Index-Zertifikate versus Aktienfonds

Risiko trotz breiter Streuung

Ein Großteil der Einzelaktien – und dementsprechend auch Aktienfonds – ist im Kurs stark gesunken. Zahlreiche Geldanleger starten nun auf Anraten ihrer Bankberater auf einer anderen Schiene neu: Sie kaufen sich in Index-Zertifikate ein. Die Anleger hoffen auf Renditeerfolg durch Risikovermeidung. Vielfach ein Irrtum.

Ein Aktienindex misst börsentäglich den Pegelstand einer ganzen Börse. Ein Index vereint – wie etwa der Deutsche Aktienindex DAX oder der amerikanische Dow Jones Index – die bedeutendsten Unternehmen einer Volkswirtschaft. In beiden Indizes sind es 30 an der Zahl. Die Einzelkurse dieser Börsengiganten bilden, gemäß ihrer jeweiligen Gewichtung, den Indexstand. Zeigt dieser nach oben, hat die Mehrzahl der Indexteilnehmer mit einem Tagesgewinn abgeschlossen – und umgekehrt.

DAX und Dow sind Aktienindizes, die bekannt und in hohem Maße einflussreich sind. Doch niemand wird im Ernst behaupten, dass 30 Unternehmen, auch wenn sie groß und bedeutsam sind, einen breiten, fundierten Trend anzeigen. Deshalb halten sich Profis lieber an Indizes, die breiter aufgestellt sind. In den USA ist dies der S&P-500-Index, der die bedeutendsten 500 USUnternehmen unter einem Index- Dach vereint. Noch breiter ist der recht unbekannte Russel-1000-Index, der die 1 000 größten börsennotierten US-Unternehmen aufgenommen hat. Derart breit diversifizierte Indizes gibt es in Europa leider noch nicht.

Je breiter ein Index gefächert ist, um so näher kommt er der Börsenrealität. Um so größer ist auch, rein technisch, das Potential der gewünschten Risikostreuung. Ein Aktienfonds hingegen, der 500 oder gar 1 000 Unternehmen aufgenommen hat, wäre in der Praxis nicht mehr zu managen. Aber gut gemanagte Aktienfonds haben gegenüber einem Index, in den sich via Zertifikat der Investor einkaufen kann, einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Die Aktien in einem Aktienfonds werden unter dem Gesichtspunkt des fondsinternen Risikoausgleichs ausgesucht. In einem Aktienfonds wird also das Risiko gezielt und aktiv gesteuert. Dabei praktizieren erfahrene Fondsmanager gerne die Theorien zur Risikominimierung eines Portfolios, die der Amerikaner Harry Markowitz entwickelt hat. Zusammen mit zwei weiteren Kollegen bekam er für seine Forschungen zur Risikobegrenzung von Aktiendepots im Jahr 1990 den Nobelpreis für Wirtschaft. In einem Index-Zertifikat jedoch, das die Entwicklung eines Aktienindexes widerspiegelt, bringt nur die Zahl der Indexteilnehmer einen statistischen, passiv zustande gekommenen Risikoausgleich.

Hoher Erfolgsdruck

Ein gern benutztes Argument der Bankberater: Die meisten Aktienfonds würden nicht einmal den für sie relevanten Index schlagen. Das stimmt oft sogar. Der Grund ist in der Regel ganz banal: Die Fondsmanager werden an den erzielten Jahresrenditen gemessen. Dieser Erfolgsdruck führt zur Übertreibung von Risiken – die in der Regel dadurch entstehen, dass Aktienkategorien, die gerade in Mode sind und gut laufen, überproportional angeschafft werden. Fonds, die mit temporär hohen Renditen hausieren gehen, sollte man deshalb meiden. Deren Fondsmanager sind oft nicht in der Lage, die zeitweise hohen Kurse durch rechtzeitige Verkäufe in Form von Rendite zu realisieren. Solche Scheingewinne sind schnell wieder verloren, wenn die Aktien aus der Mode kommen und die Kurse sinken.

Beispiele hierfür gibt es bei Aktienfonds zur Genüge. Um sich nicht damit zu blamieren, vom Index geschlagen zu werden, halten sich viele Fondsmanager an den für sie maßgeblichen Index oder bilden diesen gar sklavisch nach. Einige rühmen sich dessen sogar. In Wirklichkeit aber haben Fondsstrategen mit dieser Intention nicht das Geld verdient, dass die Fondsanteilsinhaber für das Fondsmanagement bezahlen (oftmals pauschal 1,5 Prozent vom Fondsvermögen, die als Renditeverlust in gleicher Höhe in Erscheinung treten). Fonds, die lediglich einen Index abbilden, sollte man schon aus Kostengründen sofort in ein entsprechendes Index-Zertifikat umtauschen.

