Die zm-Kolumne rund um die relevanten Praxisfragen

Gute Verkaufserlöse erfordern rechtzeitige Investitionen

Christian Henrici

Betriebsblind für notwendige Modernisierungen?

Daher ist eine sorgfältige Planung der Praxisveräußerung absolut ratsam. Um die eingehende Frage direkt zu beantworten: Der vom Berater vorgeschlagene Weg ist der richtige! Somit braucht man keine Angst zu haben, für etwas bezahlen zu müssen, was nicht notwendig ist. Das Warum möchte ich ihnen gerne erläutern. 

Erfahrungsgemäß sind selbstständige Zahnärztinnen und Zahnärzte am Ende der aktiven Laufbahn im Hinblick auf die Praxisweiterentwicklung nicht mehr so engagiert bei der Sache wie zu Beginn der Selbstständigkeit oder in der Phase des Wachstums. Nicht selten folgt das Team diesem Beispiel und eine Betriebsblindheit gegenüber den erforderlichen Modernisierungsmaßnahmen leitet den Beginn des wirtschaftlichen Abschwungs ein. Die Folge sind sinkende Umsätze und rückläufige Patientenzahlen. Da sich der Wert einer Zahnarztpraxis aus den Erfolgen der letzten drei bis fünf Jahre zusammensetzt (bei Praxiswertermittlungen wird häufig auf die BWAs der vergangenen drei Jahre zurückgegriffen), ist eine rechtzeitige Aufnahme des Status quo in Form einer Praxisbewertung empfehlenswert. Doch wann sollte man diese durchführen?

Auch Praxen haben einen Lebenszyklus

Stellen wir uns einmal die Zahnarztpraxis anhand eines Lebenszyklus vor: Nach der Gründungs- und Aufbauphase beziehungsweise Wachstumsphase kommt die Konsolidierungsphase. Diese Konsolidierungsphase kann als die Reifephase bezeichnet werden, in der die Praxisentwicklung ihren Höhepunkt erreicht. Die Umsätze festigen sich, auch das Patientenaufkommen pendelt sich ein. In diese Phase fallen auch Veränderungen aus der Aufbau- und Wachstumsphase, die nun wirksam werden, z. B. die Einstellung eines Assistenzzahnarztes oder Spezialisierungen auf bestimmte Behandlungsmethoden. 

Bereits frühzeitig sollte sich ebenso mit der Praxisübergabe beschäftigt werden. Denn Maßnahmen zur Erhöhung des Praxiswertes benötigen eine gewisse Zeit der Umsetzung. Immer wieder begegnen mir Mandanten, die sich erst mit dem Thema Ruhestand und Verkauf beschäftigen, wenn die Praxis wirtschaftlich nicht mehr rund läuft. An dieser Stelle ist dann aber bereits viel Wert verloren gegangen. Ich empfehle jedem Inhaber – ähnlich wie der Berater –, sich mit dem Thema Praxisverkauf fünf bis acht Jahre vor dem Verkauf zu beschäftigen.

Plant man mit circa 60 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen, wäre somit die Einleitung der ersten Schritte zwischen dem 52. und dem 55. Lebensjahr notwendig. 

Proaktiv Potenzial für Wertsteigerung angehen

Um auf den expliziten Fall zurückzukommen: Man kann feststellen, dass der Kollege gut vorbereitet ist und rechtzeitig mit der Planung begonnen hat. Sollten sie also ebenfalls mit dem Gedanken spielen, ihre Praxis in den nächsten fünf bis zehn Jahren verkaufen zu wollen, empfehle ich ebenfalls zeitnah eine Praxisbewertung von einem unabhängigen Gutachter durchführen zu lassen, um den aktuellen Wert Ihrer Praxis nicht nur im Hinterkopf zu haben, sondern auch um Maßnahmen einzuleiten, diesen Wert zu erhöhen. 

Erfahrungsgemäß wird dazu zählen, den Patientenstamm zu verjüngen, Zuzahlungsleistungen (Bleaching, Prophylaxe) zu fördern oder auch notwendige Investitionen in die Ausstattung zu tätigen. Das alles hat Auswirkungen auf den Goodwill beziehungsweise den Substanzwert. Modernisierungen, die die täglichen Abläufe optimieren, sind nicht nur absolut notwendig, sondern steigern auch den Verkaufswert der Praxis. 

