Zehn-Jahres-Studie

Schnarch-Schiene verändert langfristig die Okklusion

Kerstin Albrecht
ZahnmedizinKieferorthopädie
Schlafapnoe-Patienten bedürfen einer lebenslangen Therapie. Eine Studie zeigt erstmals über einen Zehn-Jahres-Zeitraum, wie die Therapien Overjet, Overbite und damit die Okklusion verändern.

In Deutschland leiden 14 Prozent der Männer und sieben Prozent der Frauen an Schlafapnoe. Da der Muskeltonus der oberen Atemwege während des Schlafs abnimmt, fällt die Zunge bei der Erkrankung in den Rachen zurück und verengt temporär die Atemwege - es kommt zu gefährlichen Atempausen.

Ärzte behandeln die obstruktive Schlafapnoe (OSA) in ihrer leichten bis mittleren Form mit einer Unterkiefer-Vorschub-Schiene (MAD= mandibular advancement device). Bei schweren Formen der OSA verordnen sie ein Gerät zur kontinuierlichen Überdrucktherapie (CPAP= continuous positive airway pressure).

Eine an das CPAP-Gerät angeschlossene Mund-Nasen-Maske leitet Überdruck in den Nasen-Rachen-Raum und hindert so die Zunge am Zurückfallen, damit die Atemwege freibleiben. Das MAD ist eine Schiene, die den Unterkiefer in einer vorgezogenen Position hält und so die Zunge am Zurückfallen und an der Verlegung der Atemwege hindert.

Zum ersten Mal wird ein Zehn-Jahres-Zeitraum betrachtet

Niederländische Forscher haben sich nun in einer Studie mit der Frage beschäftigt, ob solche Behandlungen im Verlauf von zehn Jahren als unerwünschte Wirkung zu Veränderungen der Zahnstellung und der natürlichen Stellung des Unterkiefers zum Oberkiefer führen könnten.

Studien haben bereits gezeigt, dass es unter Anwendung einer MAD zu Zahnschmerzen, myofaszialen und Kiefergelenksschmerzen, übermäßigem Speichelfluss, Mundtrockenheit oder Zahnfleischreizungen kommen kann.

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Eine Behandlung mit CPAP kann zu verstopfter Nase, Rhinorrhoe, Augenreizung bis zum Erstickungsgefühl führen.

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Die Langzeitanwendung beider Therapiemethoden kann zu einem verringertem Overjet (sagittale Frontzahnstufe) und Overbite (vertikaler Überbiss) führen.

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In keiner dieser Studien überblickten Wissenschaftler aber bisher einen Zehn-Jahres-Zeitraum.

Die niederländischen Wissenschaftler maßen im Rahmen ihrer Studie Overjet und Overbite klinisch und an Gipsmodellen zu Beginn, nach zwei und nach zehn Behandlungsjahren bei 14 OSA-Patienten, die eine MAD-Therapie erhielten, sowie bei 17 Patienten, die sich einer CPAP-Therapie unterzogen

Overjet und Overbite verringerten sich

Nach zwei Jahren waren Overjet und Overbite in der MAD-Gruppe um 1,1 Millimeter verringert, in der CPAP-Gruppe um 0,2 bzw. 0,3 Millimeter. Auch die Okklusion im Bereich der Molaren hatte sich signifikant gegenüber der Ausgangssituation verändert. Nach zehn Behandlungsjahren hatte sich der Overjet bereits um 3,5 und der Overbite um 2,9 Millimeter bei den Patienten mit MAD-Therapie verringert. In der CPAP-Gruppe verringerte sich der Overjet um 0,8 und der Overbite um durchschnittlich 0,7 Millimeter verglichen mit den Ausgangswerten. Die Patienten stuften die zahnärztlichen Nebenwirkungen im Durchschnitt nicht als negativ oder störend ein.

Die Okklusion veränderte sich progredient

Die Okklusion veränderte sich progredient unter einer MAD- und einer CPAP-Therapie im Verlauf von zehn Jahren. Bei der Unterkiefer-Vorschub-Schiene sind diese Unterschiede verglichen mit der Ausgangssituation größer und betonter als bei der CPAP-Therapie, vermutlich, weil die Schiene die OK-Schneidezähne nach palatinal und die UK-Schneidezähne nach labial drückt. Bei der Mund-Nasen-Maske kommt es dagegen lediglich zu einem Druck auf den vorderen Teil des Oberkiefers, was wiederum die OK-Schneidezähne nach palatinal drücken kann.

Um die Nebenwirkungen einer langjährigen Schlafapnoe-Therapie so gering wie möglich zu halten, sollten Ärzte und Zahnärzte die Patienten hinsichtlich ihrer Zahn- und Parodontalgesundheit gut vorauswählen. In dieser Studie erwies sich eine Anzahl von mindestens acht gesunden Zähnen pro Kiefer als günstig.

Julia Anne Margarethe Uniken Venema, Michiel H. J. Doff, Dilyana S. Joffe-Sokolova, Peter J. Wijkstra, Johannes H. van der Hoeven, Boudewijn Stegenga, Aarnoud Hoekema: “Dental side effects of long-term obstructive sleep apnea therapy: a 10-year follow-up study“. Clinical Oral Investigations 9/2020,https://doi.org/10.1007/s00784-019-03175-6 ###more### ###title### Literaturliste ###title### ###more###

Literaturliste

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