Telematikinfrastruktur

Wer jetzt nicht bestellt ...

... dem drohen Sanktionen von einem Prozent Honorarabschlag. So lautet zumindest die Drohung, die seit Monaten wie ein Damoklesschwert über allen Praxisinhabern in Deutschland schwebt. Doch was heißt das eigentlich genau? Der Gesetzestext, mit dem die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) für alle Praxisinhaber bis zum 30. Juni verpflichtend durchgesetzt wird, ist erstaunlich offen formuliert.

Sie sind bereits an die Telematikinfrastruktur angeschlossen und konnten das Versichertenstammdatenmanagement – kurz VSDM – in ihrer Praxis erfolgreich durchführen? Herzlichen Glückwunsch! Sie zählen zu den 36 Prozent der Zahnarztpraxen in Deutschland, die den Lieferschwierigkeiten und teils problematischen Terminabsprachen der Industrie trotzen konnten.

Der Großteil Ihrer Kollegen hängt aber immer noch in der Luft: Einige Praxisinhaber haben bereits die notwendigen Komponenten bestellt, warten aber noch auf die Installation, wiederum andere verweigern sich der TI-Anbindung in Gänze. Welche Fristen es nun einzuhalten gilt, welche offenen Fragen derzeit noch diskutiert werden und welche Tipps Ihnen die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) mit auf den Weg gibt, finden Sie auf den folgenden Seiten.

Was steht im Gesetz?

Nach den geltenden gesetzlichen Vorgaben muss bereits seit dem 1. Januar 2019 das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) in allen Praxen möglich sein. Im Gesetz steht außerdem, dass im Falle der Nichtdurchführung des VSDM den Praxen ab diesem Stichtag ein Honorarbzug in Höhe von einem Prozent droht.

Von einer Kürzung der Vergütung ist bis zum 30. Juni 2019 jedoch abzusehen, „wenn der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt oder Zahnarzt [...] gegenüber der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung nachweist, bereits vor dem 1. April 2019 die Anschaffung der für die Prüfung erforderlichen Ausstattung vertraglich vereinbart zu haben“. Diese Änderung in § 291 Abs. 2b Satz 16 SGB V trat am 1. Januar 019 mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) in Kraft.

Stand des Online-Produktivbetriebs

Warum sind „nur“ 36 Prozent der Praxis bereits angeschlossen?

Ein aktueller Überblick über den Status des Online-Produktivbetriebs in den KZVen vom 7. Februar 2019 zeigt, dass insgesamt 36 Prozent der Zahnarztpraxen in Deutschland erfolgreich an die TI angeschlossen sind. Da drei KZVen keine aktuellen Daten an die KZBV übermittelt haben, sei jedoch von höheren Zahlen auszugehen. 

Die Daten zeigen außerdem, dass in der Regel bereits deutlich mehr elektronische Praxisausweise (SMC-B-Karten) ausgegeben wurden, als Praxen angebunden sind. So wurden in Bayern zum 28. Januar 2019 insgesamt 1.558 Praxen angeschlossen, aber bereits knapp 4.000 Praxisausweise an die Praxen verschickt. Laut KZBV ist dies ein Indikator dafür, dass die Zahnärzteschaft den Ausbau der TI offensiv voranbringen will. Lieferschwierigkeiten der Industrie und lange Wartezeiten für die Installationstermine seien der vorrangige Grund, warum bisher nur 36 Prozent der Zahnarztpraxen erfolgreich an die TI angeschlossen werden konnten.

Welche Fristen gelten nun?

Bis zum 31. März 2019 sollten Praxisinhaber die notwendigen Komponenten für die TI-Anbindung bestellt haben.

Bis zum 30. Juni 2019 sollte das VSDM in den Praxen durchführbar sein.

Das VSDM ist die erste Anwendung der TI. Dabei werden in der Zahnarztpraxis die Versichertendaten auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) online überprüft und bei Bedarf aktualisiert. 

Die eGK wird dazu wie gehabt bei jedem ersten Zahnarzt-Patienten-Kontakt im Quartal über das neue TI-fähige Kartenterminal eingelesen. Neu ist, dass dabei automatisch ein Online-Abgleich der auf der Karte gespeicherten Versichertendaten mit den Daten der Krankenkassen erfolgt. Geprüft wird, ob die Informationen wie Adresse oder Versichertenstatus auf der Karte noch aktuell sind. Sofern die Krankenkasse Änderungen in ihrem System hinterlegt hat, werden diese direkt auf der Karte aktualisiert und auch in das PVS übernommen. 

Welche Komponenten und Dienste sind für die TI-Anbindung erforderlich?

Grundvoraussetzung für die Nutzung der TI ist ein Internetzugang. Ein einfacher DSL-Anschluss reicht dafür aus. 

Außerdem benötigt jede Praxis:

  • einen Konnektor

  • mindestens ein stationäres Kartenterminal

  • einen Praxisausweis (SMC-B) 

  • einen VPN-Zugangsdienst

  • und ein Software-Update des PVS

Wie ist die Finanzierung geregelt?

Jede Praxis erhält Pauschalen für ein Standard-Erstausstattungspaket und für ein Standard-Betriebspaket.

Das Standard-Erstausstattungspaket beinhaltet Pauschalbeträge für die benötigten Komponenten und Dienste, eine TI-Startpauschale und bis zu drei Kartenterminals je Standort.

