Der BGH korrigiert das Mietrecht

Zurück zur Vernunft

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Vor zwei Jahren änderte die rotgrüne Regierung das Mietrecht. Wie schon so oft, korrigierte jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) eine schlampige Gesetzgebung und erlöst damit Millionen von Mietern und Vermietern aus einem rechtlichen Schwebezustand.

Im Endspurt beschloss die rotgrüne Regierung in ihrer ersten Legislaturperiode eine Reform des Mietrechts. Diese wurde nun großenteils von der höchsten deutschen Gerichtsinstanz, dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, revidiert. Zum Stichtag 1. September 2001 hatte die „Reform“ Millionen Mieter und Vermieter in eine Art rechtlichen Schwebezustand versetzt. Denn das Reformgesetz war so schwammig formuliert, dass kaum einer wusste, was nun rechtens ist. So stellten sich vor allem folgende Fragen: Welche Kündigungsfristen gelten wirklich? Darf eine Kündigung zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeschlossen werden? Und: Gilt bei der Mietminderung das neue oder das alte Recht?

Nach einem knapp zweijährigen Rechtsweg durch die Instanzen schob der BGH in einem höchstrichterlichen Urteil von Mitte Juni dieses Jahres (Aktenzeichen: VIII ZR 240/02) den Nebel um die gesetzlich neu fixierten Kündigungsfristen weitgehend beiseite.

Die Sachlage: Aufgrund des „Reformgesetzes“ können Mieter generell mit einer Frist von drei Monaten ihren Vertrag kündigen. Das sollte auch für Altverträge gelten, also für Verträge, die vor dem 1. September 2001 abgeschlossen wurden. Doch in diesen Verträgen orientiert sich die Kündigungsfrist in der Regel nach der Wohndauer in Jahren. Je länger ein Vertrag läuft, um so länger ist hier auch die Kündigungsfrist bemessen. Daran sollten nach neuem Recht aber nur die Vermieter gebunden sein. Den Mietern wurde erlaubt, auch Altverträge mit einer Drei-Monats-Frist zu kündigen. Sie waren – wenn sie auch nach langer Wohndauer rasch umziehen wollten – von ihrer Zahlungsverpflichtung aufgrund einer längeren Kündigungsfrist befreit. Nun aber urteilten die BGH-Richter: Das darf nicht sein. Es gilt der abgeschlossene Vertrag.

Verweist nun ein Mietvertrag (abgeschlossen vor dem 1. September 2001) in Sachen Kündigungsfrist lediglich auf die „gesetzlichen Regelungen“, dann allerdings gilt das umformulierte Reformrecht. Nennt der Vertrag aber die vor dem 1. September 2001 geltenden gesetzlichen Fristen explizit, dann gelten diese Fristen, gemeinhin zwischen drei und zwölf Monaten. Und noch eine Variante: Wurde ein Mietvertrag nach dem 1. September 2001 abgeschlossen, kann der Mieter nach neuem Recht nach drei Monaten kündigen, der Vermieter aber muss nach seiner Kündigung bis zu neun Monate auf den Auszug des Mieters warten.

Fazit: Reform und Richterspruch machen das Mietrecht so kompliziert, dass es ratsam ist, in dieser wichtigen Materie sicherheitshalber einen Rechtsberater einzuschalten.

Baulärm: 50 Prozent

In Sachen Mietminderung fällte der BGH Mitte Juli ein richtungsweisendes Urteil (Aktenzeichen VIII ZR 274/02). Es enthält relativ klare Aussagen, nämlich: Gleichgültig, ob es sich um einen Altoder Neuvertrag handelt – ein Anspruch auf Mietminderung hängt einzig und allein davon ab, dass der Mangel dem Vermieter rechtzeitig gemeldet wird. Reduziert nun ein Mieter innerhalb von sechs Monaten nach Anzeige des Mangels die Miete, weil der Mangel innerhalb dieser Frist nicht beseitigt wurde, muss der Vermieter die reduzierte Miete akzeptieren. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung: Hat ein Mieter schon vor Jahren Mängel reklamiert, aber die Miete nicht reduziert, ist sein Anspruch verfallen. Er hat sich dann, so die Meinung der BGHRichter, mit dem Mangel abgefunden.

Für Mieter und Vermieter kann es sehr hilfreich sein, wenigstens die „Highlights“ aus der gerichtlich abgesegneten Mängelliste zu kennen. So dürfen bei typischen Mietmängeln folgende Prozente von der Kaltmiete abgezogen werden:

• Baulärm wegen Sanierung: bis zu 50 Prozent;

• Lärmbelästigung durch die Nachbarschaft nach zehn Uhr (etwa Restaurants, Kneipen oder Diskos): bis zu 30 Prozent, bis ein Uhr nachts bis zu 37 Prozent;

• gewerbliche Prostitution im Haus: bis zu 20 Prozent;

• Schimmel und Feuchtigkeit in der Wohnung: bis zu 15 Prozent;

• unzumutbare Geruchsbelästigung durch Gaststätten oder Gewerbe: bis zu zwölf Prozent;

• komplette Einrüstung des Hauses: bis zu zehn Prozent;

• defekte Gemeinschaftswaschmaschine: bis zu fünf Prozent.

Und schließlich erlaubte das Amtsgericht von Berlin-Charlottenburg einem Mieter eine Mietkürzung um 0,5 Prozent, weil dieser einen „zu kleinen Briefkasten“ moniert hatte.

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