Berührung. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass der Kontakt mit Speichel schädlich für Knochenzellen ist und sich daher negativ auf die Hartgewebsbildung auswirkt. Daraus kann die Empfehlung resultieren, dass ein möglicher Speichelkontakt im operativen Vorgehen und im Rahmen von eventuellen postoperativen Komplikationen so kurz wie möglich gehalten werden sollte.

Eine noch gravierendere Zellschädigung ließ sich durch Exposition der Knochenzellen gegenüber dem parodontaltherapeutisch standardmäßig angewandten Antiseptikum Chlorhexidin feststellen. In diesem Zusammenhang ist es gelungen, auf zellulärer Ebene die adjuvante Gabe von Melatonin als Zytoprotektivum zu identifizieren, da es den chlorhexidininduzierten Untergang der Knochenzellen signifikant reduzierte. Dieser Befund liefert einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung neuartiger Medikamente zur antiinfektiösen Therapie in der Parodontologie.

<image xmlns:ns5="http://www.w3.org/1999/xlink" seo-title="" alt-text="" aspect-ratio="16-9" ns5:href="censhare:///service/assets/asset/id/163045" ns5:role="censhare:///service/masterdata/asset_rel_typedef;key=actual."/>

Insgesamt tragen die neuen Erkenntnisse zum Verständnis der zellulären und molekularen Zusammenhänge beim Zusammenspiel von Stammzellen mit parodontalen Gewebszellen bei. Sie könnten bei der Entwicklung konfektionierter und stammzelloptimierter Trägermaterialien einfließen, indem man den Stammzellen beispielsweise diejenigen Umgebungsreize anbietet, die eine Hartgewebsbildung favorisieren. Eine solche gezielte Steuerung des Zellverhaltens würde wesentlich dazu beitragen, das klinische Ergebnis der parodontalen Regeneration zu optimieren.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.