So gehen Sie am besten vor

Sinus-lift-Operation mit intraoral gewonnenen Knochentransplantaten

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Heftarchiv Zahnmedizin
Für die Insertion enossaler Implantate im posterioren Bereich des Oberkiefers ist häufig aufgrund atrophischer Kieferverhältnisse eine knöcherne Augmentation des Sinusbodens erforderlich [Eufinger et al. 1996]. Boyne und James beschrieben erstmals 1980 die Augmentation des Sinusbodens mit autologem Knochen vom Kieferkamm her und diese Methode wurde mehrfach modifiziert. Die nachfolgende Arbeit schildert das systematische Vorgehen dieses inzwischen auch in der Praxis gängigen Verfahrens.

Das operative Vorgehen entspricht heute einer modifizierten Technik nach Caldwell-Luc. Über eine vestibuläre Schnittführung wird eine laterale Osteotomie der Maxilla durchgeführt, die Kieferhöhlenschleimhaut angehoben und der benötigte Knochen dem Kieferhöhlenboden aufgelagert.

Da sich in den letzten 20 Jahren die Insertion enossaler Implantate zur Rehabilitation nach Zahnverlust immer mehr als Alternative zur konventionellen Prothetik etabliert hat, haben sich auch die Operationsmethoden weiter entwickelt, um fehlenden Knochen zu ersetzen. Dazu gehören neben dem Sinus-lift die Le Fort I Osteotomie und auch die laterale Augmentation mit einem Beckenspan bei Kreuzbiss-Situation durch extreme Oberkieferatrophie [Erbe et al. 1996].

Auch minimal invasive endoskopisch unterstützte Sinusbodenaugmentationen werden durchgeführt [Deckwer und Engelke 1998]. Es werden verschiedenste Materialien zur Augmentation verwendet. Das Spektrum reicht vom autologen Knochen [Block und Kent 1997] über Mischungen aus autologem Knochen und Knochenersatzmaterial [Reinhardt und Kreusser 2000] bis hin zu „Bone Morphogenetic Proteins“ [Raghoebar et al. 1997].

Wenn autologe Knochentransplantate verwendet werden, wird der benötigte Knochen entweder intraoral aus dem Tuber maxillae, der Linea obliqua, der Kinnregion oder aus dem Beckenkamm gewonnen.

Die in diesem Bericht dargestellten Sinuslifts wurden alle mit autologen Knochentransplantaten, dem „Goldstandard“, augmentiert [Khoury 1999]. Von Bedeutung sind die unterschiedlichen anatomischen Morphologien der Kieferhöhlen (Abbildung 1). Die anatomische Struktur, zum Beispiel die Bildung von Knochensepten, kann mitverantwortlich für den Erfolg der Operation sein [Szabo und Toth 2001].

Material und Methoden

Anhand von Fallbeispielen möchten wir die Vorgehensweise der Sinus-lift-Operation demonstrieren, wie sie seit 1991 in der Klinik für Mund-, Kiefer-, und Gesichtschirurgie der Universität Kiel durchgeführt wird. Nach klinischer und radiologischer Befunderhebung wird der Patient über den Umfang und das Risiko des bei ihm geplanten Eingriffs aufgeklärt und beraten.

Zur radiologischen Diagnostik sind eine Panoramaschichtaufnahme und eine Nasennebenhöhlenaufnahme notwendig. Eine koronare Computertomographie der Nebenhöhlen, ein Denta-CT oder eine 3-D-Visualisierung benötigt man nur in Fällen, in denen keine eindeutige Diagnose auf den konventionellen Röntgenbildern gestellt werden kann [Kreusch et al. 1993, König et al. 1996].

Sobald das Volumen des benötigten Knochens durch Modellanalyse und radiologische Diagnostik festgelegt ist, wird die Spenderregion bestimmt (Abbildungen 2a und 2b). Vielfach genügt Knochen, der aus der Mundhöhle in Lokalanästhesie als Knochenstück von der Linea obliqua gewonnen und mit der Knochenmühle vor der Augmentation zu Knochenmehl verarbeitet werden kann (Abbildungen 3a bis 3c). Bei größeren Defiziten entnehmen wir das Transplantat vom Beckenkamm in Intubationsnarkose. Mit dem entsprechenden Instrumentarium, den Trokaren, lässt sich schonend genügend Spongiosa entnehmen (Abbildungen 4a und 4b). Die geringe Morbidität dieser Art der Knochengewinnung konnten wir in einer Studie aus 2001 belegen [Behrens et al 2001].

