Schuldrechtsreform

Viele Änderungen für den Zahnarzt

Worüber sich Juristen jahrelang die Köpfe heiß redeten, ist zum 1. Januar 2002 Gesetz geworden: Die Modernisierung des Schuldrechts, das sich praktisch unverändert seit dem 1. Januar 1900 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) findet. Daneben werden noch gleich drei EU-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt. Ein weiteres Beispiel für den wachsenden Einfluss von Brüssel auf nationales Recht.

So interessant es für den Juristen ist, sich mit dogmatischen Fragen, wie subjektiver, objektiver oder anfänglicher Unmöglichkeit auseinander zu setzen, so verwirrend ist dies für den Nichtjuristen. Für den Zahnarzt stellt sich allein die Frage: Was ändert sich durch das neue Gesetz? Was muss ich künftig beachten? Sind die Regelungen für mich vorteilhaft oder eher nachteilig?

Vorab noch ein Hinweis für denjenigen, der zuweilen selbst einmal das Gesetz zur Hand nimmt und darin blättert. Der Gesetzgeber hat das BGB kräftig durcheinander gewirbelt. Einige bekannte Vorschriften muss man erst suchen, bis man sie findet. Auch sind Gesetze, wie etwa das Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) nun in das BGB integriert. Rechtskonstruktionen, die bislang nur von der Rechtsprechung entwickelt aber allgemein anerkannt waren, wie etwa der Wegfall der Geschäftsgrundlage, sind nun ausdrücklich in das BGB aufgenommen.

Was ändert sich nun für den Zahnarzt konkret in der täglichen Praxis? Nachfolgend die wichtigsten Änderungen im Überblick.

Gewährleistung des Zahntechnikers auf zwei Jahre verlängert

Das zahntechnische Labor hatte bislang gesetzlich sechs Monate Gewähr zu leisten. Zwar wurden Mängel häufig noch zu einem späteren Zeitpunkt vom Labor beseitigt, jedoch geschah dies ohne gesetzliche Verpflichtung allein aus Kulanz. Das BGB hat die Gewährleistungsfristen erheblich, nämlich um das Vierfache, verlängert. Künftig beträgt die Gewährleistungsfrist zwei Jahre. Bei einem arglistigen Verschweigen, das allerdings wohl kaum vorkommen beziehungsweise nachgewiesen werden dürfte, sogar drei Jahre. Die neuen Verjährungsfristen von zwei beziehungsweise bei arglistigem Verschweigen von drei Jahren gelten auch beim Kaufvertrag. Erwirbt der Zahnarzt Gegenstände für seine Praxis, verlängert sich die Gewährleistungsfrist von bislang sechs Monaten auf zwei beziehungsweise drei Jahre. Praktische Bedeutung dürfte diese Verlängerung insbesondere bei technischen Geräten haben.

Honoraransprüche

Honorar- und Auslagenansprüche bei privatzahnärztlichen Leistungen verjährten bislang in zwei Jahren. Diese Verjährungsfrist beträgt künftig drei Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Zahlungspflichtige hiervon Kenntnis erlangt hat. Stichtag ist also weiterhin der 31. Dezember. Allerdings hat der Zahnarzt ein Jahr mehr Zeit, seine Ansprüche geltend zu machen. Die Verjährung kann man wie bislang durch Klageerhebung oder Zustellung des Mahnbescheides hemmen.

Schadenersatzansprüche gegen den Zahnarzt

Hier gab es bislang differenzierte Verjährungsregelungen. Für die Verjährung kam es darauf an, ob ein Anspruch aus einer Verletzung von Vertragspflichten, also etwa der Sorgfaltspflicht beim Behandlungsvertrag, oder aus einer so genannten unerlaubten Handlung geltend gemacht wurde. Vertragliche Ansprüche verjährten in 30 Jahren, solche aus unerlaubter Handlung in drei Jahren ab Kenntnis, ohne Rücksicht auf die Kenntnis in 30 Jahren.

Das neue Gesetz enthält eine einheitliche Verjährungsfrist für S c h a d e n e r s a t z a n - sprüche von 30 Jahren. Berücksichtigt man zudem, dass nach dem zurzeit beratenden „Gesetz zur Änderung schadenersatzrechtlicher Vorschriften“ Schmerzensgeld künftig nicht nur bei unerlaubter Handlung sondern auch bei vertraglichen Ansprüchen gefordert werden kann, wird künftig die Rechtsgrundlage, auf deren Grundlage Patienten Schadenersatzansprüche geltend machen, nicht mehr eine so große Rolle spielen. Der Patient kann in jedem Fall 30 Jahre lang Ansprüche geltend machen und Schmerzensgeld verlangen. Es bleibt abzuwarten, ob die neue Rechtslage größere praktische Auswirkungen nach sich zieht. Auch bislang haben von Rechtsanwälten beratene Kläger je nach Klageziel – bei einem Anspruch nach mehr als drei Jahren auf eine Vertragsverletzung beziehungsweise bei Schmerzensgeld auf eine unerlaubte Handlung – geklagt.

Verzugszinsen

Hat der Zahnarzt seinem Patienten eine Frist zur Zahlung seines Honorars gesetzt und ihn damit in Verzug gesetzt, so kann er Verzugszinsen verlangen. Gesetzlich stehen ihm fünf Prozent über dem Basiszinssatz von 3,62 Prozent, also 8,62 Prozent zu. Anders herum kann ein Lieferant, bei dem er in Verzug ist, von ihm, da es sich für beide Seiten um ein Geschäft im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit handelt, sogar acht Prozent über dem Basiszinssatz, also 11,62 Prozent verlangen.

Beschaffenheitsgarantie

Neu ist eine so genannte „Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantie“. Übernimmt der Lieferant eine entsprechende Garantie oder wird in der einschlägigen Werbung für ein Produkt eine Zusage abgegeben, so kann der Zahnarzt als Käufer seine Rechte aus der Garantie oder der Werbung geltend machen.

Und zum Abschluss noch eine Novität: Eine Stärkung der Verbraucherrechte, zurückzuführen auf die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie der EU. Kauft der Zahnarzt nicht für seine Praxis, sondern privat einen Gegenstand, so gilt in den ersten sechs Monaten eine Beweislastumkehr. Es gilt die Vermutung, dass ein Sachmangel schon beim Kauf vorlag, man also den Mangel nicht beweisen muss.

AGB-Gesetz

Das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, kurz AGBGesetz, hat im Rechtsleben eine große Bedeutung erlangt. Kaum ein Vertrag, in dem nicht auf das AGB Bezug genommen wird. Bislang fanden sich die Regelungen in einem gesonderten Gesetz. Der Gesetzgeber wollte die einzelnen Regelungen wieder in das BGB zurückführen und hat diese nun in die §§ 305 bis 310 aufgenommen. Inhaltlich ergibt sich praktisch keine Änderung. Soweit die wichtigsten Änderungen im knappen Überblick. Es wird sich zeigen, welche Auswirkungen dieses „Jahrhundertreformwerk“ auf die Praxis hat. Möglicherweise sind die Auswirkungen geringer als die vielfältigen und zum Teil grundlegenden Änderungen es vermuten lassen. Der Grund liegt darin, dass vielfach Grundsätze, die die Rechtsprechung entwickelt hat, nunmehr in das Gesetz aufgenommen wurden.

Dr. Peter KurzBundeszahnärztekammerChausseestr. 1310115 Berlin

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