Höhere Erbschaftsteuern rechtzeitig vermeiden

Dem Fiskus einen Haken schlagen

Die Steuerschröpfer von Berlin haben noch eine Giftpille in der Hinterhand, die sie offenbar in aller Ruhe dem Wahlvolk verabreichen wollen: eine Erhöhung und Neuordnung der Erbschaft- und Schenkungssteuer. Wer jedoch nach dem geltenden Recht im vorhinein sein Erbe regelt, kann die Erbschaftsteuer vermeiden oder aber erheblich senken.

So umständlich und weltfremd, wie die amtierende Regierung derzeit die Steuergesetzgebung umkrempelt oder auf den Kopf stellt, so benennt sie auch die entsprechenden Gesetze: Am 21. November 2002 beschloss das Bundeskabinett ein „Steuervergünstigungsabbaugesetz“, im Kürzel das „SteVerAbG 3. Version“. Der Bundestag soll es am 21. Februar 2003 als geltendes Recht verabschieden. Doch dieses Gesetz, an dem sicherlich viele Staatsjuristen mitgearbeitet haben, ist schon für den Rechtslaien grob verfassungswidrig. Denn es behandelt gleiche Steuerquellen ungleich und missachtet den in der Verfassung verankerten Vertrauensschutz darauf, dass Gesetze, auf die man sich bei langfristig gültigen Entscheidungen verlassen hat, auch für die Zukunft gelten müssen.

Ein Gesetz jedoch, das vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig angeprangert wurde, das somit dringend einer Neuregelung bedarf, ruht noch unangetastet im Giftschrank der Regierung: Das Gesetz zur Regelung der Erbschaft- und Schenkungssteuer. Grob verfassungswidrig an diesem Gesetz ist, dass Immobilien-, Firmen- und Geldvermögen bei der Bemessung der Erbschaftsteuer (die zugleich die Schenkungssteuer abdeckt) ungleich behandelt werden. Immobilien nämlich, die in der Regel, gemessen am Wert, den Großteil einer Erbschaft ausmachen, gehen im Schnitt derzeit nur etwa zur Hälfte ihres Marktwertes in die Berechnung der Erbschaft- oder Schenkungssteuer ein. Geldwerte Wertpapiere hingegen werden bemessen am Kurs- oder Valutawert des Tages, an dem der Erblasser verstorben ist.

Nicht zuletzt wegen der vom höchsten deutschen Gericht monierten Ungleichbehandlung von Immobilien- und Geldvermögen wurde im Jahr 1997 von der damals konservativen Regierung die Vermögensteuer nicht wieder in Kraft gesetzt. Aber auch diese Steuer soll wiederkehren und trotz eines geplanten Freibetrags von 300 000 Euro pro Person doppelt so ergiebig sprudeln wie ihre nicht verfassungskonforme Vorgängerin. Bei der Wiederbelebung dieser Steuer klingt auch an, wie der Gesetzgeber diese selbst beim Fiskus ungeliebte Steuer zu einer ergiebigen Quelle machen will: Privat genutzte Immobilien sollen nicht mehr nur zu rund 50 Prozent, sondern zu 80 Prozent ihres wahren Wertes mit dem Vermögensteuersatz von mindestens einem Prozent belegt werden.

Und was bei der Vermögensteuer gilt, müsste eigentlich auch bei der Bemessung der Erbschaft- und Schenkungssteuer gelten – wenn es dem amtierenden Gesetzgeber nicht wieder gefällt, die gleiche Steuerquelle ungleich zu behandeln. Daraus folgt: Wer vor in Kraft treten der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungssteuer sein Vermögen vorab an seine Erben verschenkt, kann bei Immobilien noch mit 50 Prozent Wertansatz kalkulieren. Überdies sind die (noch) geltenden Freibeträge nicht gerade unlukrativ: Ehegatten können bei Erbschaften 307 000 Euro in Anspruch nehmen. Bei Kindern sind es pro Kind und Elternteil 205 000 Euro. Enkeln wird ein Freibetrag von 51 200 Euro zugestanden.

Verwandtschaft

Die Steuersätze richten sich nach dem Verwandtschaftsgrad. Ehegatten, Kinder, Stiefkinder und Enkel, falls das Kind des Erblassers bereits verstorben ist, wie auch Urenkel, Eltern und Großeltern zahlen zwischen sieben Prozent (bei einem Vermögen bis 52 000 Euro) und 30 Prozent (bei mehr als 25 565 000 Euro). In der Größenordnung zwischen 256 000 Euro, 512 000 Euro und bis zu 5 113 000 Euro fallen im Erb- oder Schenkungsfall elf, 15 und 19 Prozent Steuern an. Damit liegt im internationalen Vergleich die deutsche Erbschaftsteuer am unteren Ende. Derzeit beträgt das Erbschaftsvolumen rund acht Billionen Euro, etwa zu 47 Prozent als Geld- und zu 46 Prozent als Immobilienvermögen ausgewie- sen. Pro Erbfall gehen im Schnitt rund 160 000 Euro in andere Hände über. Rund drei Milliarden Euro kassierte der Fiskus bislang jährlich aus der Vermögensteuer, bei stark steigender Tendenz. So verdreifachte sich im letzten Jahrzehnt das Aufkommen.

