Lichtpolymerisation

Optimale Arbeitstechnik als Grundlage der Qualitätssicherung

Die bestmögliche Polymerisation von lichthärtenden Werkstoffen im Patientenmund ist eine wesentliche Voraussetzung für den längerfristigen Behandlungserfolg. Seit dem letzten zm-Beitrag des Autors über dieses Thema (zm 17/1999, S. 84 – 87) ist die Entwicklung in Richtung neuer technischer Arbeitsmittel und der Klärung offener Fragen in erheblichem Maße fortgeschritten, so dass es opportun erscheint, den gegenwärtigen Stand von Wissenschaft und Technik aufzuzeigen. Insbesondere sind die Untersuchungsergebnisse in puncto Plasmapolymerisation ins Blickfeld zu rücken.

Die Polymerisation von lichthärtenden Füllungs- und Befestigungsmaterialien (= Photopolymerisate) [17, 30, 31] mit Geräten verschiedener Art (Tabelle 1) ist einer der zahlreichen, sich oft wiederholenden Arbeitsschritte in der zahnärztlichen Praxis, der – bei aller Routine – immer wieder der Überprüfung und Anpassung bedarf. Dies gilt sowohl bei einem Wechsel von Materialien und deren Verarbeitungseigenschaften als auch für die Eigenart und die Betriebsverlässlichkeit der technischen Lichtquellen [1-31].

Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die ursprünglich benutzten UV-Lampen vor allem aus arbeitshygienischen Gründen nicht geeignet sind [13, 30], wurden zuerst Halogengeräte für die Lichtpolymerisation eingesetzt, bis dann (1998) die Plasmalampen und zuletzt (2001) die LED-Geräte hinzukamen, während die zwischenzeitlich (1997) eingeführten Argon-Laser kaum eine Rolle spielen konnten [13].

Anforderungen

Für die Aushärtung der Photopolymerisate ist bei Halogenlampen die Lichteinwirkung mit geeigneten Wellenlängen im kurzweilig sichtbaren Bereich (400 – 520 nm) mit einer hohen Lichtintensität erforderlich. Die daraus resultierenden spezifischen Leistungswerte liegen zwischen 268,3 mW/cm2 und 862,6 mW/cm2, was auf eine erhebliche Bandbreite der auf dem Dentalmarkt angebotenen Geräte schließen lässt [30, 31]. Die zu polymerisierende Schichtstärke sollte zwei Millimeter nicht überschreiten [2,10,8,24,29,31], wobei das Schichtverfahren mit verschiedenen Kompositfarben die ästhetische Farbgebung von Füllungen beeinflussen kann.

Die Bestrahlungszeit sollte pro Zwei-Millimeter- Schicht 40 Sekunden nicht unterschreiten. Je nach Farbdichte des jeweiligen Füllungsmaterials ist eine längere Einwirkzeit erforderlich [25].

Um Leistungsschwankungen zu vermeiden, sollte die Lichtleistung durch Spannungsstabilisatoren konstant gehalten werden. Bei regionalen Untersuchungen wurden – bei einem Normwert von 230 V – Spannen zwischen 207 und 244 V festgestellt. Die Leistungsschwankungen betrugen bis zu 34 Prozent, was sich negativ auf die Polymerisations- und damit auf die Füllungsqualität ausgewirkt hat [31]. Eingebaute Radiometer, die leider – ebenso wie die Spannungsstabilisatoren – nicht zur Standardausstattung der Polymerisationsgeräte gehören, tragen ebenfalls zur Qualitätssicherung bei. Sie signalisieren dem Anwender, wann die Leistung einen bestimmten Grenzwert unterschritten hat. Da die Lichtquellen einem Verschleiß unterworfen sind, ist dies auch ohne Spannungsabfall möglich. Nach Thormann und Lutz sind allerdings die festgestellten Grenzwerte bei einigen Fabrikaten zu niedrig [31]. Interessant ist sicherlich, dass bei Klasse IIRestaurationen dann Stahlmatrizen zur guten Konturierung des Füllungsmaterials benutzt werden können, wenn nach der okklusalen Polymerisation und Entfernung der Matrizen im approximalen Bereich nachpolymerisiert wird [7]. Diese von Ernst et al. getroffene Feststellung bedarf allerdings noch weiterer Studien, bevor dies als beweisgesichert („evidenzbasiert“) angesehen werden kann. Jedenfalls reicht die nur okklusale Aushärtung bei tiefen Kavitäten beziehungsweise größeren Schichtstärken nicht aus. Die vor allem im Zusammenhang mit der Definite-Ormocer-Komposit-Einführung (Degussa) Softstart-Technik mit dem erst „behutsamen“ Polymerisationseffekt zur Vermeidung von Schrumpfung und Spaltbildung wird von der Wissenschaft weiterhin für empfehlenswert gehalten [7].

