Repetitorium

Hepatitis C

Während man sich vor der Hepatitis B durch eine Impfung schützen kann, besteht diese Vorsorgemöglichkeit bei der Hepatitis C nicht. Die Infektion wird ebenfalls über Blut und Blutprodukte übertragen. Wenngleich das Infektionsrisiko in der Zahnarztpraxis gering ist, sollte man sich aber doch immer der Möglichkeit bewusst sein, dass der Patient, den man behandelt, an einer Hepatitis C leiden könnte – unter Umständen auch ohne davon selbst zu wissen.

Etwa 0,4 Prozent der deutschen Bevölkerung tragen das Hepatitis C-Virus (HCV) in sich. Zwar handelt es sich in erster Linie um I.v.-Drogenabhängige und HIV-infizierte Personen, die Hepatitis C ist aber auch für alle Zahnärzte ein wichtiges Thema, da sie ebenso wie die Hepatitis B über Blut und Blutprodukte übertragen wird. Es muss deshalb in der Zahnarztpraxis alles daran gesetzt werden, durch hygienische Vorsorgemaßnahmen die Gefahr der eigenen Infektion durch potenziell infizierte Patienten (und gegebenenfalls selbstverständlich auch die Gefahr der Infektion von Patienten) gering zu halten.

Entdeckt wurde das Hepatitis C-Virus erst 1989, zuvor wurden die entsprechenden Infektionen als Non-A-Non-B-Hepatitis bezeichnet. Inzwischen ist klar, dass HCV für rund 95 Prozent dieser Non-A-Non- B-Hepatitiden verantwortlich zeichnet. Weltweit stellt die Hepatitis C wahrscheinlich die bedeutendste Lebererkrankung mit mehr als 300 Millionen Virusträgern dar. Das Virus infiziert dabei nur Menschen und lässt sich in den Hepatozyten, aber auch in Zellen des hämatopoetischen Systems nachweisen, wo es offenbar auch persistieren kann.

Jede zweite Infektion wird chronisch

Wie jede Infektion, so ist auch die Infektion mit dem HCV durch die direkte Auseinandersetzung des Keimes mit dem Immunsystem des Infizierten charakterisiert. Nicht immer kommt es dabei zu akuten Infektionszeichen und längst nicht immer entwickelt sich daraus ein schweres chronisches und sogar lebensbedrohliches Krankheitsbild.

Andererseits darf die Gefahr einer HCV-Infektion keinesfalls unterschätzt werden. Denn aus der akuten Infektion entwickelt sich in 50 bis 80 Prozent der Fälle im Verlauf von sechs Monaten eine chronische Infektion, was sich serologisch (Anti-HCV, HCV-RNA) nachweisen lässt. Die Wahrscheinlichkeit einer Spontanheilung ist dann aber nur noch minimal.

Werden Anti-HCV-Antikörper gefunden, so deutet das auf eine aktive oder eine abgelaufene Infektion hin, während der Nachweis von HCV-RNA immer eine aktive Virusreplikation anzeigt.

Gefahr: Leberzirrhose und Leberkarzinom

Die chronische Hepatitis C kann fortschreiten: Jeder vierte Patient entwickelt im Verlaufe von zehn bis 30 Jahren eine Leberzirrhose mit all ihren Komplikationen bis hin zum Leberzell-Karzinom. Das Leberzellkarzinom ist damit eine anerkannte Spätkomplikation einer Hepatitis C, und Therapieoptionen, die eine Entwicklung in die Leberzirrhose verhindern, verhindern gleichzeitig die Karzinomentstehung bei der HCV-Infektion.

Das ist ein relevanter Aspekt, denn das Leberzellkarzinom, das mit einer sehr schlechten Prognose behaftet ist, ist weltweit einer der häufigsten bösartigen Tumore. In der westlichen Welt ist es zudem der bösartige Tumor mit der stärksten Wachstumsrate und das bei Männern wie auch bei Frauen.

Hohe Dunkelziffer

In Deutschland leben den offiziellen Angaben zufolge derzeit mehr als 500 000 HCVInfizierte und es ist von rund 5 000 Todesfällen jährlich infolge von Spätkomplikationen der Infektion auszugehen. Dabei gibt es eine hohe Dunkelziffer. Realistisch ist nach Professor Dr. Michael Manns, Hannover, in Deutschland eine Zahl von rund 800 000 HCV-Infizierten, wobei weniger als 25 Prozent der Betroffenen diagnostiziert sind und weniger als fünf Prozent adäquat behandelt werden.

Ursache hierfür ist zum einen die Tatsache, dass die Erkrankung einen langsam schleichenden Verlauf nimmt und sich über Jahrzehnte hinweg entwickelt. Fulminant verlaufende Fälle sind dagegen bei der Hepatitis C äußerst selten. Die Symptome sind zudem uncharakteristisch. Die Betroffenen klagen vor allem über Müdigkeit, eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit und über einen rechtsseitigen Oberbauchdruck.

