Weihnachten im Betrieb

Alle Jahre wieder ...

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…klingeln die Alarmglocken für das Praxiskonto. Der Chef stemmt im November eine ordentliche finanzielle Belastung, wenn den Mitarbeitern ihr Weihnachtsgeld auf dem Konto gutgeschrieben wird. Kommt die Weihnachtsfeier hinzu, vielleicht mit einer Tombola oder kleinen Präsenten… Klug, wenn er in diesen Punkten gut informiert entscheidet, damit die Folgen dieses und die nächsten Jahre für ihn überschaubar bleiben.

Die Weihnachtsfeier steht an. Essen gehen? Ins Theater? Ein abendliches Festessen mit Übernachtung anbieten? Oder die Praxis heimelig herrichten und dort feiern, wo sonst gearbeitet wird? Für welche Örtlichkeit und Zeit auch immer der Praxischef sich entscheidet, seine Mannschaft genießt grundsätzlich dort sowie auf dem Hin- und Rückweg den gesetzlichen Unfallschutz durch die Berufsgenossenschaft für Wohlfahrtsdienst und Heilfürsorge (BGW) in Hamburg.

Wenn der Betrieb bummelt

Denn „betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen fördern die Unternehmenskultur. Sie wirken sich positiv auf das Arbeitsklima und die Leistungen der Beschäftigten aus,“ begründet etwa der Koordinierungsrat der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand NRW, dass der Gesetzgeber Weihnachtsfeiern und Betriebsausflüge bezüglich des Unfallschutzes wie die normale Arbeitszeit wertet. Vorausgesetzt,

• der Arbeitgeber, also der Praxischef, lädt dazu ein,

• und wird selbst teilnehmen, respektive sich vertreten lassen,

• außer ihm feiert mindestens ein Fünftel der Mitarbeiter mit

• und die Teilnahme an der Veranstaltung steht allen Mitarbeitern offen,

dann gelten Unfälle während des Betriebs-Bummels über den Weihnachtsmarkt, der gemeinsamen Schlittenfahrt am Wochenende oder des Festes am Feierabend als Arbeitsunfälle.

Ereignet sich bei den Vorbereitungen ein Unfall, so ist auch dieser Schaden unter bestimmten Voraussetzungen durch die Berufsgenossenschaften versichert. Schmückt also eine der Helferinnen auf Veranlassung des Chefs die Räume und Decken und rutscht zum Beispiel von der Leiter ab, gilt dies als Arbeitsunfall.

Wird die Helferin dagegen auf ihre eigene Initiative hin aktiv, ist die BGW aus dem Schneider. Ebenso, falls der oder die Betreffende

• während der Feier (zu viel) getrunken hat,

• über deren offizielles Ende hinaus – sei es am selben oder an einem anderen – Ort weiter feiert,

• ein Familienangehöriger ist

• oder ehemaliger Mitarbeiter.

• Oder schlicht und einfach der Chef selbst.

Letzterer fiele nur unter diesen gesetzlichen Schutz, falls er sich freiwillig bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege in Hamburg, versichert hätte. Ihm hilft sonst in diesem Fall nur die private Unfallversicherung. Die empfiehlt zum Beispiel die Verbraucherzentrale Sachsen grundsätzlich allerdings auch für Angestellte, denn, so ihre Kritik, die finanzielle Absicherung der gesetzlichen reiche für einen Ernstfall nicht aus.

Zu Steuern

Zwei Tage mit der Praxis feiern – das sticht dem Fiskus nachhaltig ins Auge. Und folglich wird er es auch bei weihnachtlichen Anlässen nicht zudrücken. Laut Finanzgericht Thüringen (Az.: III 711/98) sind allerdings Ausnahmen möglich, wenn nämlich der Ausflug keine 24 Stunden dauert, die Praxis also zum Beispiel freitags um 17 Uhr ins Rodelvergnügen startet und am Samstag um 16 Uhr zurück kehrt. Will der Zahnarzt die Praxisausgaben rund um Weihnachten die Ausgaben steuerlich ansetzen, sollte er die jeweiligen Höchstbeträge beachten.