Mit der Modellanalyse und dem Herstellen der Bohrschablone sind die präoperativen Maßnahmen abgeschlossen (Abbildung 5). In den folgenden Abbildungen sind die einzelnen Schritte der Operation dargestellt. Die Panoramaschichtaufnahme zeigt ein prothetisch und konservierend versorgtes Lückengebiss mit einer Freiendsituation im Oberkiefer links. Nach Zahnfleischrandschnitt und Abklappen des Mukoperiostlappens folgt die Bildung eines Knochendeckels mit einer diamantierten Kugelfräse (Abbildungen 6a bis 6c). Da diese Präparation sehr vorsichtig ohne Perforation der fragilen Kieferhöhlenschleimhaut durchgeführt werden sollte, empfehlen wir dem Anfänger Übungspräparationen am rohen Ei, wie wir sie auch in Studentenkursen und in Fortbildungsveranstaltungen lehren (Abbildungen 7a bis 7c).

Als nächstes folgt das Anheben des Knochendeckels und der Schleimhaut mit dem Sinus-lift Instrumentarium (Altatec) nach kranial (Abbildung 8a). Sollte es zur Perforation der Schleimhaut kommen, wird diese vernäht oder besser mit Fibrinkleber abgedeckt [Szabo und Toth 2001]. Nach Vorgabe durch die Bohrschablone zur Positionierung der Implantate kann jetzt die Pilotbohrung durchgeführt werden (Abbildung 8b). Es folgt die transmaxilläre Implantatfixation. Danach wird der kleingemahlene und der im Knochenkollektor bei der Implantatbohrung angefallene Knochen zirkulär um die Implantate angehäufelt. Nach Überprüfen der Primärstabilität der Implantate wird die Wunde mit Einzelknopfnähten verschlossen (Abbildung 9a bis 9c). Sechs Monate später erfolgt die Implantatfreilegung. Nach Ausformung der Papillen mit den Gingivaformern wird die prothetische Versorgung hergestellt und eingegliedert (Abbildungen 10a bis 10d).

Ergebnisse

Von 1991 bis 2002 wurden in unserer Klinik 220 Sinus-lift Operationen durchgeführt, bei denen 460 Implantate gesetzt wurden. Als Knochentransplantate wurde in 86 Fällen Spongiosa aus dem Beckenkamm transplantiert, in 64 Fällen kortikospongiöser Span und bei 70 Patienten intraoraler Knochen.

Von den insgesamt 460 inserierten Implantaten wurden 321 des ITI-Systems gesetzt, 32 Implantate des IMZ Typs, 62 Schraubenimplantate des Camlog-Systems, 38 Frialit-Implantate, vier Calcitek-Implantate und drei Brånemarkimplantate (Tabelle 1). Die Implantatverluste des jeweiligen Implantatsystems sind in Tabelle 1 in Klammern dargestellt, von 460 gesetzten Implantaten gingen 16 (3,9 Prozent) verloren. Postoperative Komplikationen wurden anhand der Unterlagen aus der stationären Nachsorge und aus Kontrolluntersuchungen in der präprothetisch-implantologischen Sprechstunde evaluiert. In 26 Fällen kam es zur Perforation der Kieferhöhle, in drei Fällen wurde in die Nasenhöhle perforiert. Postoperative Infektionen traten bei 15 Patienten auf, alle erhielten Antibiotika über fünf Tage. Ausgeprägte Hämatome über den Tag der Nahtentfernung hinaus wurden in 16 Fällen beobachtet (Tabelle 2).

Postoperative Infekte in 15 Fällen innerhalb der 100 Tage nach Sinuslift haben in keinem Fall zum Implantatverlust geführt und es musste kein Transplantat entfernt werden.

