Repetitorium Glaukom

Vorsicht – Erblindungsrisiko!

Christine Vetter
Eine Schädigung des Sehnerven entwickelt sich meist schleichend und bleibt oft lange unbemerkt. Die Experten raten deshalb zum „Glaukom-Check“ ab dem 40. Lebensjahr. Das ist für Zahnärzte besonders wichtig, da der Beruf ein exzellentes Sehen voraussetzt. Als Behandler muss der Zahnarzt über eine derartige Augen-Vorerkrankung des Patienten informiert sein, um nicht mit einem adrenalinhaltigen Lokalanästhetikum zu behandeln.

Der Erhalt einer guten Sehfähigkeit ist selbstverständlich nicht nur im zahnmedizinischen Bereich wichtig. Aus augenärztlicher Sicht ist es daher unverständlich, dass das Glaukom – der Volksmund spricht auch vom Grünen Star – hierzulande als Erkrankung nicht ernst genug genommen wird. Immerhin gehört die chronisch fortschreitende Augenerkrankung zu den häufigsten Erblindungsursachen in Deutschland.

Weltweit werden rund 15 Prozent aller Erblindungen auf ein Glaukom zurückgeführt. Ursache ist eine zunehmende Schädigung des Nervus opticus und dadurch bedingt ein Untergang von Sehnervenfasern. Bereits manifeste Veränderungen sind nicht reversibel, was die Bedeutung der Früherkennung unterstreicht.

Epidemiologie und Verlauf

Die Wahrscheinlichkeit, ein Glaukom zu entwickeln, steigt mit dem Lebensalter. Ab dem 40. Lebensjahr sind etwa zwei Prozent der Bevölkerung betroffen. Die Zahl der Patienten, die aufgrund eines Glaukoms erblinden, wird auf etwa 1.000 pro Jahr in Deutschland geschätzt, wobei von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer auszugehen ist.

Bei der Erkrankung kommt es unbehandelt zu einem Skotom, einem Ausfall im Gesichtsfeld, der typischerweise zunächst außerhalb des Fixierpunkts auftritt und sich dann allmählich im mittleren Gesichtsfeld ausbreitet. Der Gesichtsfeldausfall wird zunächst vom Gehirn sowie über das zweite Auge kompensiert und bleibt dadurch oft lange unbemerkt. Er kann indirekt auffallen, wenn zum Beispiel ein Gegenstand zunächst übersehen und erst dann bemerkt wird, wenn der Betreffende ihn unmittelbar anblickt.

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Verschiedene Glaukomformen

Beim Begriff „Glaukom“ handelt es sich um einen Sammelbegriff für verschiedene Krankheitsformen.

• Am häufigsten tritt das Glaukom im offenen Kammerwinkel des Auges auf. Es wird dann primär chronisches Offenwinkelglaukom oder auch Weitwinkelglaukom genannt. Grund ist eine Abflussbehinderung des Kammerwassers im Kammerwinkel, bedingt durch einen erhöhten Abflusswiderstand im Trabekelsystem. Dadurch erhöht sich langsam, aber stetig der Augeninnendruck.

• Es kann als Sonderform allerdings auch ein Normaldruckglaukom – früher auch als Niedrigdruckglaukom bezeichnet – vorliegen, also eine Schädigung des Sehnervs ohne erhöhten Augeninnendruck.

• Beim juvenilen Glaukom oder auch kongenitalen Glaukom liegt die Abflussstörung des Kammerwassers an einer Entwicklungsstörung des Kammerwinkels. Sehr häufig ist hierfür eine Röteln-Infektion in der Schwangerschaft die Ursache.

• Von einem sekundären Offenwinkelglaukom spricht man, wenn bereits eine Augenerkrankung vorliegt. Das können Verletzungen, eine Uveitis, ein intraokularer Tumor oder auch Gefäßneubildungen im Bereich des Kammerwinkels sein.

• Eine Sonderform ist das sogenannte Steroid-Glaukom, das als Folge einer längerfristigen  Steroiddauertherapie auftreten kann.

• Das Pseudoexfoliationsglaukom (PEX-Glaukom) ist, wie der Bundesverband Auge e. V. schreibt, eine spezielle, häufig vorkommende Form des Sekundärglaukoms. Es entsteht durch feinfibrilläre Ablagerungen auf der Linse und führt im Kammerwinkel zu Behinderungen des Wasserabflusses, was eine erhebliche Druckerhöhung zur Folge hat.

