Editorial

Akzente

Liebe Leserinnen und Leser,

kaum hat Deutschland die letzte Runde der Beitragserhöhungen in den gesetzlichen Krankenkassen verarbeitet, knackt es – diesmal mit Vorwarnung aus versicherungseigenen Reihen – erneut im Gebälk: Eine Beitragssatzsteigerung um 0,2 bis 0,3 Prozent, so schwant es dem Vorstandsvorsitzenden der Techniker Krankenkasse, droht den GKV-Versicherten auch nach dem laufenden Jahr. Nichts Neues? Augenscheinlich wird die Kostenspirale der gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträge inzwischen schon zum erwarteten Bestandteil dieses Systems. Aufhorchen lässt allerdings die Begründung: Die von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt eingeführten Chroniker-Programme dürften, so heisst es, manche Kasse dazu verführen, Halbgesunde in das Programm zu drängen, um auf diese Weise mehr Gelder aus dem Risikostrukturausgleich ziehen zu können. Das klingt nach „Räuberpistole“ und Freibeutertum. Starker Tobak. Trotzdem – bei Licht betrachtet – wohl nichts wirklich Neues.

Kaum Neues gab es auch vom Kanzler, der auf dem gut besuchten „Tag der Freien Berufe 2002“ in Berlin auf die Forderungen der Freiberufler eher verhalten reagierte. Neue Gebührenordnungen? Ja, aber nur mit dem Bundesrat, in dem die rot-grüne Mehrheit seit der Wahl in Sachsen-Anhalt vorerst kein Thema mehr ist. Mitspracherecht der mittelständischen Dienstleister bei der Gestaltung vernünftiger Rahmenbedingungen? Ja, die Einbeziehung am „Bündnis für Arbeit“ sei nachdenkenswert, frohlockte Gerhard Schröder. Allerdings muss dieses Bündnis dazu erst reanimiert werden. Vorher lohnt solches „Nachdenken“ wirklich nicht.

Intensives Nachdenken erfordert allerdings ein anderes Thema: Ab 2004 sollen sukzessive zehn neue Mitgliedstaaten aus Mittelund Osteuropa, so die Brüsseler Pläne, den Teilnehmerkreis der Europäischen Union erweitern. Was wird dann aus den nationalen Regelungen? Wie gestaltet sich der Anerkennungsprozess der Diplome in der Zahnmedizin? Ob Fluch oder Segen, in der EU-Erweiterung führt der Weg eindeutig nach Osten.

In Deutschland selbst ist nach hartem Ringen der „Profis“ in der Gesundheitspolitik endlich wieder einmal der Patient zu Wort gekommen: Im Auftrag des Pharmakonzerns Janssen-Cilag hat das Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) herausgefunden, dass die Bevölkerung keineswegs die Rolle einnehmen wird, die ihm die Bundesgesundheitsministerin durch Reglementierung zuschreiben möchte. Im Gegenteil: Deutschlands Patienten sind, so verdeutlichen die Umfrageergebnisse, viel verantwortungsbereiter und freiheitswilliger, als es manche im Moment wahr haben wollen. Das sollte sich die Politik endlich ins Stammbuch schreiben.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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