Schriftliche Patienteninformati

Vom Profi für den Laien – von der Praxis ins Wohnzimmer

Sigrid Olbertz Obwohl die schriftliche Patienteninformation zahlreiche Vorteile besitzt, wird sie nur von wenigen Zahnärzten als Mittel zur Patientenbindung genutzt. Einerseits ist umfassende Information des „mündigen Patienten“ als Partner des Zahnarztes gefragt. Andererseits erlaubt die Berufsordnung zwar Informationsvermittlung, untersagt jedoch werbende Aussagen oder gar direkte Werbung.

Der einzelne Zahnarzt befindet sich in diesem Zwiespalt von Informationsvermittlung und Werbung, denn zwischen beiden sind keine klaren Grenzen gezogen. Deswegen wundert es nicht, dass schriftliche Patienteninformationen in den meisten Praxen nicht oder zu wenig eingesetzt werden. Dabei wird jedoch nicht bedacht, dass eine Patienteninformation keine Werbung darstellt, sondern eine Verpflichtung. Der Patient hat Anspruch auf eine umfassende und für ihn verständliche Information, sei es über Therapiemöglichkeiten, Behandlungsabläufe oder Verhaltensmaßnahmen vor und nach einer Behandlung. Und bei dieser Informationsvermittlung ist der Einsatz von schriftlichem Informationsmaterial nur von Vorteil.

Reichhaltiges Angebot

Das Angebot an bereits gestalteten schriftlichen Patienteninformationen ist so reichhaltig, dass jeder Zahnarzt seinen Vorstellungen entsprechendes Material findet. Anspruchsvollere können sich Informationsmaterialien auch ganz individuell entwerfen lassen. Mit entsprechenden EDV-Kenntnissen und ein wenig Zeitaufwand ist aber auch eine eigene Gestaltung möglich. Erstellt der Zahnarzt die schriftliche Patienteninformation selbst, kann er die gewünschten Inhalte und den Umfang der Informationsvermittlung ganz individuell festgelegen.

Beschäftigt sich der Zahnarzt mit dem Informationsmaterial, indem er es selbst auswählt oder gestaltet, bringt das ihm und seiner Praxis erhebliche Vorteile. Bisherige Schwachstellen, die es bei Beratungsgesprächen unbemerkt gab, lassen sich in der Gestaltungsphase des Patienteninformationsmaterials erkennen und beheben. Denn Patienten sind schnell überfordert, wenn in der mündlichen Beratung zahnärztliche Fachbegriffe einfließen oder zu viele Informationen gegeben werden. Andererseits besteht aber auch die Gefahr, dass Patienten sich von einem zu simplen Sprachstil unterfordert fühlen. Solche Schwachstellen einer mündlichen Beratung werden häufig erst bei einer schriftlichen Fixierung bewusst.

Gerade komplizierte Sachverhalte können schriftlich und bildlich dem Patienten anschaulicher und verständlicher vermittelt werden, als es in einem reinen Gespräch möglich wäre.

Eine schriftliche Patienteninformation kann dem Praxisteam als „Leitfaden“ für die Patientenberatung dienen. Orientieren sich die beratenden Mitarbeiter der Praxis an diesem Leitfaden, ist eine kontinuierliche und gleichwertige Beratung aller Patienten gewährleistet. Es werden keine Beratungsinhalte vergessen oder nach Gutdünken des Beraters einfach weggelassen. Dieser Aspekt ist besonders bei wechselnden Mitarbeitern in der Beratung wichtig.

Das Praxisteam spart Zeit. Zwar ersetzt die schriftliche Information nicht das Patientengespräch, jedoch vereinfacht und unterstützt es dieses und reduziert damit die Gesprächsdauer.

Üblicherweise wird das schriftliche Informationsmaterial dem Patienten überlassen. Er kann es mit nach Hause nehmen und in Ruhe durchlesen. Gerade wenn aufwändige Behandlungen durchgeführt werden sollen, möchten viele Patienten diese im Vorfeld mit ihrem Lebensgefährten, ihren Freunden oder Vertrauenspersonen besprechen. Für diese Gespräche bietet das Informationsmaterial eine hervorragende Grundlage. Auch lernen die Gesprächspartner der betroffenen Patienten den Service der Zahnarztpraxis kennen und vergleichen diesen automatisch mit dem Service ihrer eigenen Praxis. Damit die potenziellen Patienten diesen Vergleich ziehen, ist es nicht nötig, einen Praxisstempel auf die Patienteninformation zu setzen. Der Patient sorgt schon dafür, dass der Name „seiner“ Praxis ins Spiel kommt.

Aber wie soll nun das Info-Material gestaltet werden? Hier ist zunächst zu überlegen, wo und zu welchem Zweck das Material eingesetzt werden soll.

