Patienten unter Antiresorptivatherapie

Implantieren bei Behandlung mit Knochenantiresorptiva

Knut A. Grötz
,
Christian Walter
Erstmals haben die Deutsche Gesellschaft für Implantologie (DGI) und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde (DGZMK) eine S3-Leitlinie zur kaufunktionellen Rehabilitation bei Zahnunterzahl bzw. Zahnverlust bei Patienten unter Antiresorptivatherapie entwickelt. Eine Übersicht.

Durch den demografischen Wandel werden Patienten in zahnärztlichen Praxen stetig älter, so dass der Zahnarzt entsprechend häufiger mit alterstypischen Erkrankungen und Medikationen konfrontiert wird. Eine wichtige Subgruppe stellen Patienten mit antiresorptiver Therapie, wie Bisphospho- nate und Denosumab, die bei Osteoporose oder Malignomen mit ossären Metastasen zum Einsatz kommen. Eine unerwünschte Wirkung beim Einsatz dieser Wirkstoffgruppen stellt die Medikamenten-assoziierte Osteonekrose der Kiefer dar.

Durch die Deutsche Gesellschaft für Implantologie unter Mitarbeit weiterer Fachgesellschaften wurden auf Basis einer systematischen Literaturrecherche eine Leitlinie erarbeitet, um eine Entscheidungshilfe in der Indikationsfindung für den Einsatz dentaler Implantate in dieser Patientengruppe zu offerieren, indem ein individuelles Risikoprofil des Patienten erstellt wird.

Die Medikamenten-assoziierte Osteonekrose der Kiefer wird definiert als nekrotischer Knochen, der für einen Zeitraum von acht Wochen der Mundhöhle gegenüber exponiert ist, bei einer positiven Anamnese gegenüber antiresorptiver Medikmente. Bei in Deutschland über 200 Millionen verschriebenen Tagesdosen für Bisphosphonate alleine geht man in Abhängigkeit von der Grunderkrankungen von einer Prävalenz für die Bisphosphonat-assoziierte Osteonekrose von 0,1 Prozent bei primärer über 1 Prozent bei sekundärer Osteoporose bis zu 20 Prozent bei bestimmten Subklientelen mit maligner Erkrankung aus.

In den Zulassungsstudien für Denosumab traten mehr Osteonekrosen im Vergleich zu Patienten mit Bisphosphonat-Therapie auf, so dass die Inzidenz unter Denosumab etwas höher sein dürfte. Das Risiko der Entwicklung einer Medikamenten-assoziierten Osteonekrose hängt neben der antiresorptiven Medikation inklusive der Dauer der Therapie und von der Grunderkrankung unter anderem auch von Patienten-individuellen, meist enoralen Faktoren ab.

Als Auslöser wurden parodontal erkrankte Zähne, Prothesendruckstellen, chirurgische Eingriffe, wie Zahnextraktionen ohne adäquate Begleittherapie und weitere Umstände mit gestörter Integrität der Mundschleimhaut identifiziert, wie zum Beispiel auch Implantationen.

Durch die Verwendung dentaler Implantate können tegumental getragener Zahnersatz und in der Folge Prothesendruckstellen und gegebenenfalls auch Osteonekrosen vermieden werden.

Die durch die Leitlinie zu klärende Frage lautete: „Für welches Subklientel der Patienten mit antiresorptiver Therapie ist eine Versorgung mit dentalen Implantaten gegenüber dem Verzicht auf dentale Implantate eine Verbesserung der Kaufunktion und Lebensqualität zu erreichen, ohne mit einem unangemessenen Osteonekroserisiko einherzugehen.“ Des Weiteren wurden Implantatprognose, Prognose der Restbezahnung, Antibiotikagabe und radiologische Zeichen als Prädiktor des Implantaterfolgs untersucht (Tabelle).

Für ein Implantat sprechen

Gegen ein Implantat sprechen

niedrigeres Osteonekroserisiko

höheres Osteonekroserisiko

keine Osteonekrose in Eigenanamnese

bestehende/vorausgegangene Osteonekrose

gute onkologische Prognose

schlechte onkologische Prognose

keine Infektionsherde

bestehende Infektionsherde

klinisch keine scharfen Knochenkanten.

radiologisch keine persistierenden Alveolen

klinisch und radiologisch schlechtes bone remodeling und schlechte Knochenneubildungsrate

gute Compliance

schlechte Compliance

gute Mundhygiene

schlechte Mundhygiene

Vermeidung von Prothesendruckstellen

keine Vermeidung von Prothesendruckstellen

hohe Indikationsstärke

fragliche Notwendigkeit eines Implantats bzw. gleichwertiger konventionell prothetischer Ersatz möglich

keine Augmentation erforderlich

Notwendigkeit einer Augmentation

Quelle: Grötz. Walter

Die Leitlinie geht von der Erstvorstellung mit der Erhebung der individuellen Risiko- evaluation bis zur risikoadaptierten Nachsorge auf die einzelnen Behandlungsschritte einer potenziellen implantologischen Therapie bei Patienten unter antiresorptiver Therapie ein.

Prof. Dr. Dr. Knut A. Grötz, Leitlinien-KoordinatorDirektor der Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie der HSK (Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden)Burgstraße 2–4, 65183 Wiesbaden

Prof. Dr. Dr. Christian Walter, Federführender Autor der LLZahnärztliche PraxisklinikHaifa-Allee 20, 55128 Mainz, E-mail:

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