• Bildet sich zwischen der Iris und der Hornhaut vor dem Trabekelwerk im Kammerwinkel eine Engstelle, spricht man vom Engwinkelglaukom. Folge ist ein erhöhter Augeninnendruck aufgrund der Abflussstörung. Ein Risikofaktor für das Engwinkelglaukom ist ein verkürzter Augapfel, wie er bei der Weitsichtigkeit charakteristisch ist.

Um eine akute Notfallsituation handelt es sich beim Glaukomanfall – auch als akuter Winkelblock oder akutes Winkelblockglaukom bezeichnet. In dieser Situation vermindert sich plötzlich – meist durch eine Verlegung des Kammerwinkels durch die Regenbogenhaut – der Abfluss des Kammerwassers. Daraus resultiert eine zum Teil extreme Druckerhöhung bis hin zum Dreifachen des Normalwerts, dies führt zu einem palpatorisch steinharten Augapfel, so formuliert es der Berufsverband der Augenärzte Deutschland.

Die Symptome des Glaukomanfalls treten plötzlich auf. Die Patienten beklagen gerötete Augen, Augenschmerzen, einen Visusverlust und nicht selten auch das Sehen von Farbringen. Zusätzlich werden Magen-Darm-Symptome wie Übelkeit und Erbrechen beschrieben und es wird über sehr starke Kopfschmerzen geklagt. Durch den hohen Druck im Augeninneren droht eine rasche Sehnerv-Schädigung, die Gefahr der Erblindung besteht. Meistens handelt es sich bei diesem Notfall nur um ein Auge. Der Anfall kann nach wenigen Stunden spontan abklingen, die Rezidivneigung ist hoch.

Bei einer solchen Symptomatik muss unverzüglich eine medikamentöse Behandlung erfolgen. Zusätzlich muss in aller Regel das Kammerwasser mittels Operation oder Laserbehandlung drainiert werden.

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Krankheitsursachen und Risikofaktoren

Lange Zeit galt primär ein erhöhter Augeninnendruck von mehr als 21 mm Hg als Ursache des Glaukoms. Diese Theorie ist allerdings überholt. Denn zum einen entwickeln 80 Prozent der Menschen mit okulärer Hypertonie kein Glaukom. Andererseits weist jeder dritte Patient, bei dem sich bereits ein Glaukomschaden entwickelt hat, keinen erhöhten Augeninnendruck auf.

Die Ursache der Erkrankung scheint inzwischen gesichert: Es handelt sich um ein Missverhältnis von Augeninnendruck und Durchblutung der Sehnerven. Ist der Blutdruck innerhalb der Gefäße des Sehnervenkopfes hoch, kann ein höherer Augeninnendruck noch toleriert werden, ist dieser Durchblutungsdruck jedoch niedrig, kann schon ein niedriger Augeninnendruck die Erkrankung begünstigen. Besonders ungünstig ist die Vergesellschaftung eines hohen Augeninnendrucks mit einem niedrigem Blutdruck im Sehnervenkopf, der Fovea centralis. Der Augeninnendruck sowie der Perfusionsdruck können schwanken, dadurch sind der absolute Wert beider Parameter wie auch die Dauer ungünstiger Druckverhältnisse von Bedeutung. Nach Angaben des Bundesverbands Auge e.V. kann zusätzlich eine individuell erhöhte Druckempfindlichkeit (Tensionstoleranz) die Manifestation eines Glaukoms begünstigen.

Ein Risikofaktor neben dem erhöhten Augeninnendruck sowie einem hohen Lebensalter ist also eine verminderte Durchblutung des Sehnervs und der Retina. Aber auch eine familiäre Belastung mit relevanter Kurzsichtigkeit und erhöhter Hornhautdicke stellt ein erhöhtes Risiko dar. Patienten, die an Migräne leiden, sind ebenso prädisponiert wie Schlaf-Apnoeiker und Menschen mit afrikanischer Abstammung. Hat sich bereits ein Glaukom manifestiert, gilt ein Nikotinabusus als Risikofaktor für eine Progression.

Die Ursache eines erhöhten Augeninnendrucks ist üblicherweise eine Abflussstörung des Kammerwassers. Dieses bildet sich im Ziliarkörper des Auges und fließt dann in die hintere Augenkammer. Durch die Pupille ge

langt es dann in die vordere Augenkammer und fließt im Kammerwinkel über das Trabekelwerk und den Schlemmschen Kanal ab. Das Verhältnis von Kammerwasserproduktion zu Kammerwasserabfluss ergibt den Augeninnendruck, der üblicherweise zwischen 10 und 21 mm Hg beträgt. Er kann im Tagesverlauf schwanken, wobei Differenzen bis 5 mm Hg durchaus noch in der Norm liegen.