Aufwändige Gestaltung

In Wartezimmern und Empfangsbereichen empfiehlt sich eine Plakatierung, welche eher allgemein auf die Therapiemöglichkeiten der Praxis hinweist. Die Gestaltung eines optisch ansprechenden Plakates ist aufwändig und die Inhalte müssen schlagwortartig und treffend gewählt werden. Für den Entwurf und die Gestaltung eines Plakates muss deshalb üblicherweise professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.

Diese Plakatierung hat Vor- und Nachteile. Da ein Plakat an gut sichtbarer Stelle an der Wand hängt, wird es einerseits von jedem bemerkt und gesehen. Andererseits aber wird es auch von jedem gelesen, soll jeden zur Nachfrage der angebotenen Leistung anregen und keine Befindlichkeitsstörungen bei einzelnen Patienten bewirken. Ein schlechtes Plakat schreckt Patienten eher ab – woraufhin diese negativ eingestellt sind, wenn das Praxisteams sie auf die Leistung anspricht. Deshalb sollte jedes Plakat kritisch hinterfragt werden; lieber kein Plakat als ein schlechtes Plakat. Ein Plakat muss positiv ins Auge fallen. Sparsam und wohlüberlegt platzierte Plakate erfüllen diesen Anspruch. Ist das Wartezimmer jedoch mit Plakaten geradezu tapeziert und sind die Plakate vergilbt oder an den Seiten eingerissen und auf billigste Art und Weise an der Wand befestigt, kann von einer positiven Darstellung nicht mehr die Rede sein. Im

Behandlungs- oder Beratungszimmer kommen die eher umfangreichen Therapieinformationen zum Einsatz. Da sie als Mitnahmeartikel gedacht sind, sollten sie weniger aufwändig als ein Plakat gestaltet sein, dürfen jedoch keinesfalls billig erscheinen. Sie bieten mehr Informationen als ein Plakat und teilweise auch bildhafte Darstellungen. Bilder von blutigen Eingriffen haben in Patienteninformationen allerdings nichts zu suchen – sie schrecken eher Patienten ab, als dass sie diese motivieren, eine Behandlung durchführen zu lassen.

Die Grundregel – eher weniger Informationen als zu viele – sollte unbedingt beachtet werden. Auch ist eine einfache und patientenorientierte Ausdrucksweise zu verwenden. Medizinische Fachbegriffe sollten möglichst nicht benutzt werden. Lassen sich diese nicht vermeiden, muss grundsätzlich jeder Fachbegriff allgemeinverständlich erklärt werden.

Wissen für den Patienten

Dem Patienten ausschließlich fachliche Informationen zu vermitteln ist zwar grundsätzlich nicht falsch – aber ob diese den Patienten tatsächlich in großem Umfang interessieren, ist fraglich. Erfahrungsgemäß will ein Patienten wissen, was ihm die Behandlung bringt, ob die Behandlung schmerzhaft ist, wieviel Zeit er investieren muss und was ihn die Behandlung kostet.

Einige Praxen arbeiten sehr intensiv mit schriftlichen Patienteninformationen und möchten dieses Hilfsmittel bei der Beratung und der positiven Außendarstellung der Praxis nicht mehr missen. In vielen Praxen wird dieses Medium jedoch viel zu wenig genutzt. Schlechte Erfahrungen, mangelnde Resonanz seitens der Patienten oder einfach fehlendes Wissen der Zahnärzte über die sich damit erschließenden Möglichkeiten mögen die Ursachen hierfür sein. Dies zeigt, dass es einiges zu beachten gilt, wenn in einer Praxis die schriftliche Patienteninformation optimal eingesetzt und genutzt werden soll.

Einige Zahnärzte glauben, dass die schriftliche Patienteninformation die Nachfrage nach zahnärztlichen Leistungen erhöht. Wenn überhaupt, so gilt dies für das Plakat. Die Erfahrung zeigt, dass selbst wenn die Patienteninformation großzügig im Wartezimmer und an der Rezeption platziert wird, kaum eine Erhöhung der Nachfrage nach zahnärztlichen Leistungen festzustellen ist.

Wie soll das auch funktionieren? Woher soll der Patient wissen, dass die präsentierte Behandlungsmaßnahme auch bei ihm möglich und notwendig ist? Dieses Problem findet sich schon bei der Prophylaxe. Beispielsweise ist die Mutter im Behandlungszimmer oft dabei, während bei Ihrem Kind eine Individualpropylaxe durchgeführt wird. Eher selten kommt die Mutter dabei auf die Idee, dass eine Prophylaxebehandlung auch bei Ihr möglich ist. In den meisten Fällen muss sie von der Helferin oder dem Zahnarzt direkt auf die Behandlungsmöglichkeit angesprochen werden.

