„Im Diskuswurf hätte ich mir vielleicht mehr erhofft!“

Bei den 40. Sportweltspielen der Medizin und Gesundheit – kurz Medigames – in Budva, Montenegro, haben die deutschen Heilberufler Ende Juni 94-mal Gold, 65-mal Silber und 46-mal Bronze abgeräumt: Platz 1 im Medaillenspiegel! Im Interview bei uns: Dr. Frank Schleenbecker aus Berg, einer der Sieger-Zahnärzte. Schleenbecker ist auch Teamzahnarzt der Ravensburg Towerstars in der 2. Deutschen Eishockey-Liga.

Herr Dr. Schleenbecker, Glückwunsch zu Ihrem Erfolg – Gold im Speerwurf, Silber im Volleyball, Silber im 10-Meter-Luftgewehrschießen, Bronze im Kugelstoßen und im Hammerwurf sowie Gold vom Veranstalter für die Animation im deutschen Team. Was ist für Sie wichtiger, der Sport oder die Zahnmedizin?

Dr. Frank Schleenbecker: Schon als Kind habe ich Handball gespielt und Leichtathletik betrieben. Ich habe mich dann mittelfristig für den Handball entschieden, denn zwei Sportarten auf höchstem Niveau zu betreiben ist sehr schwierig. 1986 wurde ich sogar Auswahlspieler und hätte es vielleicht in die Jugendteams der Bundesligisten TV Hüttenberg oder HSG Wetzlar geschafft, wenn ich fokussierter gewesen wäre. Als es soweit war, habe ich aber die eventuelle Profikarriere für das Studium ausgeschlagen.

Bis dato bekam ich eine kleine Aufwandsentschädigung für den Sport. Gemeinsam mit einem Kellner-Job in einem Biergarten und natürlich der Unterstützung meiner Eltern habe ich damit mein Studium finanziert. In dem Jahr, als wir mit meinem Heimatverein SG Lollar/Ruttershausen als Hessenmeister in die Regionalliga aufgestiegen sind, wurden wir von Sponsoren und Fans auch zu Events eingeladen, auch zum Essen und Trinken, was als Student ja auch nicht unwichtig ist. Im Nachhinein betrachtet war meine Entscheidung für die Zahnmedizin goldrichtig. Denn als Sport-Zahnmediziner spreche ich mit ganz vielen Profisportlern, deren Träume aufgrund von Verletzungen geplatzt sind.

Was genau bedeutet „Gold“ in der Disziplin Animation?

Die Disziplin gibt es eigentlich gar nicht (lacht), ist eher eine Ehrengabe. Aber einer muss ja den Anfang machen ...

Bei welchem Wettkampf waren Sie besonders gern dabei, und wo haben Sie sich mehr erhofft?

Kugelstoßen und Speerwurf sind meine Favoriten. Squash gab es in diesem Jahr leider nicht. Von der Trainingsintensität her hätte ich mir vielleicht im Diskuswurf mehr erhofft. Aber mit den übrigen Leistungen war ich zufrieden, ich bin ja schließlich kein Halbprofi.

Wie war die Atmosphäre bei den Spielen? Wie der Zusammenhalt unter den Wettkämpfern?

Die Atmosphäre fand ich sehr angenehm und den Zusammenhalt fördernd, da Budva eine kleinere Location ist, mit zentralen Anlaufpunkten. Klar möchte man gewinnen, doch es überwiegt schon die gegenseitige Unterstützung. Auch bei den Zahnärzten, denen man ja eher ein Einzelkämpfertum nachsagt. Doch sportive Kollegen sind füreinander da, auch wenn es mal zum eigenen Nachteil gereichen sollte. Genau das wird übrigens bei der Eröffnungsfeier feierlich gelobt, das ist so eine Art olympischer Eid.

Parallel zu den Sportweltspielen fand ein sportmedizinisches Symposium mit den Schwerpunkten Trauma, Prävention und Ernährung statt.

