Symposium 10 Jahre Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ)

Beginn eines neuen Kapitels

Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) beging sein zehnjähriges Bestehen am 3. März mit einem internationalen Symposium in Berlin. Die Quintessenz: Nach Jahren der Methodendiskussion und der Information an Multiplikatoren wird jetzt ein neues Kapitel aufgeschlagen. Künftig sollen Ärzte konkrete Produkte zur Qualitätssicherung in ihrer Praxis erwarten und Patienten sich qualitätsgesichert informieren können.

Zehn Jahre Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) – das bedeutet zehn Jahre gemeinsame Qualitätsprogramme von Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV). Auf dem Jubiläums-Symposium in Berlin betonte Dr. Ulrich Weigelt, Vorstandsmitglied der KBV, mit der Gründung der ÄZQ im Jahre 1995 sei gewährleistet worden, dass Qualitätssicherung aus dem Berufsstand heraus umgesetzt sei und damit ein Einfluss von Außen unterbleibe. Weigelt begrüßte zu der Veranstaltung rund 250 Teilnehmer, darunter Gäste aus rund 23 verschiedenen Nationen, das, wie er erklärte, „Who is Who der internationalen EbM-Szene“.

EBM, Evidence Based Medicine, und die Weiterentwicklung von Methoden und Maßnahmen in diesem Bereich gehören zu den Hauptaufgaben der ÄZQ (siehe Kasten). Deren Leiter, Prof. Dr. Dr. Günter Ollenschläger, sieht nun nach zehn Jahren die Zeit gekommen, in der das ÄZQ dem Arzt und Patienten konkrete Produkte und Instrumente zur Qualitätssicherung an die Hand geben könne. Das werde beispielsweise die Optimierung der Therapie bei Asthma Bronchiale und bei koronarer Herzerkrankung, oder die Indikationen für Herzkatheter-Eingriffe betreffen, erklärte er vor der Presse.

Abgrenzung vom IQWIG

Im Unterschied zum Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) werde das ÄZQ seine Perspektive nicht auf die Krankenkassen beschränken, sondern gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge im Blickwinkel behalten. Rückblickend sei die Arbeit des ÄZQ davon bestimmt gewesen, die Qualitätsidee bei den Organisatoren und Multiplikatoren im Gesundheitswesen zu etablieren und internationale Leitlinien-Netzwerke aufzubauen. Jetzt gehe man zu weiteren Schritten über.

Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement seien in Deutschland auf einem guten Weg und bräuchten den internationalen Vergleich nicht zu scheuen, erklärte BÄK-Präsident Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe den Pressevertretern. Daran habe das ÄZQ einen entscheidenden Anteil. Inzwischen gelte es im In- und Ausland als das Kompetenzzentrum der deutschen Ärzteschaft für Leitlinien und Patienteninformationen in der Medizin.

Seit 1999 entwickelt das ÄZQ das Deutsche Leitlinien-Clearingverfahren, das auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenkassen und die private Krankenversicherung mittragen. Ein zukünftiger Arbeitsschwerpunkt wird nach Hoppe die Erstellung sektorübergreifender Versorgungsleitlinien für epidemiologisch bedeutsame Erkrankungen sein, für die prioritärer Handlungsbedarf besteht. Dazu gehören zum Beispiel Demenzerkrankungen. Das ÄZQ und sein Kooperationspartner, die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), führen hierbei die vorliegende Studienevidenz, die klinische Expertise der Fachwelt, das Patientenerleben und die Erfahrungen der Partner des Guideline International Network (G-I-N) zusammen. Aus den Versorgungsleitlinien lassen sich in einem weiteren Schritt klinische Behandlungspfade, strukturierte Behandlungsprogramme, ärztliche Fortbildungsinhalte und Patienteninformationen generieren.

Über Fehler offen reden

In seinem Gutachten zur Über-, Unter- und Fehlversorgung hatte der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen der deutschen Medizin seinerzeit vorgeworfen, Fehler zu tabuisieren. Dr. Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin und Vorsitzender der Qualitätssicherungsgremien der Bundesärztekammer, betonte, dass sich die Ärzteschaft – auch wegen vorliegender Erfolge – nicht vor einer Fehlerdebatte drücken, sondern über Fehler offen reden werde. „Im Gegensatz zur Vorstellung, dass Fehler vor allem individuell begründet sind, haben die Patientenversorgung und hier auftretende Fehler nahezu immer Systemcharakter“, betonte er. Er zählte Maßnahmen des ÄZQ auf, so etwa die Erstellung eines Leitfadens und die Initiierung von Kooperationen der Deutschen Ärzteschaft mit Projekten zur Patientensicherheit sowie Trainingsangebote. Sein Fazit: Im Mittelpunkt von Fehler- und Risikomanagement und allen sonstigen Maßnahmen zur Erhöhung der Patientensicherheit sollte die Entwicklung einer positiven Fehlerkultur stehen. An die Stelle der Suche nach dem „Schuldigen“ eines unerwünschten Ereignisses muss die systematische Suche der Betroffenen nach Verbesserungsmöglichkeiten treten.

Die Veranstaltung wurde abgerundet durch Fachvorträge von Referenten aus Großbritannien, den USA, Ungarn und Finnland, die den Stand der evidenzbasierten Versorgung in ihren Länder vorstellten.

Zahnärztliche Session

Im Anschluss an das Symposium fand vom 4. bis 5. März die sechste Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin (DNEbM) statt. Auch dort zog sich wie ein roter Faden das Thema durch, wie weit sich in den letzten zehn Jahren der EbM-Gedanke ausgebreitet hat. Eine der zahlreiche Sessions beschäftigte sich mit evidenzbasierter Zahnmedizin. Geleitet wurde sie von dem Sprecher des Fachbereiches Zahnmedizin im Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. PD Dr. Jens C. Türp vom Zentrum für Zahnmedizin der Universität Basel. Von den verschiedenen Referenten wurde der Stand der evidenzbasierten Forschung in den Bereichen der Kieferorthopädie, Individualprophylaxe, Kariesprävention und Mundgesundheitspflege dargestellt. Ein weiterer Vortrag ging der Frage nach, wie die Verbreitung und Anwendung von evidenzbasiertem Wissen in der Praxis gemessen werden kann. Insgesamt wurde in der gut besuchten Session festgestellt, das die Prinzipien der evidenzbasierten Forschung im Bereich der Zahnmedizin in den letzten Jahren verstärkt zum Einsatz gekommen sind.

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