Bei der Untersuchung sind leicht erhöhte Leberwerte auffällig, das aber wird laut Manns von vielen Hausärzten noch als eine Art Kavaliersdelikt angesehen. Bei erhöhten Transaminasen aber muss nach seinen Angaben praktisch immer ein Hepatitis-CAntikörpertest veranlasst werden. Zu bedenken ist ferner, dass die Hepatitis C Autoimmunreaktionen auslöst und sich somit zu einer Autoimmunhepatitis weiter entwickeln kann.

Infektionsquellen

Einen deutlichen Wandel hat es in den vergangenen Jahren bei den Infektionsquellen für die Hepatitis C gegeben. So wurde die Infektion vor mehr als zehn Jahren in erster Linie durch Blutprodukte übertragen.

Diese aber sind durch die zusätzlichen Tests sowie durch Virus-Inaktivierungsverfahren inzwischen sicherer geworden und die Neuinfektionsrate durch Blut und Blutprodukte ist vernachlässigbar gering geworden.

Das darf speziell Zahnärzte und Ärzte nicht in falscher Sicherheit wiegen. Denn eine Infektionsgefahr besteht durchaus, wenn infizierte Patienten in der Praxis behandelt werden.

Hauptrisikofaktor aber ist der intravenöse Drogenkonsum. Doch muss man nach Manns bedenken, dass bei rund 40 Prozent der HCV-positiven Fälle in retrospektiven Untersuchungen kein spezieller Risikofaktor zu finden ist. Bei rund 20 Prozent besteht ein Zusammenhang zu Blutprodukten, bei 22 Prozent ist ein Drogenkonsum bekannt. Acht Prozent der Betroffenen leben in Endemiegebieten, bei 3,3 Prozent handelt es sich um homosexuelle Männer und – das stimmt bedenklich – bei 4,1 Prozent um medizinisches Personal.

Therapie der Hepatitis C

Da eine aktive Vorsorge über eine Impfung nicht möglich ist, besteht die Prävention der Hepatitis C vor allem in sicheren Blutprodukten, einer guten Hygiene sowie dem Abbau von Risikofaktoren wie dem Drogenkonsum.

Kommt es dennoch zur Infektion, so steht bei der Behandlung als wesentliches Ziel zunächst das Verhindern einer Chronifizierung im Vordergrund. Es muss deshalb praktisch von Anfang an eine gezielte The- rapie erfolgen. Hat sich bereits eine Leberzirrhose ausgebildet, so müssen selbstverständlich auch deren Komplikationen behandelt werden, wie etwa der Aszites oder Ösophagusvarizen. Als ultima Ratio bleibt in fortgeschrittenen Fällen allerdings nur die Lebertransplantation, wobei inzwischen bereits jede vierte Lebertransplantation wegen einer Hepatitis C erfolgt.

Antivirale Therapie

Die antivirale Behandlung der Hepatitis C kann keinesfalls nach „Schema F“ erfolgen, sondern muss sich am individuellen Verlauf und auch an den Erfolgsaussichten der Behandlung orientieren. Zunächst muss dabei die Frage geklärt werden, ob ein gezieltes Vorgehen gegen den Erreger notwendig ist, was sich konkret nur mittels einer Leberbiopsie klären lässt.

Es müssen ferner die Erfolgschancen der Behandlung berücksichtigt werden. Diese sind zum einen abhängig vom jeweiligen Genotyp und zum anderen von der individuellen Viruslast, also der Konzentration des Erregers im Organismus. Auch Begleiterkrankungen und potenzielle Kontraindikationen sind zu bedenken, ebenso wie die Compliance des Patienten sowie dessen berufliche Belastung und seine soziale Situation, ein Aspekt, der insbesondere bei Drogenabhängigen die Erfolgsaussichten minimieren kann.

Therapie der akuten Hepatitis

Bei der akuten Hepatitis, die sich aber nur in 25 Prozent der Fälle durch eine Gelbsucht bemerkbar macht, wird mit Interferon alfa behandelt. Die Therapie verspricht gute Erfolge, denn bei der Mehrzahl der Infizierten lässt sich durch eine solche Behandlung die Chronifizierung verhindern. Bei immerhin 98 Prozent der Patienten kann so das Virus eliminiert werden, während unbehandelt nur 30 Prozent der Patienten das Virus spontan verlieren.

Dem Interferon ist nach Angaben von Professor Manns generell eine deutliche Optimierung der Behandlung der HCV-Infektion in den vergangenen Jahren zu verdanken. Noch Ende der 80er Jahre wurde das Mittel meist nur 24 Wochen eingesetzt, mit einer dauerhaften Ansprechrate von etwa zehn Prozent. Sie konnte durch eine längerfristige Behandlung über 48 Wochen gesteigert werden, den eigentlichen Durchbruch der Therapie aber brachte die Kombination des Zytokins Interferon mit dem Virostatikum Ribavirin Ende der 90er Jahre. Unter der Kombinationsbehandlung kann im Durchschnitt bei über 40 Prozent der Patienten ein dauerhaftes Ansprechen erwirkt werden, ein Prozentsatz der durch den Einsatz moderner Präparate, wie dem langwirksamen, pegylierten Interferon, möglicherweise noch zu steigern ist.

