Funktionaloptometrie für Zahnärzte

Hilfe bei müden Augen

Drei Stunden Endo am Stück. Dann kurz ans Telefon. OP-Brille ab. Lesebrille auf. Wieder ab, um den Patienten anzulächeln. Für das Sehorgan ist so ein Arbeitstag purer Stress: Die Augen reagieren mit Brennen, Röte und Müdigkeit. Wie Sie sie gesund halten, zeigt Ihnen eine spezialisierte Funktionaloptometristin.

Dauerhafte Naharbeit belastet den gesamten Organismus. „Naharbeiter“, also auch Zahnärzte, klagen häufiger als andere Berufsgruppen über müde, trockene und gerötete Augen, Konzentrationsstörungen sowie nachlassende oder schwankende Sehleistungen. Die dauerhafte Arbeit am Stuhl fordert die Augen schließlich einseitig – wenn man nicht richtig gegensteuert.

Gerade Zahnärzte, die viel mit der Lupenbrille arbeiten, stellen beim schnellen Blickwechsel von Fern- zu Nahobjekten und umgekehrt mitunter eine Verzögerung in der Scharfstellung fest. Selbst im jungen Alter können sich für sie dadurch schnell nachlassende Sehleistungen ergeben. Allein eine Brille hilft nicht aber als kompensatives Hilfsmittel: Da sich die Wahrnehmung in mehrere Bereiche unterteilt, ergibt sich erst in ihrem Zusammenspiel die gesamte Leistungsfähigkeit des Sehens (Abbildung 1).

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Die Funktionaloptometrie betrachtet den Menschen in seiner Ganzheitlichkeit. In entsprechenden Trainings geht es darum, den Menschen auf all seinen Körperachsen zu stabilisieren. Ziel ist, die visuelle Leistungsfähigkeit zu verbessern. Gleichzeitig soll die Fähigkeit, die einzelnen visuellen Seh- und Wahrnehmungsfunktionen anzuwenden und ins tägliche Leben zu integrieren, ge-übt werden. Das Training erfolgt dabei in mehreren Schritten.

Was Ihre Augen können (müssen)

Augenbeweglichkeit:Hierfür nutzt der Mensch seine Fähigkeit, ein Objekt in Bewegung allein mit den Augen – das heißt mit der Augenmuskulatur, losgelöst von allen Kopf- und Körperbewegungen – zu verfolgen. Bei der Überprüfung dieser Fähigkeit sollten diese Fragen beantwortet werden:

• Kann ein Objekt in Bewegung auch auf Dauer fixiert werden?

• Kann die Augenmuskulatur so genau gesteuert werden, dass zum Beispiel beim Lesen ein Text Wort für Wort abgescannt wird?

• Ist es möglich, beim Ausfüllen einer Überweisung die IBAN-Nummer in einem Schritt zu benennen?

Voraussetzung für diese Augenbewegung ist ein hohes Steuerungsvermögen der Augenmuskulatur. Liegen hier Defizite vor, kann eine unzureichende Qualität des eigenen Körperbewusstseins ursächlich sein, ausgelöst durch eine unzureichende Ausbildung der Körpermitte, des Gleichgewichts oder aber der Grob- und/oder der Feinmotorik.

Blicksakkaden:Darunter versteht man die Fähigkeit zur zielgenauen Ausführung von Blicksprüngen (seitlich, von der Ferne zur Nähe und umgekehrt). Häufig kommt es bei Dysfunktionen in diesem Bereich zur Verzögerung der Blickwechsel, weil das Auge bei jeder ungenauen Sakkade nachjustieren muss. Das verbraucht Zeit und zusätzliche Energie. Ungenaue Sakkaden führen beim Abschreiben eines Textes, aber auch beim Lesen – insbesondere beim Wechsel vom Zeilenende zum neuen Zeilenanfang – zu einer langsamen, stotternden Wiedergabe. Die Ursache kann in einem mangelnden Körperbild, einem falschen Körpermittelpunkt, verschobenen Achsen, Defiziten des Gleichgewichtssinns oder aber einer gestörten Grob- und Feinmotorik liegen.