Abgenutzte Stühle im Wartezimmer werden nicht nur die Patienten negativ bewerten, sondern auch bei der Besichtigung durch einen potenziellen Nachfolger nicht den besten Eindruck hinterlassen. Gleiches gilt für verschlissene Polster auf der Behandlungseinheit oder verpasste Paradigmenwechsel in der Branche. Eine Praxis, die beispielsweise nicht über ein Prophylaxezimmer und entsprechend geschultes Personal verfügt, ist nicht auf der Höhe der Zeit. 

Nachdem in den Folgejahren die empfohlenen Maßnahmen umgesetzt wurden, sollte circa zwei Jahre vor dem endgültigen Verkauf die Praxis dann noch einmal neu bewertet werden. Wurde an den richtigen Stellschrauben gedreht, wird der Praxiswert höher ausfallen und sich den Kaufpreisvorstellungen angenähert oder diese gar überstiegen haben. 

Diese Steuergrundregeln sollten Sie kennen 

Zu dieser Fragestellung sei vorab gesagt, dass die folgenden Ausführungen allgemeingültig zu betrachten sind. Im Einzelfall ist die Rücksprache mit dem betreuenden Steuerberater zu empfehlen. Was feststeht, sind die Vorschriften des Einkommenssteuergesetzes (EStG), wo wir erstens Informationen zur sogenannten Fünftelregelung nach § 34 Absatz 1, Satz 2 EStG, zweitens zu ermäßigten Steuersätzen nach § 34 Absatz 3 EstG und drittens zu einem Freibetrag nach § 16 Absatz 4 EStG finden. Wichtig ist dabei: Der Veräußerungsgewinn zählt zu den außerordentlichen (nicht regelmäßigen) Einkünften. Diese Besonderheiten möchte ich nachfolgend kurz erläutern:

a) Fünftelregelung nach § 34 Absatz 1, Satz 2 EStG: 

Für die außerordentlichen Einkünfte wird ohne besonderen Antrag, also von Amts wegen, der Steuertarif mithilfe der sogenannten Fünftelregelung geglättet. Dabei wird der Veräußerungsgewinn fiktiv auf fünf Jahre verteilt (das heißt, auf ein Fünftel des Gewinns wird der Steuerbetrag ermittelt und anschließend wird der so ermittelte Steuerbetrag mit fünf multipliziert). Die Fünftelregelung ist im Gegensatz zu den nachfolgenden Punkten weder vom Alter noch von der Berufsfähigkeit des Steuerpflichtigen abhängig und wird vom Finanzamt nur angewandt, wenn sich ein Vorteil für den Steuerpflichtigen ergibt.

b) Ermäßigter Steuersatz nach § 34 Absatz 3 EStG: 

Alternativ zur Fünftelregelung kann unter bestimmten Voraussetzungen ein ermäßigter Steuersatz beantragt werden, solange die außerordentlichen Einkünfte die Grenze von fünf Millionen nicht überschreiten und der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauerhaft berufsunfähig ist. Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent. Dieser ermäßigte Steuersatz kann vom Steuerpflichtigen einmalig in Anspruch genommen werden und ist im Gegensatz zur Fünftelregelung beim Finanzamt zu beantragen. 

c)  Freibetrag nach § 16 Absatz 4 EStG: 


Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, kann er auf Antrag beim Finanzamt auf den Veräußerungsgewinn einen Freibetrag von 45.000 Euro erhalten. Ebenso wie der ermäßigte Steuersatz ist der Freibetrag dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren. Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro übersteigt. Das heißt: Liegt der Veräußerungsgewinn über 181.000 Euro, reduziert sich der Freibetrag auf Null. Ist der Veräußerungsgewinn aber geringer als 136.000 Euro, steht der volle Freibetrag zur Verfügung.

Ein letzter Hinweis: Der Veräußerungsgewinn entspricht nur in den seltensten Fällen dem Veräußerungspreis. Zunächst sind Veräußerungskosten (Beratungskosten, Notargebühren) und der Wert des Betriebsvermögens abzuziehen. 

Festzuhalten ist, dass der Vorbereitungs- und Verkaufsprozess nicht nebenbei bewältigt werden kann. Ich empfehle daher, sich zu geeigneter Zeit Experten der jeweiligen Gebiete mit an Bord zu holen, um das ideale Ergebnis beim Praxisverkauf zu erzielen.

In diesem Sinne,

Ihr Christian Henrici

Henrici@opti-zahnarztberatung.de

www.opti-zahnarztberatung.de

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