Unbehelligt vom staatlichen Zugriff darf sich freuen, wer zum Beispiel bei der Tombola die Übernachtung im Wellness-Hotel gewinnt. Gewinne aus einer Tombola sind steuerfrei, meint jedenfalls das Finanzgericht Baden-Württemberg (Az.: 12 K 113/88).

Das Weihnachtsgeld

„… muss das sein?“, die Frage schießt unweigerlich durch den Kopf, wenn bei der doppelten Gehaltszahlung diesen Monat der Saldo auf dem Praxiskonto ins Soll rutscht. „Nein!“ lautet die Antwort, einen gesetzlichen Anspruch auf Weihnachtsgeld gibt es nicht. Es sei denn, er leitet sich – als reine Gehaltszahlung, als Prämie für geleistete Arbeit, als Treueprämie oder als Mischprodukt aus diesen Formen – aus dem Arbeitsvertrag mit der angestellten Kollegin oder den Helferinnen ab. Oder aus der so genannten betrieblichen Übung.

Ist kein Weihnachtsgeld im Arbeitsvertrag vereinbart, sichert sich der Praxischef mit einem eindeutigen, unmissverständlichen schriftlichen Freiwilligkeitsvorbehalt vor oder mit der Zahlung gegenüber jedem Arbeitnehmer das Recht, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob er Weihnachtsgeld bezahlen will (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Januar 2000, siehe www.rechtsrat. ws). Zahlt er dagegen drei Jahre hintereinander vorbehaltlos, können Angestellte daraus per Gewohnheitsrecht einen Anspruch ableiten, den ihnen sonst nur ein entsprechender Passus im individuellen Arbeitsvertrag zugestünde.

Auch der umgekehrte Fall lag vor, dass ein Arbeitgeber sich drei Jahre hintereinander auf die Freiwilligkeit der Leistung verwies und das Bundesarbeitsgericht diese anerkannte, weil kein Mitarbeiter dem Vorbehalt widersprochen hatte.

Gemäß Arbeitsrecht darf ein Chef nicht beliebig einzelne Arbeitnehmer beim Weihnachtsgeld aussparen. Sachgemäße Unterscheidungen sind dagegen zulässig, betont die Kanzlei Kaßing, München.

Das wäre zum Beispiel möglich, wenn ein Teil der Helferinnen übertariflich bezahlt wir: Dann könnte an jenen mit tariflichen Bezügen quasi als Ausgleich ein Weihnachtsgeld gewährt werden. Zulässig sei es auch, bei neuen Mitarbeitern die Gratifikation anteilig für die Monate der Betriebszugehörigkeit zu zahlen.

Oder wenn ein Arbeitnehmer ausscheidet und eine Stichtagsregelung etwa zum 31. Dezember oder Ausscheidungsfrist zum 31. März vereinbart ist. Erstere Klausel besagt, dass das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag (noch) ungekündigt bestehen muss, letztere, dass ein Arbeitnehmer das anteilig zurückzahlt, falls er vor dem benannten Datum aus dem Praxisteam ausscheidet – unter Umständen unabhängig davon, wer wem kündigt. Ohne diese Klausel gilt: Gezahlt ist gezahlt.

Besondere Umstände

Der Anspruch hängt im Einzelfall davon ab, wie das Weihnachtsgeld definiert wurde. Ist es reines Gehalt, so müssen Eltern in der Elternzeit (siehe auch LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Oktober 2002, BAG, Urteil vom 21. März 2000) oder Arbeitnehmer, die während des Kalenderjahres über die Zeit der Lohnfortzahlung hinaus krank waren, eine entsprechende Kürzung hinnehmen. So darf der Zahnarzt einer Helferin, die sechs Monate in der Elternzeit war, den halben Betrag auszahlen.

Prämien für geleistete Arbeit dürfte er für unbezahlte (Elternzeit) und bezahlte Fehlzeiten (wie Mutterschutz, Krankheit) kürzen.

Bei der – inzwischen seltenen – „Prämie für Betriebstreue“ bleibt ihm das unbedingt verwehrt.

Manchmal liegt eine Vereinbarung mit Mischcharakter vor, die als solche in der Regel nicht gekürzt werden darf. Allerdings verliert ein Arbeitnehmer wegen des enthaltenen Treuecharakters seinen Anspruch auf die Weihnachtsgratifikation, falls er vorzeitig ausscheidet.

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