Prognose hängt ab vom Sinken der Viruslast

Die Wissenschaftler haben dabei auch gelernt, anhand der initialen Reaktionen des Patienten auf die Therapie die allgemeine Prognose abzuschätzen. Sie ist gut, wenn eine „sustained response“ erzielt wird, wenn die Viruslast durch die Therapie sehr rasch gemindert wird und das Virus über sechs Monate nach Ende der Therapie nicht mehr nachweisbar ist. Je schneller die Patienten unter der Behandlung dabei Virusnegativ werden, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein dauerhafter Behandlungserfolg erzielt wurde.

Andererseits gibt es viele Patienten, bei denen rasch nach Beendigung der Therapie ein Rückfall festzustellen ist. Dieser ereignet sich meist bereits innerhalb von nur drei Monaten. Von einer schlechten Prognose ist zudem allgemein auszugehen bei Patienten, bei denen sich die Viruslast unter der Behandlung nur langsam verringert, ein dauerhaftes Ansprechen ist in solchen Fällen meist nicht zu erzielen.

Unter anderem scheint dabei auch die Geschwindigkeit des Ansprechens auf die Therapie entscheidend zu sein. So haben Patienten, die zunächst nicht reagieren sowie solche, die eine flache oder eine langsame Response zeigen, nur eine rund fünfprozentige Chance auf Heilung. Patienten mit rascher Reduktion der Viruslast haben nach Professor Dr. Stefan Zeuzem, Frankfurt, dagegen eine 68-prozentige Heilungschance.

Die Möglichkeit der frühen Vorhersage des Therapieerfolges erlaubt nach seinen Worten eine individualisierte Therapie. Konkret sollte dabei die Viruslast vor Beginn der Behandlung sowie nach zwölf Wochen bestimmt werden. Ergibt sich in diesem Zeitraum nicht mindestens ein Abfall um den Faktor 100, so hat der Patient praktisch keine Chance auf Heilung, und es kann ihm nach Zeuzem die Behandlung, die zum einen teuer und zum anderen durchaus auch nebenwirkungsträchtig ist, erspart werden.

Pegyliertes Interferon als neue Option

Die Interferon-Behandlung selbst hat dabei in jüngster Zeit Fortschritte erfahren. So wurde das Zytokin früher dreimal pro Woche injiziert, was zu deutlich schwankenden Serumspiegeln führte, wobei die Wirkspiegel nach der Einzelinjektion rasch in nicht wirksame Bereiche absanken. Eine kontinuierliche Virusunterdrückung ist bei einem solchen Profil jedoch fraglich, da das Virus selbst sich in den Behandlungspausen wieder vermehren kann, praktisch also eine „Verschnaufpause“ erhält.

Das Ziel gleichbleibender Wirkstoffspiegel über eine Woche wurde durch Koppelung eines Polyethylenglykol-Polymers an das Interferonmolekül erwirkt, so dass inzwischen für die Therapie auch langwirksames, so genanntes pegyliertes Interferon verfügbar ist, das nur einmal pro Woche appliziert werden muss.

Dass die pegylierten Interferone mit besseren Therapieaussichten verbunden sind, belegen erste Studien, die nachweisen konnten, dass unter der innovativen Therapie die Rate des dauerhaften Ansprechens von 45 auf 56 Prozent unter der Kombination mit Ribavirin gesteigert werden kann. Doch auch in der Monotherapie zeigten sich unter alleiniger Gabe von peg-Interferon deutlich bessere Ansprechraten als unter der konventionellen Interferon-Therapie.

Prognose ist abhängig vom Genotyp

Allerdings hängt die Prognose der Patienten mit HCV auch vom jeweiligen Genotyp des Virus ab. Es sind weltweit sechs Genotypen beschrieben, wobei im Wesentlichen nur die Typen 1, 2 und 3 in der westlichen Welt vorkommen. Vor allem der Genotyp 1, der in Australien, Europa und den USA gefunden wird, gilt dabei als schwer behandelbar, besser zu therapieren sind die Genotypen 2 und 3, bei ihnen hat die Therapie erheblich höhere Erfolgsaussichten.

So reagieren unter der herkömmlichen Behandlung mit Interferon und Ribavirin nur 37 Prozent der Patienten mit Genotyp 1 gegenüber 61 Prozent mit einem der anderen Genotypen mit einem dauerhaften Ansprechen. Wird das herkömmliche Interferon durch peg-Interferon ersetzt, so kann beim Genotyp 1 in 46 Prozent und beim Nicht- Genotyp 1 bei sogar 70 Prozent der Patienten eine dauerhafte Response erwirkt werden.

Die Autorin der Rubrik „Repetitorium“ ist gerne bereit, Fragen zu ihren Beiträgen zu beantwortenChristine VetterMerkenicher Str. 22450735 Köln

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