Konstruktive Kraft einer Schenkung

Aber noch können alle, die ein Vermögen zu vererben haben, dem Fiskus ein Schnippchen schlagen – indem sie zu den noch geltenden Bedingungen weit vor dem möglichen Erbfall ihr Vermögen an die künftigen Erben verschenken. Unter Ausnutzung der noch großzügig bemessenen Freibeträge lässt sich ein Durchschnittsvermögen, zumeist eine Mixtur aus Immobilien und Geldvermögen in Form von Wertpapieren, im Rahmen einer Schenkung nicht selten völlig steuerfrei stellen.

Die Schenker werden dadurch keineswegs bettelarm. Wenn nämlich Eigentum rein juristisch durch eine Schenkung in neue Hände übergeht, kann sich der Schenker den so genannten Nießbrauch vorbehalten. Nießbrauch bedeutet ganz allgemein die wirtschaftliche Weiternutzung von verschenkten Gütern. Nießbrauch kann beispielsweise bei Immobilien bedeuten: Lebenslanges Wohnrecht im selbst genutzten, aber verschenkten Wohneigentum. Bei vermieteten Immobilien kann sich der Schenker die Einnahmen der Mieterträge vorbehalten, während der Unterhalt oder auch die Weiterfinanzierung des Objekts mit den damit womöglich verbundenen Steuervorteilen auf den neuen Eigentümer übertragen wird.

Bei verschenktem Geldvermögen können sich die Schenker die Nutzung der Erträge vorbehalten oder etwa ihre Anteile an einem Aktienfonds mit der Auflage verschenken, dass der Schenker bis an sein Lebensende einen Entnahmeplan aktivieren darf. Dabei muss nicht einmal die selbst genehmigte Monatsrente in ihrer Höhe dauerhaft festgelegt sein. Der Vertragsfreiheit sind im Falle des Nießbrauchs praktisch keine Grenzen gesetzt. So kann auch festgelegt werden, dass der Beschenkte die Schenkung ohne die Zustimmung des Schenkers nicht veräußern darf, solange sie mit einem Nießbrauch belastet ist. Oder aber er muss ein gleichwertiges Äquivalent zur Verfügung stellen.

Eine Schenkung von Immobilien muss notariell beglaubigt werden. Aber auch bei der Verschenkung von Wertpapieren, die größere Summen darstellen, sollte eine notarielle Schenkungsurkunde ausgefertigt werden. Die Gebühren hierfür halten sich in einem erträglichen Rahmen. So fallen bei einem Geschäftsumfang von 250 000 Euro nur etwa 500 Euro an Notargebühren an. Außerdem ist der Notar von Amts wegen nicht nur Vorleser der Schenkungsurkunde. Er ist auch ihr neutraler Interpret und darf sogar um Rat gefragt werden. In komplexen Angelegenheiten ist es ratsam, einen in Sachen Erbrecht fachkundigen Anwalt und auch einen Steuerberater zu konsultieren.

Beim Jonglieren mit den Schenkungsfreibeträgen sollte man nicht kleinlich sein. Auch wenn der Freibetrag um 50 000 oder gar 100 000 Euro überschritten wird, kann eine Schenkung steu- erlich immer noch ungemein „preiswert“ ausfallen. Denn zu versteuern ist dann nur der Betrag, der den Freibetrag überschreitet. Dann werden unter Blutsverwandten in aller Regel nur sieben, bestenfalls elf Prozent Steuern auf den überschießenden Betrag fällig. Das dürfte weit weniger sein, als nach einer Neufassung der Erbschaft- und Schenkungssteuer zu zahlen ist. Darauf zu vertrauen, dass (wie bislang) alle zehn Jahre der Freibetrag erneut in der gegenwärtigen Höhe fällig wird, ist wohl eine gewagte Spekulation.

Tricks zur Erreichung der Freibeträge

Es gibt auch diverse Tricks, die Freibetragsgrenzen so zu beeinflussen, dass sie, wenn sie normalerweise nicht ausreichen oder überschritten werden, trotzdem mit ihrem Steuerspareffekt zum Tragen kommen. So lässt sich eine Immobilie mit Schulden belasten. Dadurch lässt sich der Steuerwert in dem Maße senken, dass die Schenkungs- Freibeträge nicht überschritten werden. Per Nießbrauch lässt sich regeln, dass der Beschenkte das aufgenommene Darlehen zu tilgen hat. Ist die betreffende Immobilie vermietet, lässt sich daraus bei der Anrechnung der Zinsen als Werbungskosten ein weiterer Steuervorteil ableiten.

