Belgien macht die Pferde scheu

Medienrummel im Sommerloch

Sechs Uhr früh, da, die Tageszeitung hat’s gedruckt: Hier steht es schwarz auf weiß „Die Belgische Gesundheitsministerin Magda Aelvet will Fluoridtabletten verbieten ... und fluoridiertes Kaugummi ebenso!“

Manch ein Zahnarzt und Patient, der sich um die Gesundheit seiner Zähne Gedanken macht, liest die Meldung das zweite Mal. Es ändert sich nichts. Die Meldung stammt von dpa. Nun beginnen die Recherchen. Telefone bei Verbänden (auch in unserer Pressestelle der Bundeszahnärztekammer in Berlin, der DGZMK, der DGZ (Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung) und an den Hochschulen stehen nicht still. Fluorid-Experten müssen in Rundfunk und Fernsehen schließlich wieder gerade rücken, was die Schnellschüsse der Yellow-Press ausgelöst haben.  

Auch die zm wollen es natürlich genau wissen. Inzwischen sind wir mit Brüssel verbunden, erhalten die originale Verlautbarung des Ministeriums. Da sieht der Sachverhalt schon wieder ganz anders aus. Am Abend ist dpa wieder auf unserem Ticker. Die neue Nachricht ist etwas genauer, einige Aussagen werden relativiert, aber dass der bearbeitende Journalist immer noch von Fluor schreibt und immer noch nicht weiß, dass das in der Oralprophylaxe gar keine Verwendung findet, ist arg Besorgnis erregend. So etwas darf in der Medienbranche nicht sein! Übrigens: Der zahnärztliche Verbindungsausschuss der EU recherchiert weiter und wird auch in den zm in Kürze eine Stellungnahme abgeben. 

Aber nun zur Sache: Tatsache ist, dass die Belgier mit der Idee schwanger gehen, Fluoridtabletten und andere Fluoridsupplemente aus dem Freiverkaufsbereich zu nehmen. Der Zeitpunkt ist noch ungewiss. Per Rezept jedoch werden auch Fluoridtabletten nach wie vor bei entsprechendem Prophylaxebedarf zur Verfügung stehen. Auch Kaugummis, die mit Fluorid angereichert sind, sollen dann nicht mehr am Kiosk erhältlich sein.  

Letzteres ist für Deutschland sowieso kein Problem, denn laut Auskunft der DGZ werden diese „Zwischenmahlzeiten“ gar nicht auf dem deutschen Markt angeboten. Als Gründe für die Verbotserwägungen nennt die Ministerin Studien, die belegen sollen, dass Fluoride gesundheitsschädlich seien. Genaueres Lesen dieser Meldung jedoch zeigt nun aber wieder, dass es sich dabei aber um so hohe Dosen handelt, wie sie in der Kariesprophylaxe sowieso nicht angewendet werden.

Trotz allem Hin und Her der Medien – Fazit ist, dass die von deutschen Wissenschaftlern und der Bundeszahnärztekammer empfohlenen Richtwerte für die Fluoridapplikation bei Kindern und Kleinkindern nach wie vor richtungweisend waren und auch noch sind. Diese seit mehreren Jahren reduzierten Werte sind nun noch einmal überarbeitet worden und auf der nebenstehenden offiziellen Stellungnahme der Wissenschaftlichen Gesellschaften nachzulesen.   

Nach wie vor gilt: Die individuelle Fluoridanamnese des Patienten steht im Vordergrund. Hier sind alle Essgewohnheiten, die Fluoridwerte des Trinkwassers der Region, und die Werte des konsumierten Mineralwassers sowie die Fluoridangabe der verwendeten Zahnpasta zu berücksichtigen. Gleichermaßen ist der Hygienezustand und das Kariesrisiko des Patienten entscheidend dafür, welches Fluoridsupplement der Zahnarzt empfiehlt.  

Alles in Allem: Ein großer Sturm im Wasserglas, ausgelöst von geifernden Journalisten für Themen im Sommerloch (Meine Journalistenkollegen mögen mir dieses verzeihen!), mit dem Ende, dass Deutsche Zahnärzte bislang vollkommen richtig gehandelt haben und es weiterhin tun werden.

Es bleibt alles beim Alten!

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