Was von der Modeanlage Hegde-Fonds zu halten ist

Ei des Kolumbus oder Risikofalle

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Nach zwei grausamen Baissejahren und bislang unerfüllten Hausse-Erwartungen sind die Aktienanleger ratlos. Hedge-Fonds aber geben vor, in guten wie in schlechten Börsenzeiten auf der Gewinnerseite zu stehen. Seit kurzem können nicht mehr nur Großinvestoren, sondern auch Kleinanleger diese Wunderwaffe der Spekulation ergreifen. Ohne Verletzungsgefahr?

Das eingedeutschte Wort „hedgen“ („to hedge“ bedeutet auf Englisch „sichern“ oder „schützen“) nahmen bislang fast ausschließlich Börsenprofis in den Mund. Sie gaben damit kund, dass sie eine gekaufte Aktienposition durch eine für einen begrenzten Termin verkaufte Gegenposition vor Wertverfall geschützt hatten. Fielen die Aktien im Kurs, stieg auf der anderen Seite der entsprechende Terminkontrakt im Wert – und umgekehrt. Unterm Strich ist mit einem recht spesenträchtigen Dauerplatz auf der Trendschaukel kein Blumentopf zu gewinnen.

Deshalb verfolgen die Profis der Aktienspekulation seit eh und je schon die Idee, Absicherungsgeschäfte zu betreiben, ohne sie an konkret zu schützende Wertpapiere zu binden. Völlig ungebunden wetten sie auf Hausse oder Baisse. Liegen sie mit ihren Wetten, die ihnen bei relativ geringen Einsätzen relativ hohe Gewinne einbringen, richtig im Trend, verdienen Sie das ganz große Geld.

Nun aber wollen „Hedger“, auch wenn sie von der eigentlich zu schützenden Vermögenssubstanz losgekettet sind, keine Hasardeure sein. Sie bringen deshalb ihre Geschäfte in Fonds ein. Hier gleichen sich die Plusposten mit den unvermeidbaren Minuspositionen zu einem – hoffentlich – immer noch hochprozentigen Renditedurchschnitt aus. Vor allem aber: Auf der Grundlage der risikoentschärfenden Fondskonstruktion können sich die Hedger erlauben, ein richtig großes Rad zu drehen.

Doch die Hedge-Fonds sind immer noch so riskant, dass es eigentlich nur institutionelle Investoren, wie Banken, Versicherungen, Pensionsfonds oder Superreiche, wagen können, sich hier finanziell zu engagieren. Denn um aus dem Kapitalmarkt wahrhaft hohe Renditen herauszubrechen, müssen starke Hebel, das heißt hohe Geldeinsätze, zur Wirkung kommen. Deshalb beträgt die Mindesteinlage in einem Hedge-Fonds gewöhnlich mehrere Millionen Euro.

Wie stark jedoch die Hebelkraft auch auf der Verlustseite wirken kann, erfuhren vor vier Jahren die Großinvestoren in dem mit Dollar-Milliarden gespickten Hedge-Fonds LTCM. Kaum jemand kannte bis dahin dieses Spekulations-Schlachtschiff.

Dann aber musste wegen eines gigantischen Verlustvolumens (vor allem aus fehlgewetteten Russland-Anleihen) sogar der USNotenbank-Chef Alan Greenspan einspringen, um den LTCM-Fonds vor der Pleite zu retten. Diese hätte alle Börsen dieser Welt in einen Abwärtsstrudel gezogen. Allein die helvetische Großbank Union Bank of Switzerland verlor damals 950 Millionen Schweizer Franken und wäre beinahe selber durch die Belastung mit ihrer LTCM-Beteiligung untergegangen.

Kleine Brötchen

Ungeachtet der gerade noch verhinderten LTCM-Großpleite gibt es mittlerweile um die 6000 Hedge-Fonds. Weltweit haben sie an die 500 Milliarden USDollar aufgesaugt, mehr als das zweifache Volumen des deutschen Bundeshaushalts. Doch im Geschäftsalltag laufen nicht mehr überwiegend die gigantisch großen Trendwetten. Es werden in großem Volumen auch kleine Brötchen gebacken. So etwa in Form von Arbitrage-Deals: In Frankfurt etwa kaufen die Fondsmanager eine Aktie in hoher Stückzahl für 50 Euro ein, um sie zur gleichen Zeit in London zu 51 Euro zu verkaufen. Auch auf Anleihen, Rohstoffe und Währungen lässt sich, etwas trickreicher, das Arbitragegeschäft übertragen.

