Eheleute unter Schenkungsverdacht

Tückische Steuerfalle

Der Fiskus macht Jagd auf eine neue Einnahmequelle: Schenkungssteuer unter Ehegatten. Die steht zur Debatte, wenn etwa Einzelkonten oder Einzeldepots in Gemeinschaftseigentum umgewandelt wurden. Doch Betroffene können sich gegen Schenkungsvermutungen recht einfach wehren.

Ein Aufsatz in der Fachzeitschrift „DStR“ (Deutsches Steuerrecht, Ausgabe 35/2002), Organ der Bundessteuerkammer, erregte Aufsehen. Er war überschrieben: „Gemeinschaftskonten von Ehegatten im Visier der Betriebsprüfung“. Die Autoren Hellmut Götz und Thomas Jorde, der eine Fachanwalt für Steuerrecht, der andere Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, hatten eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 29. Februar 2002 entdeckt. In diesem Ukas werden die Sachbearbeiter der Einkommensteuerveranlagungsstellen wie auch die Mitarbeiter der Außenprüfungsdienste „nochmals“ aufgefordert, „verstärkt auf Zuwendungen unter Ehegatten zu achten“. Mit anderen Worten: Die Finanzbeamten sollen gezielt ihr Augenmerk auf Gemeinschaftskonten und gemeinschaftliche Wertpapierdepots richten, um hier womöglich steuerpflichtige Schenkungen auszumachen. Objekt der fiskalen Begierde sind die so genannten Oder-Konten. Dabei hat ein Oder-Konto bei der Hausbank, ein Oder-Konto bei einer Fondsgesellschaft oder auch ein breit diversifiziertes Wertpapierdepot bei einer Bank, auf das zwei Eheleute gemeinsam Zugriff haben, zumeist eine ganz praktische Bedeutung: „Oder“ bedeutet nämlich, dass der Eine wie der Andere gleichermaßen Zugriff auf das hier liegende Geld hat.

Eheleute leben in der Regel unter einem Dach. Daraus ergeben sich im Hinblick auf Lebensunterhalt und Lebensgestaltung gemeinsame finanzielle Verpflichtungen. Ein Oder-Konto oder ein Oder-Depot bietet den Vorteil, dass der eine Partner handlungsfähig bleibt, wenn der andere verhindert ist. Im Todesfall benötigt der Überlebende und immerhin nächste Verwandte des Verstorbenen keinen Erbschein, um über das gemeinsame Vermögen verfügen zu können.

Wenn nun Eheleute, die zumeist ohnehin im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, auf die Idee kommen, bislang getrennte Konten oder Depots wechselseitig verfügbar zu machen, hat der Fiskus rein steuertechnisch durchaus die Möglichkeit, in diesem Vorgang eine Schenkung an einen „Minderbemittelten“ zu sehen. Beträge oder Werte, die über den Schenkungssteuerfreibetrag für Ehegatten (307 000 Euro alle zehn Jahre) hinausgehen, könnten dann in der Schenkungssteuerklasse I mit sieben, vielleicht auch mit elf Prozent steuerpflichtig werden. Liegt ein solches Ehegattengeschenk bereits einige Jahre zurück, kann auch der damals geltende Freibetrag von nur 127 823 Euro in Frage kommen.

In einer Ehe darf der Fiskus grundsätzlich nur auf „unbenannte ehebedingte Zuwendungen“ eine Schenkungssteuer erheben. Gemeint sind damit Vermögensübertragungen unter Eheleuten, die ohne Gegenleistung erbracht werden. Die „unbenannte“ Zuwendung lässt sich aber sehr leicht und sehr schnell „benennen“. Und das geht so: Die Ehepartner halten am besten schriftlich und mit gemeinsamer Unterschrift fest, dass ein Konto oder ein Depot der gemeinsamen Lebensführung dient. Darunter fällt beispielsweise auch ein langfristig angelegtes Fondskonto zur Vermögensbildung und Altersvorsorge. Darüber hinaus können Eheleute schriftlich festlegen, dass „keine Schenkung beabsichtigt ist“, dass der Einzelne nicht ohne vorherige Absprache mit dem Anderen Geld abheben oder – wichtiger noch – Wertpapiere aus einem Depot oder Fondsanteile verkaufen darf. Solche schriftlichen, mit Ort und Datum ausgewiesenen Absprachen sollten entweder bei der entsprechenden Bank deponiert oder aber mit den Familiendokumenten zu Hause gut aufbewahrt werden.

Oder-Konten von Paaren ohne Trauschein können hingegen problematisch werden. Zum einen liegt der Schenkungsfreibetrag bei nur 5 200 Euro. Zum anderen sind die Steuersätze (Klasse III) relativ hoch: Bei einem Wertansatz bis 52 000 Euro werden 17 Prozent fällig, bis 253 000 Euro sind es 23 Prozent, bis 512 000 Euro 29 Prozent und bis knapp für fünf Millionen Euro 35 Prozent. Unverheiratete Lebenspartner können sich aus der Konto-Klemme befreien, indem sie sich wechselseitig Vollmacht erteilen, am besten „über den Tod hinaus“.

Die Überschreibung von Immobilien unter Eheleuten liefert hingegen kein Problem im Hinblick auf die Schenkungssteuer. Vorausgesetzt, es wird eine wichtige Bedingung beachtet: Die Wohnung oder das Eigenheim muss gemeinsam bewohnt werden. Dann spielt es keine Rolle mehr, wem was überhaupt oder vor der Ehe gehörte oder wer mit welchem Geld das gemeinsam genutzte Wohneigentum angeschafft hat. Die gemeinsame Nutzung rechtfertigt eine steuerbefreite Überschreibung, die in der Regel mit einem Eintrag ins Grundbuch verbunden ist.

Dieser Vorgang der steuerunschädlichen Überschreibung von Immobilien unter Eheleuten lässt sich sogar beliebig oft wiederholen. Doch ausgeschlossen von einer steuerbefreiten Überschreibung sind Immobilien im Ausland oder Ferien- und Wochenendhäuser. Es muss auch darauf geachtet werden, dass nicht gleich mehrere gemeinsam genutzte Wohnungen vorhanden sind, wenn eine Überschreibung stattfinden soll. jk

Der langjährige Autor unsererRubrik „Finanzen“ ist gernebereit, unter der Telefon-Nr.089/64 28 91 50Fragen zu seinen Berichten zubeantworten.Dr. Joachim KirchmannHarthauser Straße 2581545 München

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