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Diagnostik

Gemessen wird der Augeninnendruck üblicherweise mit einem Pneumotonometer. Dabei wird die durch einen Luftdruck induzierte Abflachung der Hornhaut bestimmt. Zusätzlich muss eine Augenspiegelung zur Überprüfung der Netzhaut und des Sehnervkopfes mittels Spaltlampe erfolgen. Bei einem auffälligem Befund sind nach Angaben des Berufsverbands der Augenärzte weitere Methoden wie die Messung der Hornhautdicke und die Untersuchung des Gesichtsfelds angezeigt.

Die Kosten der Screening-Untersuchung werden üblicherweise von den Kassen nicht übernommen, wohl aber die Kosten der Zusatzuntersuchungen bei begründetem Glaukomverdacht.

Therapie

Medikamentös:

Bei der Behandlung geht es meist primär um eine Senkung des Augeninnendrucks. Das gilt auch für das Normaldruckglaukom, bei dem von einer besonderen Empfindlichkeit des Sehnervs gegenüber Druck ausgegangen wird. Je fortgeschrittener die Erkrankung ist, desto niedriger ist in aller Regel der therapeutisch angestrebte Augeninnendruck.

Die Drucksenkung ist meist medikamentös mittels Augentropfen möglich, wobei das Behandlungsziel darin besteht, das Fortschreiten der Erkrankung zu hemmen und damit das Sehvermögen zu erhalten. Bereits eingetretene Sehnervenschädigungen können nicht zurückgebildet werden.

Zum Einsatz kommen vor allem Prostaglandine, die den Abfluss von Kammerwasser erleichtern und so den Augeninnendruck senken sowie Betablocker und Carboanhydrasehemmer, die die Produktion von Kammerwasser drosseln. Alternativ ist ferner der Einsatz von Alpha-Agonisten, die ebenfalls die Bildung von Kammerwasser mindern, möglich.

Ist mit der Monotherapie der Augeninnendruck nicht ausreichend zu senken oder wird das Gesichtsfeld trotz guter Druckreduktion schlechter, werden nach Angaben des Initiativkreises zur Glaukom Früherkennung e.V. in aller Regel Kombinationen eingesetzt. Als fixe Wirkstoffkombination sind unter anderem Betablocker plus Carboanhydrasehemmer sowie Betablocker plus Prostaglandinderivat verfügbar.

Laserbehandlung:

Wenn eine medikamentöse Therapie nicht möglich oder eine durchgeführte nicht erfolgreich ist, gilt die Laserbehandlung als Option. Bei der Laseriridotomie wird ein kleines Loch in die Iris gestanzt, was eine Druckdifferenz zwischen der vorderen und der hinteren Augenkammer ausgleichen kann.

Operation:

Ist eine Operation indiziert, wird eine Trabekulektomie durchgeführt, um damit einen neuen Abfluss für das Kammerwasser zu schaffen. Bei diesem Verfahren wird ganz in der Nähe des Trabekelmaschenwerks ein kleines Stückchen der Lederhaut entfernt. Daraufhin wird die darüber liegende Bindehaut wieder verschlossen, wie der „Initiativkreis Glaukom Früherkennung“ auf seiner Webseite diesen Eingriff beschreibt. Er erklärt näher: „Das Kammerwasser kann über diese Öffnung aus der vorderen Augenkammer nach außen zur Bindehaut absickern und wird dann dort über die großen Gefäße der Bindehaut entsorgt.“

Und: „Bei der 360-Grad-Kanaloplastik wird im Vergleich zur Trabekulektomie keine Öffnung nach außen unter die Bindehaut angelegt. Stattdessen wird der natürliche Abfluss des Kammerwassers im Auge über den sogenannten Schlemmschen Kanal mit einem Mikrokatheter erweitert, der über den gesamten Verlauf des Kanals rund um die Iris vorgeschoben wird.“

Heute ist in der Ophthalmologie auch eine mikroinvasive Glaukomchirurgie (MIGS, Micro-Invasive Glaucoma Surgery) möglich. Dabei wird ein kleiner Titan-Stent gelegt, was den Abfluss des Kammerwassers optimiert. Dieser Titan-Stent stellt eine Verbindung zwischen der vorderen Augenkammer und dem üblichen Abfluss des Kammerwassers, dem sogenannten Schlemmschen Kanal her. Dadurch wird das trabekuläre Maschenwerk umgangen, denn dieses ist häufig ein Abflusshindernis für das Kammerwasser.

Christine VetterMerkenicher Str. 224, 50735 Köln E-mail:

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