Die unter anderem von der Dental Liga-Depotgruppe geforderte „Lichtsignatur“ mit einer einheitlichen Spezifikation der Herstellerangaben über die bestehenden beziehungsweise erforderlichen Polymerisationsleistungen für das jeweilige lichthärtende Material [6] ist bei der Industrie auf wenig Gegenliebe gestoßen, da man dem DINNormenausschuss Dental und dessen Arbeitsausschuss D5 „Zahnärztliche Ausrüstung“ beziehungsweise dem ISO/TC 106 die Klärung der Probleme überlassen will. Dem Autor ist auf Grund seiner eigenen mehrjährigen Erfahrungen als Obmann des erwähnten DIN-Gremiums bewusst, dass es gerade in einem solchen Fall unendlich lange dauert, bis ein internationaler normativer Konsens gefunden werden kann, der dazu nicht immer den Belangen der zahnärztlichen Arbeitspraxis entspricht.

Halogen- oder Plasmalampe

Um die von Wissenschaft und Industrie geforderten Einwirkzeiten abzukürzen, wurden Geräte für die „schnelle Polymerisation“ entwickelt (zum Beispiel Kerr/Demetron Optilux 501). Sie werden mit einer so genannten Turbo-Spitze angewendet, mit der die Polymerisation zwischen 25 und 50 Prozent abgekürzt werden kann.

Noch rasanter funktionieren die Plasma- Lichtbogengeräte (wie Apollo 95E), da hier die vom Hersteller benannte Einwirkzeit nur vier Sekunden beträgt, ohne aber in dieser Zeitspanne bei allen Anwendungen den notwendigen Effekt erreichen zu können [5, 6, 8, 11, 12, 15, 18, 19, 28, 29]. Die durchschnittliche Emission beträgt 470 nm, die bei einigen Werkstoffen zu niedrig sein kann [15,16].

Folgt man den wissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen, reicht der derzeitige Entwicklungsstand der Plasmageräte nicht aus, die Qualität der Arbeitstechnik zu sichern. Der schweizerische Werkstoffexperte Krejci lehnt sie wegen der fehlenden Tiefenhärtung und der schlechten marginalen Adaptation „mit einem großen Nein“ ab [29]. In dem immer wieder lehrreichen „Praxisletter“ (hier: DZZ 3/2000, S. 154- 15519) kommt Lang zu dem folgenden Statement: „Der scheinbar dramatische Zeitvorteil, der durch die Nutzung energiereicher „Plasmapolymerisationsgeräte“ erzielt werden soll, wird abhängig vom verwendeten Komposit mit einer minderwertigen Füllung erkauft. Eine Aushärtung kann zwar bei den meisten Materialien durch mehrfaches Aushärten auch mit einer Plasmalampe erreicht werden, jedoch unter erhöhtem Zeitaufwand. Neben möglichen Folgen der energiereichen Strahlung für den Füllungsrand (erhöhte Tendenz zur Spaltbildung) ist als gravierender Nachteil zu nennen, dass der Praktiker sicherstellen muss, dass das von ihm verwendete Komposit in der angegebenen Zeit ausgehärtet wird ...“ und dies für jedes Komposit beziehungsweise Dentinadhäsiv.

Der Düsseldorfer Wissenschaftler empfiehlt, den Stand der Forschung auch wegen möglicher Nebenwirkungen (zum Beispiel zu starke Hitzeeinwirkung auf die Pulpa) aufmerksam zu verfolgen. Die von ihm benutzten Quellen stammen aus dem Jahr 1999, ohne dass – so die analysierten Studien aus den Jahren 2000 und 2001 [5, 11, 12, 15, 16, 20, 22, 29] – positive Veränderungen zu verzeichnen sind. Wenn man dann noch bedenkt, dass diese Geräte um die DM 9000 (Halogenlampen: DM 700 – DM 1 500) kosten, könnte dies ein Grund mehr sein, sich vor einer Umstellung von Halogen- auf Plasmalicht alles sehr genau zu überlegen.

