Leitartikel

Hallo, Herr Kaiser!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Herr Kaiser kommt! Vielleicht kennen Sie ihn ja schon, den Versicherungsvertreter, der Ihnen in Ihrer Praxis das Konzept seiner Zusatzversicherungen für die zahnmedizinische Behandlung Ihrer Patienten ausführlich darlegen will. Wenn nicht, werden Sie ihn wohl noch kennen lernen. „Herr Kaiser“ – oder wie der Mann auch heißen mag – macht sich jedenfalls schon warm für den Einstieg in das Hybrid-Versicherungsgeschäft zwischen GKV und PKV.

Rüttelten die schon jetzt angebotenen Zusatzversicherungen, die fast jede gesetzliche Krankenkasse mit einem privaten Krankenversicherer entwickelt hat, an den bisher noch eisern verteidigten Zitadellen gestriger GKV-Hegemonialmacht, so wird mit den neuen gesetzlichen Zahnersatz-Regelungen ab 2005 erneut die etablierte GKV Federn lassen (müssen). Kostenerstattung und Festzuschüsse, Eigenbeteiligung und Selbstbehalt, Bonusprogramme und Beitragsrückerstattung brechen das starre GKV-Gefüge auf und leiten den überfälligen Paradigmenwechsel ein.

Ich zweifle aber, ob dieser Aufbruch zum Zusammenbruch führen wird. Für mich wird mittelfristig die GKV stabilisiert und weiterhin am Leben erhalten bleiben. Und das heißt für mich weiter, politische Veränderungen im Gesundheitssystem werden aus diesem internen GKV-/PKV-Pakt kommen. Der GKV kann es recht sein, und die PKV hat eine lockende Perspektive. Kommt die Bürgerversicherung, bleibt ihr ohnehin nur das Zubrot der Zusatzversicherung, dann ist sie jetzt schon im Geschäft. Kommt die Kopfpauschale, so hat sie neben ihrer Stammklientel schon jetzt auch ihren Fuß in der GKV-Kundenkartei.

Aber es ist eben kein Einstieg in den Ausstieg aus der GKV. Wer hier die ersten Anzeichen zu einer Totalentrümpelung der gesundheitspolitischen Landschaft vermutet, freut sich zu früh.

Ich würde diese Hoffnung nähren wollen, wenn es denn Anzeichen auch in der Politik gäbe, nachhaltige Veränderungen in diese Richtung vorzunehmen. Ich sehe sie derzeit nicht. Die SPD geht mit der von ihr propagierten Bürgerversicherung eher in die genau entgegengesetzte Richtung. Die Grünen sind zu sehr damit beschäftigt, ihre Windräder weiter zu subventionieren, als sich um Gesundheitspolitik zu kümmern. Die FDP hat sicherlich den richtigen Weg gefunden und wirbt kräftig dafür, aber niemand hört zu. Auch die CDU nicht mehr. Sie hat die Herausnahme der zahnärztlichen Behandlung aus der GKV, ja selbst nur die Herausnahme des Zahnersatzes aus dem Programm gestrichen, weil sie sich bei ihrer Werbetour für die Kopfpauschale oder besser Gesundheitsprämie keine parallel zu verkaufenden Ausstiegsmodelle leisten will.

Ich sehe daher derzeit das genaue Gegenteil Die neue Partnerschaft zwischen PKV und GKV zeigt mir, wohin in den nächsten Jahren der Weg zu Veränderungen geht und wohin der Wind zu Reformansätzen weht.

Aber mit Blick auf die langfristige Entwicklung der gesundheitspolitischen Reformen ist festzustellen, dass seit 1989 – immer im Vier-Jahres-Takt, immer zwischen den Wahlen – nach exaktem Muster neue Reformgesetze verabschiedet wurden. Diese Gesundheitspolitik der langen Wellen deutet auf weitere Reformen in regelmäßiger Folge, angetrieben durch die strukturell bedingte Finanzierungslücke der GKV. Wer im Reformen-Meer nicht im Tal dümpeln, sondern auf diesen Wellen reiten will, muss auf Kurs bleiben. Denn die uns wichtigen Themen erstrecken sich über mehrere Reformzyklen oder kehren wieder. Das galt für die befundorientierten Festzuschüsse bis zur ersten Etablierung, das gilt auch künftig für die Kostenerstattung. Ein Vorgang, der uns allen zu denken geben sollte.

Die Konsequenz aus dieser Erkenntnis liegt auf der Hand: Will die Zahnärzteschaft Einfluss auf die Gesundheitspolitik behalten, ist es notwendig, auch weiterhin innerhalb des GKV-Systems diesen Einfluss zu nehmen. Wir müssen bei der Veränderung des GKVSystems auch weiterhin unsere kontinuierliche Überzeugungsarbeit leisten und uns einmischen, wo es geht. So sicher, wie die GKV nicht abgeschafft wird, ist auch: KZBV und KZVen werden in Zukunft hörbare Akteure bleiben müssen.

Nicht nur, weil Herr Kaiser kommt.

Mit kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzAmtierender Vorsitzender der KZBV

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