Risikoausgleich

Nun gibt es aber auch Aktienfonds, die gezielt unter der Priorität des Risikoausgleichs gemanagt werden. Glaubhaft belegen können dies Fonds, die auf lange Sicht den für sie maßgeblichen Index schlagen konnten.

Ein Musterbeispiel hierfür ist der Fondsklassiker Templeton Growth Fund. Auf der Grundlage von 48 Jahren Existenz hat er den MSCI Weltindex, an dem er gemessen wird, weit hinter sich gelassen. Während der MSCI-Weltindex im Laufe der letzten beiden Baissejahre gut 30 Prozent verloren hat, verlor der Templeton Growth unterm Strich kein Geld. Im Hinblick auf die letzten drei Jahre bleibt er sogar, trotz massiver Kursverluste an den Börsen, im Rahmen seiner langjährigen Durchschnittsrendite von 14 Prozent.

Schutz vor Wertverlust

Solche Fonds sind leider nicht sonderlich zahlreich. Sie sind nämlich, als so genannte „Value Fonds“, nicht in erster Linie auf hohen Renditegewinn aus, sondern primär auf den Schutz des Kapitals vor Wertverlust ausgerichtet. Deshalb gleicht das Fondsmanagement gezielt die Geburtsfehler von Aktienindizes aus: Bei deren Zusammenstellung findet der Gesichtspunkt Risikoausgleich nämlich keine Berücksichtigung. Vielmehr bestimmt in der Regel die Höhe der Börsenkapitalisierung (aktueller Aktienkurs mal der Zahl der umlaufenden Aktien) die Aufnahme in oder Teilnahme an einem Index. So kommt es, dass beispielsweise im deutschen DAX die Finanzdienstleister (Banken und Versicherungen) übergewichtet sind. Da diese derzeit nicht hoch im Kurs stehen, ziehen sie den gesamten Index nach unten. Im EuroStoxx 50 sind es die zahlreichen Telekom-Unternehmen, die diesen Europa-Index dominieren. Und im weltbewegenden Dow Jones wurden auf dem Höhepunkt des Technologie- Booms die Firmen Microsoft und Intel (wegen ihrer stark angestiegenen Börsenbewertung) neu aufgenommen. Das passierte just zu einem Zeitpunkt, als der Technologie-Boom zu kippen begann. So zogen die Dow-Neulinge, die dem Dow Jones eine Übergewichtung in Hochtechnologie bescherten, diesen Referenz- Index für die gesamte Börsenwelt überproportional in die Tiefe.

Kluge und strategisch ausgerichtete Fondsmanager gehen den in den Aktienindizes zwangsläufig vorhanden Branchenverklumpungen aus dem Weg. Zum anderen sind sie nicht daran gebunden, sich mit einer beschränkten Anzahl von Unternehmen begnügen zu müssen.

Riskante Modetrends

Sie können so viele Unternehmen in ihren Fonds aufnehmen, wie sie für sinnvoll halten und dadurch noch einmal das Risiko gezielt streuen.

Hinzu kommt, dass auch Aktienindizes kein fest definierter Maßstab sind. Auch sie sind den zumeist riskanten und oftmals verlustträchtigen Modetrends unterworfen. Sie werden nämlich kontinuierlich umgebaut. Pleitekandidaten, die gelegentlich auch in Edelindizes wie DAX (jüngster Fall: Holzmann) oder Dow Jones (ehedem Bethlehem Steel) zu finden sind, müssen ersetzt, unattraktiv gewordene Kandidaten eliminiert werden. So etwa wurde der Mode gemäß im März des Jahres 2000 aus dem S&P 500 der Autozubehörhändler Pep Boys durch das Softwareunternehmen Veritas ersetzt. Pech für die Zertifikat-Besitzer: Pep Boys verdoppelte danach seinen Kurs, Veritas hingegen verlor beim Platzen der Technologieblase 90 Prozent an Wert.

Zuletzt brachten die S&P-500-Architekten sogar Willkür ins Spiel: Um einen Pleitekandidaten, nämlich die kanadische Nortel, rechtzeitig los zu werden, verdammten sie alle nicht amerikanischen Unternehmen aus ihrem Fonds. Darunter waren auch Titel, die hier schon seit mehr als 60 Jahren Mitglied waren, so etwa die grundsolide und ertragsstarke Royal Dutch Shell. jk

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