Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

kaum haben Ulla Schmidt und Horst Seehofer ihre Pläne für das Gesundheitswesen der Jahre 2004 bis 2007 bekannt gegeben, wird in den GKVen ein hektisches Treiben ruchbar, das stark an Sommerschluss- oder gar Räumungsverkäufe erinnert. Es sind allerdings nicht die versicherten Patienten, die im Selbstbedienungsladen GKV adrenalingepeitscht mit gespreizten Ellenbögen auf Schnäppchenjagd gehen. Denn die haben sich längst daran gewöhnt, von ihren Versicherungen nichts Außergewöhnliches mehr zu erwarten.

Nein, die Versicherer selbst raffen noch einmal alles zusammen, was nicht niet- und nagelfest ist, bevor ihnen Vater Staat ab kommendem Jahr die Regale putzt. Sobald klar war, dass die GKV-Beitragssätze von 14,4 auf 13,6 Prozent in 2004 sinken sollen, stellten sich die Spitzen der GKVen vor ihre Regalwände und skandierten lauthals ihr „Geht nicht!“ Richtung Politik.

Als man dann merkte, dass die Reformer, denen das mit Problemen belastete GKVWasser inzwischen bis zum Hals steht, es diesmal tatsächlich ernst meinten, verfiel man darauf, bis Jahresende das Lager noch einmal richtig aufzufüllen: Gestützt durch das systemimmanent denkende Bundesversicherungsamt hagelte es Ankündigungen zur Anhebung der Beitragssätze.

Systemimmanent ist aber auch, dass die im eingeschränkten Semi-Wettbewerb arbeitenden BKKen mit einer Fusionswelle zusätzliche Unruhe in das GKV-Versicherungswesen bringen. Sie erhalten durch immer mehr staatliche Reglementierungen und Bürokratie jetzt ihre Quittung. In diesem Bereich belebt Konkurrenz augenscheinlich noch nicht das Geschäft.

In den angestammten Großketten der GKVen hält sich die Freude über das Schicksal der ungeliebten Newcomer allerdings in Grenzen. AOK, Ersatzkassen und Co kämpfen um den Einstieg in das Neugeschäft der Zusatzversicherungen, das mit der hybridisch angedachten Lösung im Bereich Zahnersatz erstmals ein Schwadronieren in ehemaligen PKV-Gebieten erlauben soll. Eine gesetzlich saubere Lösung ist hier noch nicht gefunden.

Dass in dieser Zeit auch das Rekordhoch der GKV-Verwaltungsausgaben aus 2002 auf den Tisch kam – acht Milliarden Euro oder 5,6 Prozent, ein Anstieg um 22 Prozent seit 1996 – tat weh. Die Springer-Presse baute schnell ein „Feind“-Bild und veröffentlichte auf der Titelseite ihres Flakschiffes die Einkommen von GKV-Vorständen – ein Vorgehen, an das sich die Kassen-Oberen wohl gewöhnen müssen, wenn künftig nicht nur die KVen und KZVen, sondern auch die Krankenkassen Transparenz über ihre Mittelverwendung schaffen müssen.

Wer in diesem Gerangel letztlich Oberwasser bekommt, obliegt zurzeit weniger dem langfristig ökonomischen Denken, eher dem der politischen Wettervorhersage.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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