Große Praxen mit vier bis sechs oder sieben und mehr Zahnärzten erhalten sogenannte Komplexitätszuschläge zum Ausgleich entstehender Kosten. 

Muss der Konnektor in meiner Praxis stehen?

Konnektor-Farming

Bisher schien eindeutig: Der Konnektor, das kleine Gerät ähnlich einem DSL-Router, befindet sich innerhalb der eigenen Praxiswände. Wo auch sonst. Nun, vielleicht im Rechenzentrum einer „Konnektor-Farm“? Beispiel AKQUINET: Das nach eigenen Angaben „größte unabhängige und eigentümergeführte IT-Unternehmen im deutschsprachigen Raum“ bietet (neben anderen Anbietern) Praxisinhabern die Möglichkeit, ihren Konnektor auszulagern. „Die Kartenlesegeräte verbleiben in Ihrer Praxis, die Konnektoren befinden sich in unserem Rechenzentrum und werden über sichere VPN-Verbindungen angeschlossen“, lautet die Idee hinter dem Konnektor-Farming. Dabei befindet sich die Farm im „TÜViT-geprüften und rund um die Uhr überwachten“ AKQUINET-Rechenzentrum in Hamburg, heißt es auf der Website der Firma. 

Bis zu 80 Hardware-Konnektoren werden beim Konnektor-Hosting mit einer Software „zusammengeschaltet“, ungefähr 3.000 Kartenterminals können über das Netzwerk angeschlossen werden. Die Anbindung erfolgt über einen VPN-Tunnel. Vor Ort steht nur das Kartenterminal und die VPN-Box, sonst nichts. Fällt ein Konnektor im Rechenzentrum aus, dann sorgt die Management-Software dafür, dass die betroffenen Kartenterminals von anderen Konnektoren „übernommen“ werden. Anwendung findet das Verfahren in erster Linie im stationären Bereich.

Die gematik hat dieses Hosting bereits im Juli 2018 bestätigt: Der damals von der Firma Concat entwickelte Ansatz „einer Mehrfachanbindung von Nebenstellen mithilfe mehrerer Konnektoren aus dem Rechenzentrum eines Krankenhauses“ verletzt demnach nicht die Anforderungen der gematik. Somit ist eine „derartige technische Lösung aus Sicht der gematik möglich“.

Dennoch bleiben auch hier einige Fragen offen: Inwiefern sind Praxisinhaber, die das Angebot nutzen, rechtlich abgesichert? Gibt es Zahnärzte, die das Angebot bereits nutzen? Und wie viel kostet das „Rundum-Sorglos-Paket“ eigentlich? Vonseiten der Firma ging bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme dazu ein.

Checkliste

In vier Schritten zur Telematikinfrastruktur

1. Angebote einholen und Zeitpunkt für den Einstieg festlegen

Holen Sie ein Angebot für die Erstausstattung und den laufenden Betrieb ein und prüfen es gründlich. Beachten Sie dabei bitte unter anderem folgende Punkte:

- Fragen Sie bei dem PVS-Hersteller nach, ab wann er die Integration der Komponenten und Dienste ins PVS bereitstellen kann. Diese sind für den Anschluss an die TI ebenso erforderlich wie ein Internetanschluss.

- Sind die Kosten mit der Pauschale für das Standard-Erstausstattungspaket gedeckt? Bedenken Sie, dass sich die Höhe der Pauschale danach richtet, wann die Komponenten und Dienste in der Praxis in Betrieb genommen wurden und nicht danach, wann Sie die Technik bestellt haben. Lassen Sie sich deshalb schon im Vertrag zusichern, in welchem Quartal die Geräte installiert werden.

- Ist bei einem Defekt ein zeitnaher Austausch der Geräte (Konnektor, Kartenterminal, Praxisausweis) inbegriffen?

- Ist eine Schulung des Praxispersonals vorgesehen?

- Wird der „VPN-Zugangsdienst“ inklusive eines sicheren Zugangs zum Internet („Secure Internet Service“, SIS) angeboten? Der sichere Zugang zum Internet kann optional von Zahnärzten gewählt werden, muss vom Dienstleister aber in jedem Fall obligatorisch angeboten werden.

2. Praxisausweis bestellen

Für die Anmeldung an der TI benötigen Sie einen Praxisausweis (SMC-B). Bestellen Sie den Ausweis rechtzeitig über Ihre KZV bei einem zugelassenen SMC-B-Anbieter, damit er zusammen mit der PIN zur Installation des TI-Anschlusses vorliegt. Es muss mit einem Zeitraum von mindestens zwei Wochen zwischen der Beantragung und der Auslieferung der SMC-B gerechnet werden.

3. Termin für Installation vereinbaren

Vereinbaren Sie einen Installationstermin. Halten Sie für die Installation die Administrator-Passwörter für die Praxis-IT, die Passwörter für Internet und Router sowie die PIN für den Praxisausweis bereit. Nach dem Anschluss können Sie den Versichertenstammdatenabgleich durchführen. 

Hinweis: Erster Ansprechpartner für die Installation sollte Ihr IT-Dienstleister sein.

4. Finanzerungspauschalen erhalten

Die Erstattung der Kosten für die Erstausstattung und den laufenden Betrieb erhalten Sie über Ihre KZV. Diese wird Sie auch über das konkrete Verfahren informieren.

Quelle:www.kzbv.de/telematik-und-it.60.de.html

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