Scanning:Sucht das Auge nach einem bestimmten Objekt innerhalb einer Figurengruppe, spricht man von Scanning. Getestet wird, ob sich das Sehorgan visuell für einen längeren Zeitraum auf eine bestimmte Aufgabe konzentrieren kann. Hierbei muss das Zusammenspiel zwischen den Blicksakkaden und den Folgebewegungen richtig funktionieren.

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Wir sehen mit dem Gehirn

Beidäugigkeit/Vergenzen:Sehen ist ein Gehirnverarbeitungsprozess. Die Steuerung der Vergenzen – Augenachsen – sollte optimalerweise parallel verlaufen. Tut sie dies nicht, kann dies durch das Training erlernt beziehungsweise aufgebaut und schließlich stabilisiert werden. Damit wird eine vorhandene Fehlstellung behoben anstatt sie durch ein vorgegebenes Prisma (Brille) zu manifestieren.

Jedes Problem, das die Augensteuerung betrifft, kann auf ein gestörtes Gleichgewicht zurückgehen, denn das vestibuläre System und der kinästhetische Sinn reagieren auf die Muskelbewegung unterschiedlich. Das betrifft die Wahrnehmung der Stellung der einzelnen Körperglieder zueinander. Ist das Bewusstsein in einem oder beiden Sinnen gestört, wirkt sich das auf die Stellung der Augenachsen zueinander aus. Besonders bei Menschen mit asthenopischen Beschwerden und Konzentrationsproblemen im Nahbereich

sollte immer ein begleitendes Training in Betracht gezogen werden. Auch Kieferfehlstellungen wie zum Beispiel die Craniomandibuläre Dysfunktion können Einfluss auf die Vergenzstellung, also die Ausrichtung der Augenachsen, haben. Daher ist es besonders wichtig, in diesem Bereich interdiziplinär mit Fachleuten wie Optikern, Funktionaloptometristen, Osteopathen und Orthopäden zusammenzuarbeiten.

Übungen für die Akkommodation

Scharfstellung:In einem weiteren Übungsbereich wird an der gezielten Steigerung der Akkommodationsfähigkeiten gearbeitet, also der Einstellung des Auges auf eine Entfernung – primär, um die Flexibilität zu verbessern.

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Manchmal bemerken schon junge Zahnärzte, die häufig mit der Lupenbrille arbeiten, nach Feierabend eine Verzögerung in der Anpassung der Schärfenregulierung von Fern- zur Nahsicht und umgekehrt. Um hier die Sehleistung, insbesondere im Nahbereich, zu erhalten und eine beginnende vorzeitige Presbyopie (Alterssichtigkeit) zu vermeiden, sollte ein Visualtraining durchgeführt werden. Der Effekt: Die Flexibilität der Akkommodation bleibt dadurch möglichst lange erhalten. Konkret werden spezielle Trainingsübungen zur Anspannung, Entspannung und Aufhebung der Akkommodation erlernt.

Vokabeln lernen und besser sehen

Wahrnehmung:In einem besonderen Arbeitskreis werden rein sensorische Fähigkeiten trainiert. Die Visualisation, Entspannungsmethoden und Übungen für die motorische Integration von Auge-Hand-Koordination stehen hier auf dem Programm. Übungen zur Gehirnfitness aber auch zur Lateralität, Form und Raumwahrnehmung werden trainiert. Die Kombination aller Sinneserfahrungen, wie Sprechen, Hören und Fühlen sind integrativer Bestandteil dieses Trainings.

Da die gesehene Wahrnehmung erst die Bilder im Gehirn entstehen lässt, kann man diesen Prozess grob mit dem Erlernen einer Fremdsprache vergleichen. Die Sehübungen sind also die Vokabeln, die gelernt werden müssen. Sind sie im Langzeitgedächtnis gespeichert, werden neue schwierigere Vokabeln ausgewählt, um im Laufe der Zeit ein verbessertes visuelles Leistungsvermögen aufzubauen.

Bevor ein individuelles Training beginnt, sollten immer eine visuelle Analyse zur Leistungsdiagnostik und eine genaue Anamnese erfolgen.

Alexandra Römer, Visualtrainerin, Augenoptikermeisterin, zertifizierte und geprüfte Funktionaloptometristin (WVAO) sowie anerkannte Fachberaterin für Sehbehinderungen (WVAO), E-mail:

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