Albers meint zwar [1], dass die mehr positiven Testergebnisse und Empfehlungen der Clinical Research Associates (CRA) [3,4] höher einzuschätzen seien als diejenigen der deutschen „Who is Who-Professoren“,aber da hat er die neuesten, wirklich ernst zu nehmenden in- und ausländischen Forschungsresultate noch nicht gekannt.

LED-Polymerisationsgeräte ein neuer Weg

Anlässlich der IDS 2001 wurden mehrere neue Halogenlicht-Polymerisationsgeräte vorgestellt (zum Beispiel ESPE Elipar Classic, Heraeus Kulzer Translux Energy [7]) und erstmals auch einige Modelle vom LED-Typ [4, 7] demonstriert oder zumindest angekündigt (zum Beispiel ESPE Elipar Free- Light, GC e-Light, Greisen Luxo-Max, Heraeus Kulzer Translux PowerTech).

Diese Licht emittierenden Dioden-(= LED)Lampen beruhen auf der Halbleitertechnik, bei der aus elektronisch angeregten Atomen Licht in geringer Intensität und mit beschränktem Spektrum ausgesendet wird. Gegenüber dem Halogen- und vor allem dem Plasmalicht ist die Wärmeentwicklung (keine Kühlung) gering. Die akkubetriebenen und damit kabellosen Geräte funktionieren geräuschlos. Lichtleistung und Intensität sind konstant. Die Wellenlänge liegt im Bereich der konventionellen Halogenlampen (440 – 495 nm). Die Polymerisationszeit kann um etwa 25 Prozent verkürzt werden. Das GC-e-Light-Modell wird mit der Anmerkung angekündigt, dass schon in unmittelbarer Zukunft physikalische Profile der Lichtpolymerisate über Barcode oder Internet beziehungsweise Memory- Chip übernommen und genutzt werden können. Dies wäre – bei verifizierten Daten – ein wesentlicher Fortschritt im Sinne der Dental Liga-Forderung [6].

Die Clinical Research Associates [4] und ebenso Krejci [29] gehen davon aus, dass diese neue Polymerisationstechnik überaus zukunftsträchtig ist. Bei einigen Geräten ist auch die Softstarttechnik möglich. Richtung weisende Untersuchungsergebnisse über die optimale Anwendung, die möglichen Schichtstärken und die dazugehörigen Einwirkzeiten sind zu erwarten.

Quintessenz

Der gegenwärtige Stand von Wissenschaft und Technik im Bereich der oralen Lichtpolymerisation ist ein deutlicher Beweis für die Rasanz der technologischen Entwicklung. Die Diskrepanz zwischen wissenschaftlichen Studienergebnissen und Stellungnahmen einerseits und der Marketing- und Informationspolitik einiger Industrie- und Handelsfirmen andererseits wirkt sich dann negativ auf die oralmedizinische Praxis aus, wenn die jeweilige Zahnärztin oder der jeweilige Zahnarzt in zu geringem Maße fortbildungsbeflissen ist, und sie/er nicht die Erfordernisse in puncto Struktur-, Prozessund Ergebnisqualität kennt. Bei einer optimalen Auswahl und Anwendung der verfügbaren guten Arbeitsmittel und Werkstoffe sind – innerhalb der noch bestehenden Grenzen der Versorgung mit lichthärtenden klinischen Werkstoffen und der nicht überall wegdiskutierbaren zeitökonomischen Probleme – gute bis ausgezeichnete Behandlungserfolge möglich. Eine Voraussetzung hierfür ist auch der Einsatz qualifizierter Mitarbeiter, die den Prozessablauf und das Arbeitsergebnis in erheblichem Maße optimieren können.

Die Lichtpolymerisation – eine der großen Fortschritte der oralmedizinischen Technik – ist das typische Beispiel für vielleicht zu oft unterschätzte „kleine“ Arbeitsschritte in der Praxis, wo dann wegen ein paar eingesparter Sekunden, Minuten und – übers Jahr – wohl auch Stunden vermeidbare Fehler begangen werden. Es ist das Hauptziel dieses Beitrags, Anregungen zu vermitteln und zur themenspezifischen Fortbildung zu motivieren. Es lohnt sich ganz bestimmt, das Literaturverzeichnis anzufordern und ein paar der angegebenen Quellen selbst in Augenschein zu nehmen.

Dr. med. dent. Karlheinz Kimmel

Internationales Institut für Zahnärztliche

Arbeitswissenschaft und Technologie

Löhrstraße 139

56068 Koblenz

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