Dennoch: Hegde-Fonds sind nach Meinung der deutschen Börsenaufsicht immer noch so riskant, dass sie hier zu Lande nicht zum Vertrieb an die Masse der Kleinanleger zugelassen sind. Kauft hingegen ein deutscher Steuerbürger einen ausländischen Fondsanteil, etwa ein Produkt der schweizerischen CreInvest AG, muss er zur Strafe die eventuell angefallenen hochprozentigen Renditen voll und ganz versteuern. Bei den amtlich tolerierten Fonds hingegen sind die Kursgewinne nach einem Jahr Spekulationsfrist steuerfrei.

Doch wo ein Wegweiser in Richtung „hohe Rendite“ zeigt, ist in aller Regel auch ein Weg. So emittieren deutsche wie auch französische, britische und schweizerische Großbanken so genannte Hedge-Fonds-Zertifikate. Der Zertifikat-Inhaber besitzt damit keinen substantiellen Anteil an einem Hedge-Fonds, sondern nur ein so genanntes Derivat. Hierbei handelt es sich um ein eigenständiges Wertpapier, das an die Wertentwicklung eines zumeist ganzen Korbes voller Hedge-Fonds gekoppelt ist. Dadurch wird das Hedge-Fonds-Risiko auf ein Niveau nivelliert, das auch für Privatanleger erträglich ist.

Doch auch die Hedge-Fonds-Zertifikate, die von nahezu allen deutschen Geldinstituten vermittelt werden, haben bis auf wenige Ausnahmen einen technischen Pferdefuß: Ihre Laufzeit ist begrenzt. Damit grenzen die Emittenten selber ein großes Risiko ein. Das aber bedeutet im ungünstigen Fall: Das Zertifikat wird zu einem Zeitpunkt ausbezahlt, der für den Käufer verlustreich ist. Er hat dann keine Chance mehr, wie etwa bei einem ganz normalen Aktienfonds, entstandene Verluste einfach auszusitzen.

Doch wo deutsche Geldinstitute den kleinen Mann mit ins Boot der vermeintlichen Großgewinne einsteigen lassen, kassieren sie nicht nur hinter den Kulissen kräftig ab, ohne dass er davon in der Regel erfährt. Auch der Eintrittspreis für eine Bootsfahrt auf rauer See fällt recht happig aus: So kostet etwa das Value Vision Protect-Zertifikat der HypoVereinsbank (Wertpapierkennummer: 593 244) drei Prozent Ausgabeaufschlag, 4,25 Prozent jährliche Managementgebühr und alljährlich auch noch zehn Prozent vom erwirtschafteten Gewinn. Pauschal liegt der Zertifikat-Anleger gewiss nicht schief, wenn er von der Jahresrendite sechs Prozent zur Deckung der diversen Kosten abzieht. So viel muss dann ein Zertifikat mindestens verdienen, wenn der Investor unterm Strich überhaupt im Plus landen will.

Zertifikat-Gebühren

Die Gebühren fallen so unterschiedlich aus, dass sie nicht vergleichbar sind. Doch eine Beteiligung am Gewinn (die Margen liegen zwischen zehn und 20 Prozent) sollte der Anleger nur mit Bedacht akzeptieren. Und wenn hinter einem Zertifikat ein Bündel von 20 oder auch 50 einzelner Hedge-Fonds steht, dann entstehen auch hier, für den Zertifikat-Inhaber zumeist nicht sichtbar, ganz erhebliche Gebühren und Kosten, die gleich an der Quelle die Rendite erheblich schmälern können. Somit droht der Anleger bereits aus den offenen und versteckten Kosten in eine Renditefalle zu geraten.

Fazit: Auch Hedge-Fonds-Zertifikate sind letztlich keine sichere Bank, sondern wiederum nur eine Wette mit ungewissem Ausgang. Sicher sind lediglich die hohen ausgewiesenen wie auch die versteckten Kosten. Wer indes auf Nummer Sicher gehen will, sollte in den derzeit unsicheren Zeiten lieber in einen konservativen, rein auf Substanzwerte ausgerichteten Aktienfonds investieren oder einen bestehenden Aktienfonds aufstocken und dann geduldig warten. Denn Zeit ist immer noch das sicherste Geld.

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