Kein Beratungsersatz

Die schriftliche Patienteninformation kann auch nie die direkte Patientenansprache ersetzten. Sie unterstützt und vereinfacht die Ansprache, sie erleichtert und verkürzt das Beratungsgespräch, aber für beides ist sie kein Ersatz. Ein Praxisteam, welches sich mit der Patientenansprache oder -beratung schwer tut, kann das Problem nicht dadurch lösen, dass es in der Praxis großzügig Informationsmaterial verteilt. Das Team geht irrtümlich davon aus, dass die Patienten sich informieren und bei Bedarf schon nachfragen werden. Das einzige, was ein solches Team erreicht, ist Mehrarbeit, weil es das über die Praxis verteilte Material regelmäßig aufräumen und austauschen muss.

Zudem stellt sich ganz allgemein die Frage, ob in Praxen, bei denen Patienten nach einer Behandlung fragen müssen, nicht etwas falsch läuft. Jeder Patient kommt mit einer gewissen Erwartungshaltung in eine Zahnarztpraxis. Er setzt Fachwissen und Kompetenz des Praxisteams voraus. Er erwartet somit auch, dass die Praxis ihn auf Behandlungsmöglichkeiten hinweist. Muss ein Patient dagegen von sich aus das Praxisteam auf Behandlungen ansprechen, leidet sein Vertrauensverhältnis zum Zahnarzt. Ein solcher Patient wird sich in der Folge nie sicher sein, dass der Zahnarzt ihm auch alle möglichen Behandlungen zukommen lässt. Er wird dem Praxisteam eher kritisch gegenüberstehen und gegebenenfalls vermehrt Fragen stellen. Für das Team ist ein solch verunsicherter Patient schwieriger zu handhaben als ein Patient, der vertrauensvoll die Praxis aufsucht.

Informationsmaterial im Warte- und Rezeptionsbereich zu platzieren hat auch den Nachteil, dass Patienten unkontrolliert Zugriff auf die schriftlichen Information haben. Denken Sie nur an folgenden Fall: Ein jüngerer Mann mit einem verfärbten, langjährig wurzelgefüllten Frontzahn ist seit Jahren Patient in einer Zahnarztpraxis. Schon mehrmals hat der Zahnarzt ihn auf die Behandlungsbedürftigkeit des Zahnes angesprochen, da die Zahnsubstanz zunehmend spröder wurde und sich auch schon Schmelzrisse mit Schmelzverlust zeigten. Endlich entschließt der Patient sich, etwas gegen den verfärbten Zahn zu tun und sucht die Praxis auf. Im Wartezimmer findet er alle mögliche Patienteninformationen; unter anderem auch etwas über Bleaching. Und die Behandlungsmethode findet er toll. Mit diesem Wunsch wird nun der Zahnarzt konfrontiert. Der hat nun verständlicherweise die größten Probleme, dem Patienten klarzumachen, dass die von ihm gewünschte Behandlungsmethode in seinem Fall nicht angebracht ist.

Der Wartebereich ist der schlechteste Ort, an dem die schriftliche Patienteninformation platziert werden kann. Entweder die Patienten fühlen sich nicht angesprochen oder sie greifen unreflektiert Behandlungsmethoden auf, ohne die Zuordnung zu ihrer persönlichen Situation treffen zu können. Entweder wird das Material dort dekorativ platziert und verstaubt und vergilbt oder es liegt zerfleddert und unansehnlich herum. Der Rezeptionsbereich ist auch nicht besonders geeignet. Ein Beratungsgespräch am Empfang zu führen ist geradezu unmöglich. Entweder wird das Gespräch regelmäßig unterbrochen oder andere Patienten hören mit. Und es braucht nun wirklich keiner zu wissen, dass beispielsweise bei den tollen weißen Zähne eine ganze Menge Chemie zum Einsatz kam.

Der richtige Platz für das Informationsmaterial ist der Behandlungs- und Beratungsbereich. Dort kann zeitnah und gezielt auf dieses Material zugegriffen werden.

Kontrollmöglichkeiten

Noch ein Tipp zum Schluss. Der Praxisinhaber sollte gelegentlich kontrollieren, ob das schriftliche Informationsmaterial in seiner Praxis auch tatsächlich so umfangreich zum Einsatz kommt, wie er sich das wünscht. Helferinnen vergessen schon mal, den Patienten die schriftlichen Infos mitzugeben, oder sie sind der Meinung, dass eine solche Mitgabe nicht nötig sei. Gerade wenn die Praxis auf vorformuliertes Informationsmaterial zurückgreift, ist eine gute Kontrollmöglichkeit gegeben: Wann wurde denn in Ihrer Praxis zum letzten Mal Informationsmaterial bestellt?  

Dr. Sigrid Olbertz, MBAZahnärztin undMaster of Business AdministrationIm Hesterkamp 12 A, 45768 Marl

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