In Abhängigkeit vom lokalen Knochenangebot wurde in 91 Fällen die Sinus-lift-Operation zusammen mit der Implantatinsertion, in 129 Fällen zweizeitig durchgeführt.

Diskussion

Trotz postoperativer Infektionen, die in unserem Patientengut in 15 Fällen auftraten, sahen wir nie schwere purulente Sinusitiden, wie sie von Timmenga und Mitarbeitern in zwei Case-reports beschrieben werden [Timmenga et al. 2001]. Eine vorübergehende Sinusitis maxillaris wird in der Literatur mit einer Inzidenz von null Prozent bis 20 Prozent angegeben und von uns in 8,3 Prozent der Fälle beobachtet [Tidwell et al. 1992, Kent und Block 1993, Raghoebar et al. 1997]. Schug und Dumbach beschreiben 1999 das Problem der Dislokation enossaler Implantate in die Kieferhöhle, wir haben diese Komplikation bisher nicht beobachtet. Perforationen der Kieferhöhlenschleimhaut, die wir in 26 Fällen (14,4 Prozent, Tabelle 2) unserer Patienten sahen, sind in der Literaturübersicht häufig beschrieben. Jensen und Mitarbeiter fanden sie in 35 Prozent von 45 Fällen, Raghoebar und Mitarbeiter sahen Perforationen bei 28 von 43 durchgeführten Sinus-lifts [Jensen et al. 1994, Raghoebar et al. 1997]. Es wurden jedoch keine Komplikationen nach diesen Perforationen beobachtet, wenn sie durch resorbierbare Nähte oder Fibrinkleber verschlossen wurden [Gutwald und Schmelzeisen 1998]. Für Szabo und Toth gilt die nicht intra operationem diagnostizierte Perforation als großer Risikofaktor [Szabo und Toth 2001].

Transplantatverluste konnten wir nicht beobachten (Tabelle 2). Kaptein und Mitarbeiter erreichen in einer Studie von 1999 bei 388 inserierten Implantaten eine Überlebensrate von 90 Prozent. Wir konnten nach zehn Jahren 94,4 Prozent erreichen (Tabelle 3).

Unsere retrospektiven Ergebnisse von 1991-2002 zeigen, dass bei 220 Sinus-lift-Operationen im Verlauf von mehr als zehn Jahren keine Langzeitkomplikationen beobachtet werden konnten. Die Morbidität ist gering.

Die Sinusbodenaugmentation als präoperative Maßnahme zur Insertion enossaler Implantate ist mit autologem Knochen klar konzipiert und kann bei einer Überlebensrate von 94,4 Prozent an 460 inserierten Implantaten empfohlen werden.

Zusammenfassung

Die Sinus-lift-Operation ist ein standardisiertes Operationsverfahren, das sich in den letzten zehn Jahren als Routineeingriff zur knöchernen Augmentation des atrophischen Oberkiefers vor der Insertion enossaler Implantate zur prothetischen Rehabilitation etabliert hat. Neben dem autologen Knochen als Transplantat sind inzwischen verschiedene Alternativen entwickelt worden. Die intraorale Spenderregion mit Augmentation in Lokalanästhesie ist ohne Komplikationen durchführbar. Bei einer Überlebensrate der enossalen Implantate nach 220 Sinus-lift-Operationen von über 90 Prozent nach zehn Jahren halten wir diese präprothetische Operation als Alternative zur konventionellen Prothetik für sinnvoll.

Dr. med. dent. Eleonore BehrensProf. Dr. med. Dr. med. dent. Franz HärleKlinik für MKG-Chirurgie,UniversitätsklinikumSchleswig-Holstein, Campus KielArnold-Heller-Straße 1624105 Kiel

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Ergebnisse

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Implantate bei 220 Sinus-Lifts (n = 460)

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■ ITI

n = 321

(9)

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■ IMZ

n =   32

(3)

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■ Camlog

n =   62

(2)

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■ Frialit II

n =   38

(1)

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■ Calcitek

n =    4

(0)

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■ Brånemark

n =    3

(0)

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