Öko-Test von Zahnpasten

Ein Bärendienst für den Verbraucher

Typische Sommerloch-News: Die Titelseite der August-Ausgabe 2003 des Magazins Öko-Test schockt mit der Schlagzeile „Zahnpasta – So machen Sie sich die Zähne kaputt“. Nur sechs von 30 bewerteten Produkten schneiden mit „sehr gut“ ab, darunter zwei fluoridfreie Zahnpasten. Dagegen werden eine Reihe fluoridhaltiger Zahnpasten „wegen gesundheitsschädlicher Inhaltsstoffe“ nur mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet. Fazit: Verwirrung pur für den Patienten. Deshalb hier eine Klarstellung aus wissenschaftlicher Sicht.

In der Inhaltsübersicht des Magazins wird empfohlen, angesichts künftiger Zuzahlungen für Zahnarztbesuche „besser schleunigst auf eine der wenigen ordentlichen Marken“ umzusteigen. So wird der Verbraucher nun tatsächlich ratlos und verunsichert sein, denn unter der Rubrik „Tipps für gesunde Zähne“ weist Öko-Test darauf hin, wie wichtig Fluoride für die Zahngesundheit sind. Trotzdem fließen weder der Fluoridgehalt in die Bewertung ein, noch wird die Wirksamkeit der Produkte geprüft oder gar bewertet.

Gesetzlich festgelegt

Zahnpasten müssen ohne Zweifel gesundheitlich unbedenklich, aber auch wirksam sein. Das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz legt deshalb fest (§ 24): „Es ist verboten, kosmetische Mittel (dazu gehören bekanntlich auch Zahnpasten) für andere derart herzustellen oder zu behandeln, dass sie bei bestimmungsgemäßem oder vorherzusehendem Gebrauch geeignet sind, die Gesundheit zu schädigen ...“ Was sind laut Öko-Test die vermeintlich gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffe in Zahnpasten?

1. Das Tensid Natriumlaurylsulfat (NLS) wird zum wiederholten Male als „gefährlicher Schaumschläger“ bezeichnet, der „Zahnfleisch reizt und Zähne möglicherweise anfälliger für Karies macht“. NLS ist klinisch und toxikologisch gut untersucht. Konzentrationen bis zu zwei Prozent gelten als unbedenklich. Eine entsprechende Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) aus dem Jahre 1993 wurde erst kürzlich aus dem Verzeichnis der wissenschaftlichen Stellungnahmen herausgenommen, weil der Vorstand gehofft hatte, die Diskussion habe sich mittlerweile definitiv erledigt.

2. Duftstoffe (vor allem Eugenol), die Allergien auslösen können, werden erstmalig zur Beurteilung von Zahnpasten herangezogen. Hier wird einer anstehenden Novellierung der Kosmetikverordnung vorgegriffen. Es ist zu begrüßen, wenn potenzielle Allergene künftig deklariert werden müssen.

3. Ein weiterer Stein des Anstoßes sind Polyethylenglykol (PEG)-Verbindungen. Das war auch in vorangegangenen Berichten zu lesen. Diese Stoffe sind Emulgatoren, die das Feststoff-Wasser-Öl-Gemisch der Zahnpaste stabilisieren. Sie seien in der Lage, „die Schleimhaut durchlässig für Schadstoffe zu machen“. Dazu ist grundsätzlich erst einmal festzustellen, dass Zahnpasten keine Schadstoffe enthalten dürfen, sondern ausschließlich toxikologisch unbedenkliche Substanzen. Insofern ist dieser Vorwurf irrelevant. Öko-Test verurteilt pauschal alle Emulgatoren, ohne die eingesetzte Menge zu berücksichtigen und ohne zwischen den einzelnen sehr zahlreichen PEG-Verbindungen zu unterscheiden. Die Deutsche Gesellschaft für Dermopharmazie konstatiert in einer Stellungnahme (2001), dass die „generelle Annahme einer penetrationsfördernden Wirkung von PEG-Verbindungen nicht sachgerecht ist“. Beispielsweise ist das vielfach in Zahnpasten eingesetzte PEG-40 Hydrogenated Castor Oil (hydriertes, mit PEG-40 umgesetztes Riziniusöl) einer der am besten schleimhautverträglichen und toxikologisch geprüften Inhaltsstoffe in Zahnpasten.

4. Schließlich wird vor dem „aggressiven Bakterienkiller Triclosan“ gewarnt, der die Leberfunktion beeinträchtigen könne. Triclosan wird seit Jahrzehnten als Desinfektionsmittel in Kosmetika verwendet und gilt auch als wichtiger dermatologischer Wirkstoff in Fertigarzneimitteln. In der europäischen Kosmetikverordnung ist Triclosan als Konservierungsstoff zugelassen. Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat Triclosan als nicht toxisch und sicher für die topische und orale Anwendung (Zahnpasten) bewertet. Wegen der geringen Konzentration in Zahnpasten und Spüllösungen besteht kein gesundheitliches Risiko und der Hinweis auf Leberschädigungen ist haltlos. Summa summarum:

• Öko-Test hat die Wirksamkeit von Zahnpasten nicht getestet, sondern lediglich deren Inhaltsstoffe bewertet. Diese Bewertung enthält falsche Verallgemeinerungen.

•  Der aus zahnmedizinischer Sicht wichtigste Wirkstoff Fluorid hat bei der Bewertung keine Rolle gespielt. Dem Verbraucher wurde damit ein Bärendienst erwiesen.

Prof. Dr. Gisela HetzerLeiterin der Abteilung KinderzahnheilkundeUniversitätsklinikum Carl Gustav Carus derTU Dresden, Zentrum für Zahn-, MundundKieferheilkundeFetscher Str. 7401307 Dresden

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