Barrieren im Gesundheitswesen

Gefordert: Zuschüsse für den Praxisumbau

Liegt die Praxis im dritten Stock, ist sie ohne Fahrstuhl für Rollstuhlfahrer nicht erreichbar. Der barrierefreie Umbau von Bestandspraxen kostet Ärzte allerdings richtig Geld: bis zu 175.000 Euro – netto. Zahnärzte und Ärzte fordern daher Zuschüsse über die KFW.

Mehr als sieben Millionen Menschen mit einer Schwerbehinderung leben in Deutschland, bis 2030 wird mit etwa 3,5 Millionen Pflegebedürftigen gerechnet. Vor diesem Hintergrund sprachen sich die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in Berlin für einen engen Schulterschluss mit der Politik aus: Im Interesse der betroffenen Patienten wollen sie den schnelleren und umfassenderen Ausbau einer barrierearmen Versorgung weiter voranbringen. „Für möglichst alle Menschen einen gleichberechtigten, flächendeckenden und wohnortnahen Zugang zur gesundheitlichen Versorgung zu gewährleisten, betrachten wir als standespolitische Verpflichtung“, bekräftigte der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer.

KBV-Vorstand Dipl.-Med. Regina Feldmann betonte, dass sich beide Körperschaften schon seit Jahren mit zahlreichen Projekten und Initiativen dafür einsetzen, dass ältere Menschen, Pflegebedürftige und Patienten mit Handicap Arzt- und Zahnarztpraxen so leicht wie möglich aufsuchen können: „Im Bereich QM haben wir 2015 ein Handbuch für Tutoren ärztlicher Qualitätszirkel aufgelegt, mit dem zum Abbau von baulichen, visuellen und kommunikativen Barrieren angeleitet wird. Auch hier geht es darum, den Blick für bestehende Barrieren zu schärfen.“

KfW soll konkrete Zuschüsse gewähren

Wegen der hohen Kosten beim barrierearmen Aus- und Umbau der Bestandspraxen bedarf es nach Ansicht von KZBV und KBV konkreter finanzieller Unterstützung – etwa von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – nicht nur zinsgünstiger Kredite. Dieses Anliegen wurde nun im Arbeitsentwurf des Nationalen Aktionsplans 2.0 zur Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention aufgegriffen. KBV-Chef Dr. Andreas Gassen begrüßte, dass die Bundesregierung damit den niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten dabei helfen will, ihre Praxen möglichst barrierefrei beziehungsweise -arm zu gestalten.

Bislang sind insgesamt 80.000 Arzt- und Zahnarztpraxen, die eine oder mehr Komponenten der Barrierefreiheit bieten, in der Arzt-Auskunft des Projekts „Barrierefreie Praxis“ der Stiftung Gesundheit entsprechend gekennzeichnet und für Patienten recherchierbar. Von den rund 40.000 Zahnarztpraxen sind ungefähr 15 bis 20 Prozent für Rollstuhlfahrer geeignet. „Angesichts dieser Zahlen ist sich der Berufsstand völlig bewusst, dass weitere erhebliche Investitionen dringend erforderlich sind“, erklärte Eßer. Wichtig seien beispielsweise mehr stufenfreie Zugänge, Aufzüge, Behindertenparkplätze und behindertengerechte Toiletten.

Die damit verbundenen Umbauten bedeuten für die Praxisinhaber erhebliche Investitionen. Eine gutachterliche Stellungnahme des Architektur- und Ingenieurbüros Opper von 2015 für die KZBV und die KBV weist die entsprechenden Summen beispielhaft aus. Darin sind notwendige Kosten konkret benannt, die je nach Lage, Stockwerk, Alter und technischer Ausstattung anfallen – ein Umbau nach den gültigen Bauvorschriften ist mit Belastungen von bis zu 175.000 Euro netto verbunden. „Ausschließlich über Honorare und Vergütungen lassen sich diese ebenso notwendigen wie politisch gewünschten Investitionen jedoch nicht einmal ansatzweise finanzieren“, betonte Eßer. Der Zugang zu einer barrierearmen Versorgung bleibt damit eine komplexe Aufgabe, die nur mit einem gesamtgesellschaftlichen Ansatz bewältigt werden kann.

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