Neue JAMA-Studie

Penicillinallergie? Zu 95 Prozent Fehlalarm!

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Eine Penicillinallergie ist in den meisten Fällen gar keine. Und das Ausweichen auf andere Antibiotika hat Nachteile - und ist oft unnötig.

Ärzte sollten vermutete Penicillinallergien bei Patienten möglichst von einem Allergologen abklären lassen. Dazu rät die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI). Denn nur die wenigsten Patienten seien tatsächlich gegen das Antibiotikum allergisch. Die Fachgesellschaft verweist in diesem Zusammenhang auf eine JAMA-Publikation von Mitte Januar.

„Selbst wenn tatsächlich eine Allergie gegen ein bestimmtes Penicillin vorliegen sollte, ist meist trotzdem die Behandlung mit einem anderen Penicillin oder mit einem Cephalosporin aus dieser Gruppe möglich“, sagt DGI-Präsident Gerd Fätkenheuer. Dennoch werde in Akutfällen oft auf die Gabe sämtlicher Beta-Laktame verzichtet, weil die Zeit für allergologische Tests nicht ausreiche.

Patienten erhalten dann oft Antibiotika, die weniger effektiv sind und die Entstehung von Resistenzen befeuern

In den USA ist jeder zehnte Patient mit einer Allergie gegen den β-Lactamwirkstoff Penicillin gemeldet, wobei die Quote bei älteren und stationär versorgten Patienten sogar noch höher ist. Meist sind Nebenwirkungen wie Juckreiz ohne Ausschlag oder Magen-Darm-Beschwerden der Grund für die Allergievermutung. Allergologische Tests zeigen aber, dass bei rund 95 Prozent der Betroffenen keine Allergie vorliegt stellen die Autoren einer aktuellen JAMA-Publikation fest.

Ähnliche Zahlen existieren laut DGI auch für Deutschland: So zeigen Untersuchungen, dass etwa drei Viertel der Patienten, die glauben, an einer Penicillinallergie zu leiden, sogar alle Beta-Laktam-Antibiotika vertragen. Zu dieser wichtigen Wirkstoffklasse zählen neben den Penicillinen unter anderem auch die Cephalosporine.

„Anstelle der hochwirksamen und gut verträglichen Penicilline erhalten Patienten mit vermeintlicher Allergie oftmals Antibiotika, die weniger effektiv sind und die Entstehung von Resistenzen befeuern“, warnt die Fachgesellschaft.

Breitbandantibiotika erhöhen das Risiko für antimikrobielle Resistenzen, einschließlich für methizillinresistente Staphylococcus aureus und vancomycinresistente Enterococcus. Sie steigern auch das Risiko einer Infektion mit Clostridium difficile.

aus: Erica S. Shenoy, MD, PhD1,2,3; Eric Macy, MD, MS4; Theresa Rowe, DO, MS5; et al, Evaluation and Management of Penicillin Allergy, A Review, in: JAMA. 2019;321(2):188-199. doi:10.1001/jama.2018.19283, January 15, 2019

„Dass das Ausweichen auf andere Antibiotika auch handfeste Nachteile hat, ist leider nicht hinreichend im Bewusstsein von Ärzten und Patienten verankert“, betont Fätkenheuer. Denn anstelle der hochwirksamen und gut verträglichen Beta-Laktam-Antibiotika erhielten diese Patienten dann Antibiotika anderer Substanzklassen, die teils weniger effektiv seien und mit stärkeren Nebenwirkungen einhergingen – etwa einer problematischen Besiedelung des Darms mit Clostridium-difficile-Bakterien.

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