Gruppenprophylaxe ist in Deutschland eine feste Säule der Prävention und gesetzlich geregelt. Das gilt auch für die epidemiologischen Begleituntersuchungen, die im Auftrag der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege (DAJ) regelmäßig durchgeführt werden. Für die aktuelle Studie wurden bundesweit im Schuljahr 2015/16 mehr als 300.000 Kinder untersucht.
Seit 1994 werden im Auftrag der DAJ regelmäßige Querschnittsuntersuchungen zur Gruppenprophylaxe durchgeführt, seit 2004 sogar bundesweit, was eine gute longitudinale Betrachtung der Kariesentwicklung erlaubt. In den epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe wird die Kariesprävalenz (dmft/DMFT) der Kinder in Kindertagesstätten und Schulen erfasst. Für den Untersuchungszeitraum 2015/16 wurden dazu bundesweit 6- bis 7-Jährige in der 1. Klasse und 12-Jährige in der 6. Klasse untersucht. Fakultativ konnten erstmalig die 3-Jährigen erfasst werden. Außerdem wurde zum ersten Mal Initialkaries (i/I) erhoben und als idmft/IDMFT für das Milch- / bleibende Gebiss ausgewertet. Auch die Untersuchungsmethode konnte über den Leitfaden des Bundesverbands der Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes einheitlich festgeschrieben werden [BZÖG, 2013]. Eine weitere Innovation war die Online-Kalibrierung, die für alle Untersucher zeit- und ortsunabhängig durchgeführt wurde. Nachkalibrierungen waren so problemlos möglich. Eine zentrale Neuerung war das umfangreiche Stichprobenkonzept, entwickelt in Kooperation mit dem GESIS-Institut, Mannheim, und der DAJ.
Methodik und Design
Die DAJ-Studie 2016 wurde als epidemiologische Querschnittstudie zur Mundgesundheit bei Kindern in Deutschland auf der Basis der WHO-Methodik [WHO, 2013] und der Leitlinien des Bundesverbands der Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes [BZÖG, 2013] realisiert.
Die Pflichtzielgruppen waren
- 6- und 7-Jährige in 1. Klassen aller Schultypen und
- 12-Jährige in 6. Klassen aller Schultypen.
Als Kann-Zielgruppe wurden
- 3-Jährige in öffentlichen Kindertagesstätten untersucht.
Abbildung 2: Ausschöpfungsraten in der 1. Klasse (Soll 100 Prozent) bzw. der Gesamtheit der Schulen (GBE: Hervorhebung orange, Soll für annähernde Totalerfassung 70 Prozent ohne systematische Verzerrung) nach Bundesland | Quelle: Team DAJ, 2017
1 GBE-Datensatz mit Schul-ID;
2 GBE-Datensatz ohne Schul-ID (Selbstauskunft Schulzahl);
3 Stichprobendatensatz ohne Schul-ID (Selbstauskunft Schulzahl),
4 GBE-Datensatz ohne Schul-ID (keine Angabe über Anzahl untersuchter Schulen)
Abbildung 3: Ausschöpfungsraten auf Schulebene (Soll 100 Prozent) beziehungsweise der Gesamt heit der Schulen (bei GBE: Hervorhebung orange, Soll für annähernde Totalerfassung 70 Prozent ohne systematische Verzerrung) für 12-Jährige in der 6. Klasse nach Bundesland | Quelle: Team DAJ, 2017
1 GBE-Datensatz mit Schul-ID;
2 GBE-Datensatz ohne Schul-ID (Selbstauskunft Schulzahl);
3 Stichprobendatensatz ohne Schul-ID (Selbstauskunft Schulzahl)
Stichprobe
Mithilfe der aktuell verfügbaren Schullisten (Schuljahr 2013/14) wurde für jedes Bundesland in den Pflichtzielgruppen eine Stichprobe gezogen. Einige Bundesländer generierten die Daten aus den (wegen der Untersuchungspflicht) ohnehin hoch ausgeschöpften zahnärztlichen Untersuchungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) für die routinemäßige Gesundheitsberichtserstattung (GBE). Eine hohe Qualität der Zufallsstichprobe wurde durch eine Schichtung nach Kreisen und Schultypen gewährleistet. Erwartete Schulausfälle wurden durch festgelegte Response-Raten aus den Daten der Vorgängeruntersuchung in der Kalkulation einer Brutto-Stichprobe kompensiert. Dieses Vorgehen sollte ein vergleichbares Repräsentativitätsniveau zwischen den Bundesländern bei einem maximalen Stichprobenfehler von 15 Prozent gewährleisten. Da nicht in allen Bundesländern die Mindestanzahl der Schulen (100 Prozent der Nettostichprobe) untersucht werden konnte (Abbildungen 2 und 3), wurde dieses Ziel nicht vollumfänglich erreicht. Der erhöhte Stichprobenfehler in wenigen Bundesländern hat jedoch nur geringen Einfluss auf den mittleren dmft/DMFT für Gesamtdeutschland, nur die zweite Nachkommastelle ist betroffen.
In zehn Bundesländern konnten zusätzlich 3-Jährige untersucht werden (Abbildung 5), was entweder im Rahmen der Gesundheitsberichtserstattung des ÖGD oder als Untersuchungen in gezogenen Stichproben erfolgte.
Abbildung 4: Verteilung der Untersucherübereinstimmung (Kappawerte) bei der DAJ-Studie 2016 (n = 482) und der DAJ-Studie 2009 (n = 335) | Quelle: Team DAJ, 2017
Abbildung 5: Prävalenz Frühkindlicher Karies (dmft > 0) und eines hohen Schweregrades von Frühkindlicher Karies (dmft ≥ 4) bei 3-Jährigen | Quelle: Team DAJ, 2017
Untersuchung
Die Häufigkeit und Verteilung der Karieserfahrung bei Kindern wurde mittels des dmft-Index für das Milchgebiss und des DMFT-Index für das permanente Gebiss mit den einzelnen Komponenten für kariöse (dt/DT), fehlende (mt/MT) und gefüllte Zähne (ft/FT) erfasst. Da die Initialkariesläsionen in industrialisierten Ländern bisweilen eine höhere Prävalenz als die kariösen Defekte (dt/DT) aufweisen [Gómez, 2015; Ekstrand et al., 2007], war es sinnvoll, die Anzahl der kariösen Initialläsionen (it beziehungsweise IT) in beiden Dentitionen zu erheben.
In allen Bundesländern wurden die zahnmedizinischen Befunde entweder mit einer Software („ISGA“, „Octoware“/„easy-soft“, „Gudental“, „Micropro“) oder mittels eines Dokumentationsblatts des Programms „Excel“ von „Microsoft Office“ erfasst, um demografische Parameter (Geschlecht, Alter, Schultyp, Klassenstufe, Untersuchungsdatum) zu dokumentieren. Alle Angaben wurden anonymisiert ausgewertet.
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