Jtg. des Arbeitskreises für Gerostomatologie e.V. (AKG)

Mehr Lebensqualität durch gesunde Zähne im Alter

In der modernen Gesellschaft nimmt die Lebensqualität einen immer höheren Stellenwert ein. Neben der finanziellen Sicherheit wird ein hohes Maß an körperlichem und geistigem Wohlbefinden angestrebt. Die 12. Jahrestagung des Arbeitskreises für Gerostomatologie e.V. (AKG) kürzlich in Bonn zeigte, dass die Lebensqualität keine Altersgrenzen kennt.

Prof. Dr. Thomas Kerschbaum, Köln, stellte in seinem Hauptreferat fest, dass der Wunsch nach Lebensqualität zur wichtigsten Motivation für die zahnärztliche Therapie bei Senioren wird. Die von der DGZPW in Auftrag gegebene Untersuchung „Bedarfermittlung für prothetische Leistungen in der Zahnheilkunde bis zum Jahr 2020“ zeigt, dass der prothetische Behandlungsbedarf bis zum Jahre 2020 nicht zurückgehen wird (www.dgzmk.de). Untersuchungen zur Lebensqualität sind sehr schwer vergleichbar, weil das Instrumentarium unterschiedlich ist und dieses keinem Test auf Validität und Objektivität unterzogen wird. Hier besteht noch ein hoher Forschungsbedarf. Der Zahnarzt kann fachlich Einfluss nehmen auf die Lebensqualität der Senioren. Bei freundlicher Atmosphäre sollen die Resultate der Therapie vorhersagbar und preiswürdig, sowie Service und Nachsorge gesichert sein.

Die Arbeitsgruppe Prof. Bernd Reitemeier, Antje Lehmann und Gabriele Müller, Dresden, untersuchte den parodontalen Zustand bei pflegebedürftigen Heimbewohnern und in einer Pilotstudie den Einfluss individueller Mundpflegepläne auf die Mundgesundheit von Heimbewohnern. Zwei Drittel der Heimbewohner haben Sondierungstiefen >3,5 Millimetern; Mundhygiene und OHI (Oral Health Index) sind auch bei Unterstützung der Mundpflege nicht positiver zu bewerten. Das Pflegepersonal ist wegen der fehlenden Ausbildung nicht in der Lage, den Pflegebedarf einzuschätzen und bei der Mundpflege zu unterstützen. Zur Verbesserung der Mundpflege sind ein einheitlicher Kenntnisstand und eine höhere Motivation notwendig.

Die Leipziger Arbeitsgruppe, Alexander Illgner, Ina Nitschke und Thomas Reiber, musste feststellen, dass es trotz der Fortschritte in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde bei der klinischen Beurteilung der Zufriedenheit mit Zahnersatz in den letzten 30 Jahren keine Änderung gegeben hat. Bei der Landbevölkerung ist die Durchschnittsbezahnung geringer, die Karies ist häufiger und die Mundhygiene ist schlechter als bei den Stadtbewohnern. Auch besteht kein Unterschied zwischen den Heimbewohnern und noch selbständig lebenden Senioren. Der Referent fordert die Entwicklung zahnmedizinischer Versorgungskonzepte und die Sensibilisierung von Senioren und deren Familienangehörigen.

Dr. Florian Mack, Greifswald, konnte an Hand der Daten aus der randomisierten, bevölkerungsrepräsentativen Querschnittsstudie SHIP (Study of Health in Pomerania) aufzeigen, dass die halbseitige Befunderhebung auch für Studien mit einer geringen Probandenzahl geeignet ist, um den prothetischen Status ausreichend darzustellen.

Mit 50 beginnt die Komorbidität

Dr. Ragna Severin, Bonn, berichtete, dass mehr als 60 Prozent der über 50-Jährigen gelegentlich oder permanent über Schluckbeschwerden (Dysphagie, Odynophagie, Globus pharyngis) klagen. Differentialdiagnostisch ist dieses Krankheitsbild bedeutsam, denn von den untersuchten Patienten hatten 32 Prozent Foetor ex ore, 46 Prozent eine reduzierte Speichelmenge und 56 Prozent bleeding on probe (BOP). Es besteht ein Zusammenhang mit dem Schluckmuster, Arthro- und Myopathien, der Speichelmenge und der Körperhaltung.

Dr. Dr. Daniel Schaefer, Köln, weist anhand des Buches „De dentibus in opuscula medica senilia“ von Girolamo Cardano (1501-1576) auf die Ethik in der Zahnmedizin hin. Die patientenorientierte Ethik der Eigenverantwortlichkeit ist bei Cardano durch die fehlenden Möglichkeiten der zahnärztlichen Therapie eingeschränkt, heute sind die Möglichkeiten eingeschränkt durch die Patientenautonomie und mangelnde Ressourcen.

Rüdiger Hartmann, Mainz, untersuchte das typische Erscheinungsbild natürlicher Frontzähne im Alter. Das altersspezifische Erscheinungsbild ist charakterisiert durch eine variable Mittellinie, keine symmetrische, aber variable Stellung der Frontzähne, dunklere Farbe, Abrasion, Risse und Defekte und flächenhafte Approximalkontakte. Allen untersuchten Totalprothesen fehlte die Individualisierung, obwohl die Patienten überwiegend ein naturgetreues Erscheinungsbild gewünscht hätten.

Mental-Test für die Senioren

Thorsten Huhnd, Berlin, regt die Aufnahme des Mini-Mental-Tests und der Gustometrie in die Standarduntersuchung von Senioren auf. Sowohl bei gesunden, als auch bei dementen Senioren ist die Sensitivität für sauer altersabhängig. Männer schmecken bitter signifikant schlechter als Frauen und die Sensitivität nimmt mit zunehmenden kognitiven Defiziten ab. Die Zungenreinigung und eine rotierende Massage mit einer weichen Bürste fördern die Durchblutung der Arteria lingualis, die sich bis in den Cortex auswirkt.

Wahl des Vorstandes

Prof. Dr. Helmut Stark (1. Vorsitzender), PD Dr. Frauke Müller (2. Vorsitzende), Dr. Ina Nitschke (Schatzmeisterin), Dr. Hans Peter Huber (Schriftführer) sind bei den Wahlen des Vorstandes in ihrem Amt bestätigt worden.

Ehrungen und Preise

Den Tagungspreis für den besten Vortrag erhielt Alexander Illgner, Leipzig, für die Untersuchung „Zur Diskrepanz zwischen subjektiver und klinischer Beurteilung von Zahnersatz bei Seniorenheimbewohnern“. Der von der blend-a-med-Forschung und vom AKG ausgelobte „Gero-2002-Förderpreis“ in Höhe von 2 002 Euro wurde an Rüdiger Hartmann, Mainz, für das Projekt „Das typische Erscheinungsbild natürlicher Frontzähne im Alter“ vergeben.

Die nächste Jahrestagung wird im Herbst 2003 in Homburg/Saar stattfinden. Interessierte Kollegen sind herzlich eingeladen, sich auch durch Tagungsbeiträge zu beteiligen. Bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Prothetik und Werkstoffkunde vom 15. bis 18. Mai 2003 in Freiburg wird der AKG einen halben Kongresstag gestalten. Weitere Informationen sind unterwww.dgzmk.deund überphuber@med.uni-goettingen zu erhalten.

Dr. Hans Peter Huber, ZMK, Abt. ProthetikRobert Koch Str. 40, 37075 GöttingenE-Mail:phuber@med.uni-goettingen.de

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