Studie

Schnullerform korrelliert mit Zahnfehlstellung

sf
Zahnmedizin
Gibt man nuckelnden Kleinkindern mit Overjet einen Schnuller mit besonders dünnem Hals, verbessert sich ihre Zahnfehlstellung, wie eine Studie aus Jena zeigt. Studienleiterin Dr. Yvonne Wagner erklärt, wie der Sauger funktioniert.

zm-online:  Frau Dr. Wagner, welche Saugerformen erhöhen grundsätzlich das

Risiko von Zahnfehlstellungen

Dr. Yvonne Wagner:

Diese Frage lässt sich bisher nicht evidenzbasiert beantworten, da es an Langzeitstudien, die den Einfluss unterschiedlicher Saugerformen auf die Gebissentwicklung untersuchen, fehlt. Dies ist die erste Langzeitstudie mit einem Sauger mit besonders dünnem Saugerhals, die die Vorteile der Verwendung eines physiologischen Saugers gegenüber einem konventionellen belegt.

Zahnmediziner tendieren prinzipiell zur Empfehlung eines physiologischen, sogenannten kiefergerechten Saugers statt eines konventionellen (anatomischen / kirschförmigen) Modells. Gleichzeitig wird das Risiko der Entwicklung von Zahnfehlstellungen durch die Dauer und Intensität der Saugerbenutzung durch das Kind entscheidend beeinflusst.

Wirken sich konventionelle Sauger konkret auf die

Kiefer- und Zahnentwicklung aus?

Generell lässt sich sagen, dass umso größer und voluminöser ein Sauger ist, desto mehr werden die umgebenden Weich- und Hartgewebe davon beeinflusst und beispielsweise die Zunge in ihrer natürlichen Ruhelage gestört. Für die Sprachentwicklung und Umstellung des infantilen auf das somatische Schluckmuster muss die Zunge lernen, oben am Gaumen hinter den Frontzähnen anzuliegen. Der frontal offene Biss und die vergrößerte Frontzahnstufe sind typische lutschassoziierte Zahnfehlstellungen.

Sie haben nun die

Charakteristika eines Schnullers mit dünnem Saugerhals

und dessen Effekt auf die Zahn- und Kieferentwicklung untersucht - mit welchem Ergebnis?

Diese Studie ist die erste, die die Vorteile des Gebrauchs eines Schnullers mit besonders dünnem Saugerhals gegenüber einem zuvor verwendeten physiologischen oder konventionellen Sauger in Bezug auf Overjet und Overbite belegt. Die Untersuchungen sind in sofern einzigartig, als dass Kinder einbezogen wurden, die bereits einen vergrößerten Overjet und/oder offenen Biss aufwiesen. Bei den Kindern, die den physiologischen oder konventionellen Sauger weiter verwendeten, wurde eine Verschlechterung aller Messergebnisse festgestellt. Die Kinder, die auf den Sauger mit besonders dünnem Saugerhals umgestiegen sind, zeigten eine Stagnation beziehungsweise sogar eine Verbesserung der Zahnfehlstellung.

Was können Sie zum

"horizontalen Überbiss“ sagen?

Hier konnten durch die Verwendung des Saugers mit dünnem Saugerhals sogar die gleichen Messergebnisse erzielt werden, wie bei den Kindern, die vollständig vom Sauger entwöhnt wurden. Die Verwendung des neuartigen Saugers führte zu keiner Verstärkung der Entwicklung einer vergrößerten Frontzahnstufe, also den bekannten „Hasenzähnen“, bei denen auch das Risiko eines Zahnunfalls erhöht ist.

Insgesamt sind die Studienergebnisse sehr erfreulich, wenn man bedenkt, wie viele Kinder regelmäßig einen Sauger verwenden und wie lange sie diesen auch tatsächlich in ihrem Mund haben. Abschließend bleibt aber anzumerken, dass die rechtzeitige Abgewöhnung des Saugers immer noch die beste Prävention darstellt und dass dafür die Mitarbeit der Eltern unerlässlich ist.

Studien haben gezeigt, dass eine verlängerte Saugerbenutzung über den 3. und besonders über den 4. Geburtstag hinaus, sowie eine intensive Saugerbenutzung von mehr als 6 Stunden pro Tag, das Risiko der Entwicklung eines frontal offenen Bisses und einer vergrößerten Frontzahnstufe erhöhen.

In der Praxis sind diese beiden Phänomene bei „Sauger-Liebhabern“ aber schon viel früher zu beobachten. Werden die Kinder dann nicht rechtzeitig vom Sauger entwöhnt, können diese Zahnfehlstellungen auch die Entwicklung des bleibenden Gebisses beeinflussen. Zusätzlich ist das Risiko eines Frontzahntraumas im Milchgebiss erhöht.

Y. Wagner, R. Heinrich-Weltzien, “Effect of a thin-neck pacifier on primary dentition: a randomized controlled trial”, Orthodontics & Craniofacial Research, Volume 19, Issue 3, pages 127–136, August 2016.

Die Studie wird in den "Informationen aus Orthodontie & Kieferorthopädie" (1/2017) im Frühjahr erstmals im deutschsprachigen Raum publiziert.

Die Fragen stellte Sara Friedrich.

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