Ja, solche Symposien werden regelmäßig abgehalten und beziehen sich hauptsächlich auf Sportmedizin. Mitunter sind auch zahnmedizinische Themen oder Überschneidungen, wie der Einfluss der Parodontitis auf Leistungsfähigkeit und Gesundheit, dabei. Ich referiere als Zahnarzt und Heilpraktiker gerne über ganzheitliche Themen oder bringe meine Erfahrungen aus der Sportzahnmedizin ein, wenn es sich anbietet. In diesem Jahr habe ich mich in der Diskussionsrunde als Sportzahnmediziner geoutet.

Welchen Sport treiben Sie im Moment und wie oft, auch als Vorbereitung auf die Medigames?

Handball spiele ich immer noch sehr gern, zweimal in der Woche bei den Ravensburg RAMS, in der zweiten Mannschaft der Herren. Meine Position ist Kreisläufer und Abwehrmitte. Die Mit- und Gegenspieler sind zum Teil 20 oder sogar 30 Jahre jünger als ich, was mich stolz macht. Für mich ist das mehr als ein Hobby, das ist Leidenschaft. Neben dem Handball treibe ich einmal in der Woche Leichtathletik, zumindest im Sommer, und gehe in den Praxismittagspausen zum Fitness, zweimal wöchentlich für anderthalb Stunden. Und dann fahre ich noch zwei bis drei Stunden in der Woche mit dem Rennrad, in einer Sportgruppe der orthopädisch ausgerichteten Sportklinik Ravensburg (kollegialer Austausch beim Schwitzen inklusive). Ich brauche das als Ausgleich zum Stress mit der Bürokratie und zur ungesunden Arbeitshaltung. Ich selber biete ganzheitliche Zahnmedizin an, da gehört regelmäßiges Sporttreiben dazu. Wenn ich keinen Sport treibe, werde ich unleidlich. Dass ich dadurch ausgeglichener werde, davon profitieren meine mir vertrauenden Patienten und meine tollen Mitarbeiterinnen. Ansonsten gehe ich mit meiner Partnerin auch zum Salsa-Tanzen, wenn Zeit bleibt – schließlich habe ich noch ein drei Jahre altes Kind.

Verzichten Sie für den Sport auf etwas?

Wer hart arbeitet, darf auch feste feiern, finde ich. Meine Motto ist „Carpe diem et noctem!“. Man darf sich ruhig etwas gönnen; und wenn es etwas zu süß war oder der Cocktail zu lecker, muss man eben einmal mehr um den Block laufen. Das Leben genießen und Angenehmes mit dem Nützlichen verbinden, wie zum Beispiel einen Tag vor dem Startschuss der Medigames anzureisen, um sich das Unesco-Welterbe Bucht von Kotor oder das höchst gelegene Mausoleum Europas anzuschauen. Auch die Altstadt von Budva mit dem quirligen Spirit und das kristallklare Wasser des Mogren Beach haben es mir angetan. Montenegro ist eine Reise wert.

Welche sportlichen Ziele haben Sie nach den Spielen im Blick?

Zu meinen sportlichen Zielen gehört, auch mit 50 noch ein Handballspiel durchstehen zu können. Und so lange wie möglich bei den Sportweltspielen der Medizin und der Gesundheit dabei sein zu können. Irgendwann will ich von Ravensburg auch mal mit dem Fahrrad an den Gardasee.

Welche beruflichen Ziele haben Sie?

Mein zahnmedizinisches Ziel ist es, das ganzheitliche Praxiskonzept mit der Rundum-Betreuung und dem Blick über den Tellerrand auszubauen und auf breitere Füße zu stellen. In Zusammenarbeit mit einem Therapeuten-Netzwerk aus Orthopäden, HNOlern, Physiotherapeuten und Heilpraktikern möchten wir eine umfassende Anamnese erstellen und die Gesamtproblematik erkennen und therapieren, so dass wir unsere Patienten nur noch zweimal jährlich zur Prophylaxe sehen. Die Grundlagen dafür wurden im Kemptener Arbeitskreis geschaffen und in der Deutschen Gesellschaft für Sportzahnmedizin DGSZM weiter ausgebaut. Natürlich nutze auch bei meinen Sportwettkämpfen eine individuell ausgemessene und hergestellte Performance-Schiene.

