Die jüngste Delphi-Studie: Wissen, was der Bürger will

Nutzen, Kosten, Präferenzen

Status quo oder anders, wenn auch nicht zwingend besser? Kopfpauschale, Bürgerversicherung, keine private Krankenversicherung (PKV) oder diese nur ergänzend zur Gesetzlichen (GKV)? Politiker jeglicher Couleur orakeln über mögliche Wandlungen des deutschen Gesundheitswesens. Die jüngste Delphi- Studie des Pharmaunternehmens Janssen-Cilag, Düsseldorf, erklärt: „Nutzen, Kosten, Präferenzen – Wissen, was der Bürger will!“. Im Klartext.

Die jüngste Delphi-Studie von Janssen Cilag „Nutzen, Kosten, Präferenzen – Wissen, was der Bürger will!“ geht vorrangig zwei Fragen auf den Grund: Welchen Wert misst die Bevölkerung bestimmten Elementen des GKV-Leistungskatalogs bei? Wo zieht sie die Grenze zwischen privater Verantwortung und solidarischer Leistungspflicht der GKV? Rund 1 000 GKV-Patienten über 18 Jahre beantworteten im März und April 2005 die Fragen der Meinungsforscher vom Emnid-Institut. Die Ergebnisse lagen jetzt auf dem Hauptstadtkongress in Berlin vor.

Jede Leistung hat ihren Preis

Die Umfrage fußt auf einem Marktexperiment. Mit dieser neuen Methodik wird in Euro gemessen, wie der Betroffene die Änderungen des Nutzens einschätzt, die sich aus Modifikationen des Leistungskataloges der Versorgungsstrukturen ergeben: Also wieviel Geld (Preisnachlass = Beitragssenkung) müsste man dem Versicherten bieten, damit er die jeweilige Einschränkung einer Leistung seiner Kasse akzeptiert? Etwa bei der freien Arztwahl. Hier würden Politiker auf großen Widerstand stoßen – denn die werde erst verkäuflich, wenn die Beiträge um 17,6 Prozent sänken, antwortete das Gros der Patienten.

Weitere zwei Prüfsteine waren Einschränkungen bei der Wahl des Krankenhauses sowie der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln auf Kassenrezept. Sich bei geplanten Eingriffen das nächstgelegene Krankenhaus aussuchen zu dürfen, ist den Patienten wichtig, aber bei einem siebenprozentigen Beitragsnachlass im Schnitt würden sie eine Zuweisung in ein weiter entferntes Haus gleicher Qualität akzeptieren. Ähnlich wichtig ist den Befragten die derzeitige Arzneimittelwahl: Erst wenn die Beiträge um 8,2 Prozent günstiger würden, wären Zugeständnisse möglich. Offenbar legten die meisten großen Wert darauf, dass ihr Arzt auf das komplette Arzneimittelsortiment zugreifen dürfe, ohne dass Zuzahlungen entstünden, so die Interpretation. Beim vierten Prüfstein, dem Zugang zu medizinischen Innovationen, würden die Kassenpatienten einer Abkoppelung vom medizinischen Fortschritt erst bei einer Beitragsminderung um 8,4 Prozentpunkte zustimmen. Bei dieser GKV-Leistung fragten die Meinungsforscher zusätzlich, ob und wieviel der Kassenpatient zuzahlen würde, damit der Status quo verbessert würde. Ebenfalls 8,4 Prozentpunkte lautete die durchschnittliche Antwort. Dieser hohe Stellenwert medizinischen Fortschritts sei, betonten die Initiatoren, ein erstaunliches Ergebnis, da es sehr hypothetisch sei, ob die Befragten jemals einen solchen Bedarf haben werden und dann eine Innovation verfügbar wäre.

Bezüglich jedes Reformthemas akzeptierten, so der Tenor, einige Teilgruppen Einschränkungen schon bei verhältnismäßig geringer Kompensation, andere wiederum lehnten eine Änderung des Status quo selbst bei hohem Preisnachlass ab. Im Resümee: Das Marktexperiment zeige vor allem, dass die Patienten unterschiedliche Präferenzen setzten bei Leistungen der GKV sowie deren Steuerung durch die Kostenträger. Speziell zum letzten Punkt, der Anbindung an medizinischen Fortschritt, ermittelte die Studie, dass 78 der Befragten sehr seltene, aber lebensbeeinträchtigende Nebenwirkungen (hier: Nierenerkrankung) ausschließen möchten, wenn ein besseres, wenn auch teureres Präparat gebe. Auch leichtere Nebenwirkungen (hier: Mundtrockenheit, Übelkeit, Kopfschmerz) sollten vermieden werden, selbst wenn das andere Präparat mehr koste. Eine medikamentenbedingte eventuelle Gewichtszunahme um fünf Kilo lehnen 60 Prozent ab, wenn sich diese Nebenwirkung vermeiden lasse. In allen drei Fällen gingen die Mehrkosten zu Lasten der Kasse. Eine bequemere Einnahme aber, etwa einmal statt dreimal täglich, sollte der Patient laut 56 Prozent selber finanzieren.

Zehn Ziele zur Auswahl

Von zehn Zielen zur Auswahl werteten die Befragten als dringlichstes, die Senkung der finanziellen Belastung – in der GKV sowohl für Patienten als auch für die Versicherten. Mehr Wahlmöglichkeiten belegte dagegen den zehnten Rang. 

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.