Patientin M. wird seit etwa zehn Jahren von ihrem Hauszahnarzt Dr. L. betreut. In ihrer Anamnese ist eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis bekannt. Bis auf einen akuten Rheuma-Schub, der mit hochdosiertem Cortison erfolgreich behandelt wurde, war sie bisher weitgehend beschwerdefrei. Gelegentliche Gelenkprobleme behandelte sie mit nicht-steroidalen Antirheumatika (beispielsweise Diclofenac). Die zahnärztlichen Behandlungen waren dadurch jedoch nie eingeschränkt.
Nachdem der Patientin in kurzem zeitlichem Abstand zwei Zähne ihres ansonsten gepflegten Gebisses gezogen werden mussten, entschließen sich Zahnarzt und Patientin zu einer Implantatversorgung der Einzelzahnlücken. Während der Einheilungsphase kommt es überraschend zu einem akuten Rheuma-Schub – beide Implantate gehen verloren. Dr. L. bedauert den Verlauf; er reflektiert seine eigenen Fragen vor dem Hintergrund, dass bisher zum Einfluss dieser Krankheit auf die implantatbezogenen Behandlungsergebnisse beziehungsweise auf das periimplantäre Knochen-und Weichgewebe in der Forschungsliteratur nur wenig beschrieben wurde [Lethaus B, Zöller J: MKG-Chirurg 9 (2016) 107–115].
Wie führt er vertrauensvoll und professionell die Arzt-Patient-Beziehung, wenn er plant, die Lebensqualität der Patientin trotz einer lückenhaften wissenschaftlichen Datenlage durch eine operative Behandlung zu verbessern? Oder wäre eine Behandlung entsprechend dem medizinischen Standard, zu dem er ja verpflichtet ist, in der ungewissen Konstellation abzulehnen? Inwiefern ist eine fehlende oder nur eingeschränkte Datenlage bei der Aufklärung und der Entscheidung zu einer Therapie grundsätzlich anzugeben und zu berücksichtigen?
Dr. Brigitte Utzig
Zahnimpuls Lampertheim MVZ
Bürstädter Str. 43
68623 Lampertheim
Utzig@ak-ethik.de
Dr. Dr. Frank Halling
Praxis für MKG-Chirurgie
Gerloser Weg 23a
36039 Fulda
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