Steuern sparen mit Ostimmobilien

Vorsicht, Liebhaberei!

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Gut zehn Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung tragen sich viele Immobilien-Investoren in Ostdeutschland mit dem Gedanken, ihre zumeist verlustreichen Objekte zu verkaufen. Aber Vorsicht! Auch wenn die gesetzliche Spekulationsfrist abgelaufen ist, droht die nachträgliche Annullierung des Steuersparmodells.

Im deutschen Steuerrecht und in der Rechtsprechung rund um die Steuer dominiert ein Begriff, der schon vielen Bundesbürgern zum Fallstrick oder zur Fußangel wurde. Er lautet in bestem Steuerdeutsch: „Einkunftserzielungsabsicht“.  

Im Klartext ist damit gemeint: Der deutsche Fiskus weigert sich prinzipiell, für die Verlustgeschäfte seiner Klientel aufzukommen. Er ist nur bereit, temporäre Verluste mit dem zu versteuernden Einkommen zu verrechnen. Am Ende jedoch, wenn ein Geschäft seinen Abschluss findet, will er in der Schlussabrechnung zu versteuernde Gewinne sehen.  

Deshalb muss der Steuerzahler von vorn herein stringent eine „Einkunftserzielungsabsicht“ verfolgen. Hat diese auch nach vielen Jahren oder gar Jahrzehnten keine Früchte getragen, erlaubt sich der Fiskus zu unterstellen, diese Absicht sei gar nicht vorhanden gewesen. Er verkündet die Annullierung des nur verlustreichen Steuersparmodells und fordert die Rückerstattung der Steuervorteile samt sechs Prozent Zinsen. Verkauft nun jemand, der in ehedem extrem steuerbegünstigte Ostimmobilien investiert hat, ein Objekt oder einen Anteil an einem geschlossenen Immobilienfonds, ohne dass er (und mit ihm der Fiskus) auch nur einen müden Euro Gewinn gesehen hat, droht eine Rückabwicklung der Steuersparstrategie.

Abgeschrieben

Die kann ins Geld gehen. Denn in der Hochzeit der staatlich gewollten Immobilien-Euphorie zur Modernisierung und zur infrastrukturellen Aufmöbelung der ehemaligen DDR gewährte der Staat ein Abschreibungsvolumen von 50 Prozent, wahlweise über fünf Jahre zu verteilen. Das hieß auch, bereits im ersten Abschreibungsjahr voll zu genießen. Steuerparadiesische Verhältnisse waren das. Bei einem Höchststeuersatz von 50 Prozent finanzierten die damaligen Bauinvestoren beim Erwerb von Objekten oder Fondsanteilen rund ein Viertel der Baukosten in Form von Steuerersparnis. Allerdings waren die Objekte in aller Regel um etwa 25 Prozent überteuert. Das merkten die Investoren jedoch erst, als ein steuerlich angeheiztes Überangebot an (teuer erbauten) Wohnungen und Gewerbeimmobilien zur Vermietung anstand. Oft war am Markt nur die Hälfte der kalkulierten Miete zu erzielen. Viele direkte und indirekte Immobilieneigner waren letztlich froh, wenn sie überhaupt Mieteinnahmen verbuchen konnten. Wer ehrlich rechnete, stellte alsbald fest: Was an Steuerersparnis gewonnen war, wurde allmählich durch Mietverluste wieder aufgezehrt.   

Verständlich, dass sich nach Ablauf der gesetzlichen Spekulationsfrist die in Ostdeutschland geprellten Immobilien-Käufer gerne von ihren Objekten durch Verkauf trennen möchten – auch mit 25 oder gar 50 Prozent Verlust. Denn nach zehn Jahren stehen die meisten Hypothekendarlehen zur Verlängerung an. Dazu aber hat der Eigner einer Ostimmobilie zumeist keine Lust, weil die eingenommene Miete oftmals nicht viel mehr als nur die Hälfte der zu zahlenden Zinsen abdeckt. Selbst wenn sich auch dieser Verlust steuerlich geltend machen lässt, so steht doch außer Zweifel, dass die erzielte Magermiete aus eigener Tasche subventioniert wird. Und eine kompensierende Wertsteigerung steht in den Sternen.  

Wer jedoch ohne Rücksicht auf Verluste sein immobiles Ostfiasko abstoßen möchte, läuft Gefahr, die Rechnung ohne den Wirt zu machen. Das ist der Fiskus. Dieser hat zwar – gesetzestreu – alle Verluste, die ihm präsentiert wurden, klaglos anerkannt und steuerlich mit dem erzielten Einkommen verrechnet. Doch wenn jetzt durch einen Verkauf die von ihm geforderte langfristige Einkunftserzielungsabsicht aufgekündigt wird, droht von Seiten der Steuerbehörde der Konterschlag: Liebhaberei. Dabei wird unterstellt, der Investor habe nie die Absicht gehabt, aus seinem verlustreichen Objekt Gewinne zu erzielen. Hätte er diese Absicht gehabt, hätte er nicht verkauft. Folglich sei das verlustreiche Geschäft reine Liebhaberei gewesen, eine Privatangelegenheit, die den Fiskus nichts angehe. Alle Steuervorteile seien samt Zinsen zu erstatten.  

Fatal für den betroffenen Steuerzahler: Für den Fall der verfehlten „Einkunftserzielungsabsicht“ gibt es keine klare gesetzliche Regelung. Die Entscheidungen der Steuerbeamten basieren somit vielfach auf einer persönlichen Einschätzung der Sachlage und der individuellen Interpretation zahlreicher Verwaltungserlasse und Gerichtsurteile. Viele Steuerberater geben deshalb ihren Klienten den Rat, vor einem geplanten Verkauf von seinem Finanzamt eine „verbindliche Zusage“ zu holen, wie die Behörde im konkreten Einzelfall einen beabsichtigten Verkauf „steuerlich würdigen“ würde.

Richterspruch

Maßgeblich, auch zur Verteidigung des von Verlusten gestressten Immobilieneigners, ist ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) mit dem Aktenzeichen IX R 80/94. Im Hinblick auf die steuerliche Bewertung der Sonderabschreibungen Ost wurde der Richterspruch mit einem „Nichtanwendungserlass“ (Aktenzeichen: VI C3-S2253-8/98) vom Bundesfinanzministerium außer Kraft gesetzt. Abgesehen davon stellen die höchsten deutschen Finanzrichter in diesem Urteil klar, dass die Steuerbehörden bei einer langfristig angelegten Vermietung auf jeden Fall eine Einnahmeerzielungsabsicht annehmen müssen. Aber die BFH-Richter definieren auch, was sie unter „langfristig“ verstehen: „Hundert Jahre“.

 

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