Politische Podiumsdiskussion im München

Die Zahnheilkunde auf den Prüfstand stellen

Den „Mut der Politik, endlich etwas anderes zu machen“ forderte der Vorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und KZV Bayerns, Dr. Rolf- Jürgen Löffler, auf einer Podiumsdiskussion im Vorfeld der Bundestagswahlen mit Politikern aus CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen am 10. Juli im Münchener Zahnärztehaus. Angesichts der „Verfahrenheit des staatlichen Gesundheitswesens“ sei die Zeit reif, sich auf die von der Zahnärzteschaft entwickelte Systematik befundorientierter Festzuschüsse und Kostenerstattung einzulassen.

Das Angebot des KZBV-Vorsitzenden Dr. Löffler an die Politik, die Zahnbehandlung der GKV-Patienten künftig mit dem befundorientierten Festzuschusssystem „sozial gerechter und durch offene Rechnungslegung transparenter zu machen“, die Zahnheilkunde als das im Gesundheitswesen geeignete Objekt „auf den Prüfstand zu stellen“, wurde von den bis auf die nicht anwesende SPD vertretenen Parteien – unter ihnen auch Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) – zwar differenziert, aber keineswegs ablehnend aufgenommen.

„Wir müssen mit Kassen und Ärzten gemeinsam klären, was abgewählt werden kann, aber auch was dazu gewählt werden kann“, betonte Stewens und kritisierte die wegen Budget und Reglementierungen unzulängliche Situation der Ärzte und Zahnärzte: „Sie arbeiten ohne eine gesicherte Geschäftsgrundlage.“ Gebot der Stunde sei nicht, mehr Geld ins System zu schieben, dem Bürger immer mehr in die Tasche zu greifen, sondern den Systemwechsel anzugehen.

Kein „Alles für alle!“

Möglichkeiten, den Bereich der zahnmedizinischen GKV-Leistungen kritisch zu durchforsten, sieht auch Theresa Schopper, Bayerische Landtagsabgeordnete der Grünen. Man solle sich, wie in der Kieferorthopädie, auf „medizinisch Notwendiges“ einigen. Schopper: „Auch im Bereich Zahnersatz kann ich mir bestimmte Bereiche vorstellen, die aus der Vertragslast herausgenommen werden.“

Nicht mehr haltbar sei, so der CSU-Abgeordnete Konrad Kobler, das in der GKV praktizierte Prinzip „Alles für alle!“. Bestimmte Leistungen gehörten ausgegrenzt, um eine „qualifizierte medizinische Rehabilitation des Gesundheitswesens“ zu erreichen.

Vertragsfreiheit zwischen den Handelnden im Gesundheitswesen forderte auch der gesundheitspolitische Sprecher der FDP in Bayern, Dr. Alfried Schinz: „Wir brauchen klare Vereinbarungen, wer das Geld gibt, wer es verteilt und wofür es eingesetzt werden soll.“ Unter dieser Prämisse sei die Einführung befundorientierter Festzuschüsse mit Kostenerstattung möglich.

Kontrolle ist kostspielig

In der unter dem Motto der bayerischen Kampagne „Wir können auch anders!“ vom zweiten KZVB-Vorsitzenden Dr. Manfred Kinner moderierten Podiumsdiskussion stellte der KZBV-Vorsitzende Löffler heraus, dass die Preistreiberei über die Grundlohnsummenentwicklung mit Sicherheit nicht von den Zahnärzten ausgehe. Im Gegenteil erinnnerte er die Politiker, dass „das Geld am besten dort aufgehoben ist, wo es hingehört: In die Taschen der Patienten“. Notwendig sei, endlich die Richtung „weg von der Pflichtversicherung zur Pflicht zur Versicherung“ einzuschlagen und mehr auf Eigenverantwortung von Patient und Arzt zu setzen. Kontrollmaßnahmen und Reglementierungen seien kostspielig und verzichtbar.

Rahmenvereinbarungen seien, so der KZBVVorsitzende, für „große gesundheitliche Risiken“ erforderlich. Im zahnärztlichen Bereich sei gerade die von der Zahnärzteschaft geforderte Kostentransparenz der Einstieg in die Behandlungstransparenz. Der Zahnarzt spreche die Therapieplanung mit dem Patienten ganz konkret durch. Bei Therapiefehlern habe er die Folgen zu tragen. Bei der Zahnersatz-Behandlung gehöre dazu, dass „das Ergebnis eine gewisse Zeit überleben muss“. Das sei keine förmliche Garantieübernahme, sondern in der beruflichen Praxis selbstverständlich, zumal der Zahnarzt bei Therapiefehlern ohnehin „zur Kasse gebeten wird“. Schon heute gebe es in keinem medizinischen Bereich mehr Möglichkeiten zur Leistungsüberprüfung wie in der Zahnmedizin.

Dieser Praxis stehe entgegen, dass auf Grund der seit den achtziger Jahren nicht mehr veränderten Honorierungen die Kollegen inzwischen in die Insolvenz getrieben würden. Löfflers Mahnung: „Der Zahnarzt muss Geld verdienen, um Investitionen tätigen zu können. Wenn das nicht möglich ist, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn die Zahnheilkunde, die wir gewohnt sind, in kürzester Zeit nicht mehr stattfinden kann.“

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