Wie haben Sie Ihre Abwesenheit mit der Praxis abgestimmt?

Mit Urlaub für die gesamte Praxis. Das Team muss dahinter stehen. Man selbst natürlich auch, weil es doch auch wirtschaftliche Einbußen sind.

Die Fragen stellte Marko T. Hinz.

Weitere Sieger-Zahnärzte und-Zahnärztinnen*

  •  Dr. Dieter Berger, 75, in eigener Praxis in Remagen, Rheinland-Pfalz:

    • Gold im Weitsprung, im Hochsprung und im Fünfkampf

    • Silber im 200-Meter-Lauf

    • Bronze im 100-Meter-Lauf, im Diskus-, im Speerwurf und im Kugelstoßen

  • Dr. Jochen Gutbrod, eigene Praxis in Reutlingen, Baden-Württemberg:

    • Gold im 10.000-Meter-Crosslauf und im Halbmarathon

    • Silber über 1.500 und über 5.000 Meter

  •  Dr. Klaus Kapitza, eigene Praxis in Ochsenhausen, Baden-Württemberg:

    • Gold über 400 Meter, 800 Meter und 3.000 Meter

    • Silber über 1.200 Meter

    • Bronze über 200 Meter

  • Dr. Antje Maas, Fachzahnärztin für Kieferorthopädie, Praxis in Recklinghausen, Nordrhein-Westfalen:

    • Gold im Kugelstoßen, im Hochsprung, über 200 Meter und mit der 4x100-Meter-Staffel

    • Silber über 100 Meter und im Kraftdreikampf

  • Dr. Klaus Mündel, Gemeinschaftspraxis Mündel in Weingarten, Baden-Württemberg:

    • Gold über 100 und über 200 Meter

  • Dr. Bernhard Obster, eigene Praxis in München, Bayern:

    • Gold im Weitsprung und insgesamt im Pentalon (Fünfkampf: Weitsprung, 100-Meter-Lauf, Hochsprung, Kugelstoßen und 1.500-Meter-Lauf)

    • Silber in der 4x100-Meter-Staffel

    • Bronze im Hochsprung und im Diskuswurf

  • Monika Penc, eigene Praxis in Gessertshausen, Bayern:

    • Gold im Hammerwurf und Speerwerfen

    • Silber im Diskuswurf und Kugelstoßen

    • Bronze im Weitsprung

  • Dr. Uwe Rübling, Gemeinschaftspraxis in Dresden, Sachsen:

    • Etappenfahrt-Radsport in der Klasse 55 bis 64 Jahre, zweiter Platz in der Gesamtwertung:

    • Silber im Prolog über acht Kilometer- Silber in der ersten Etappe über 72 Kilometer mit sieben Kilometer Berg

    • Gold in der zweiten Etappe über 52 Kilometer

    • Bronze in der dritten Etappe über 65 Kilometer, extrem bergig

    • Gewinn des Mountainbike-Rennens am „Ruhetag“ über 20 Kilometer, steinige Strecke

  • Dr. M.Sc. Christian Toth, Ärztlicher Leiter und Inhaber, Sigmaringen, Baden-Württemberg:

    • Silber im Tennis-Einzel und im Tennis-Doppel

  •  Dr. Tim Wulff, eigene Praxis in Düren, Nordrhein-Westfalen:

    • Silber über 100-Meter-Brustschwimmen und über 400-Meter-Freistil

    • Gold im Kugelstoßen und im Weitsprung

    • Silber im 400-Meter-Lauf

*Die Liste umfasst alle uns bekannten siegreichen Zahnärzte und Zahnärztinnen.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.