Zum anderen erlaubt das noch geltende Steuerrecht die Besteuerung von Geldvermögen nach den Vorgaben für die Immobilienbesteuerung. Dann allerdings muss der Schenker ausdrücklich festlegen, dass das verschenkte Geld für den Kauf eines bestimmten Grundstücks oder einer bestimmten Wohnimmobilie zu nutzen ist. Statt zu 100 Prozent wird eine solche zweckbestimmte Donation im Wert dann nur noch zu rund 50 Prozent angesetzt. Dann tut der Fiskus so, als hätte der Beschenkte nach dem Willen und im Namen des Schenkers gehandelt. In solch delikaten Fällen sollte man aber einen Steuerberater konsultieren.

Soll mit diversen Schenkungen ein komplizierter Erbgang geregelt werden, kommt nicht nur das Steuerrecht, sondern auch das Erbrecht als solches in Betracht. Dann spielen beispielsweise die Pflichtteile der gesetzlichen Erben eine Rolle. Sind mehrere von Gesetzes wegen Erbberechtigte (das sind in erster Linie die Ehefrau und die gemeinsamen Kinder) im Spiel, bilden diese eine Erbengemeinschaft. Erbengemeinschaften geraten aber sehr häufig in Streit. Der lässt sich im vorhinein vermeiden, wenn der Erblasser bereits zu Lebzeiten mit seinen künftigen (mündigen und damit geschäftsfähigen) Erben einen Erbvertrag schließt. Diese Regelung vor Gericht in Frage zu stellen, ist nicht gerade aussichtsreich.

Auch das Testament, das jeder erwachsene Mensch für den Fall des Falles eigentlich abgefasst haben müsste, sollte unter fachkundiger Beratung niedergelegt werden, zumal, wenn es um nennenswerte Vermögenssummen geht. Wird es notariell beglaubigt und beim Nachlassgericht hinterlegt, kann die Erbregelung in der vom Erblasser gewünschten Weise und zudem kostengünstig in die Wege geleitet werden. Niemand hat dann beispielsweise die Möglichkeit, ein wichtiges Testament einfach verschwinden zu lassen. Immerhin: Rund 90 Prozent aller Testamente, mit denen es die Nachlassgerichte bei den Amtsgerichten zu tun bekommen, sind widersprüchlich, unvernünftig (so etwa das beliebte Berliner Testament) oder gar unwirksam (weil oft nicht formgerecht abgefasst). Das Nachlassgericht erteilt für jeden Erben einen Erbschein. Nur damit kann er über das Erbe verfügen.

Es gibt noch einen anderen Weg, Familienvermögen steueroptimiert zu vererben: durch die Gründung einer Vermögensverwaltungsgesellschaft, entweder in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), einer Kommanditgesellschaft (KG) oder auch einer GmbH & Co. KG. Allerdings lohnt sich der Aufwand erst, wenn sich das zu vererbende Vermögen auf mehr als zwei Millionen Euro beläuft.

• Im Detail beschrieben wurde diese Strategie in den Zahnärztlichen Mitteilungen Nr. 17 vom 1. 9. 2000 ab Seite 84 unter dem Titel „Eine steueroptimierte Vererbungsstrategie: Mit dem Familienvermögen eine Firma gründen“.

Auf einen kurzen Nenner gebracht, funktioniert diese Strategie wie folgt: Der oder die Erblasser wie auch die künftigen Erben werden Gesellschafter einer Vermögensverwaltungsgesellschaft. Die künftigen Erben bekommen den ihnen zustehenden Gesellschafteranteil geschenkt. Dafür können die heute noch geltenden hohen Freibeträge in Anspruch genommen werden. Hinzu käme ein 40-prozentiger „Bewertungsabschlag“. Die Vorteile einer solchen „Familienfirma“: Immobilienvermögen, von Hause aus nur schwer und nicht immer gerecht und gleichmäßig teilbar, kann ungeteilt in das Firmenvermögen eingebracht und prozentual auf die Firmengesellschafter verteilt werden. Ferner ist der Schenker nicht mehr an die gesetzliche Vererbung von Pflichtanteilen gebunden. Er kann auch weniger nahe Verwandte, sogar Familienfremde als Familiengesellschafter aufnehmen, die dann dennoch in den Genuss der günstigen Steuerklasse I kommen. Für die Gründung einer Vermögensverwaltungsgesellschaft ist die Begleitung eines fachkundigen Anwalts unabdingbar. Die Kosten hierfür: ab etwa 5 000 Euro.

Der langjährige Autor unserer Rubrik „Finanzen“ ist gerne bereit, unter der Telefon-Nr.089/64 28 91 50Fragen zu seinen Berichten zubeantworten.

Dr. Joachim KirchmannHarthauser Straße 2581545 München

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