Unlautere Konkurrenten

Der etwas andere Wettbewerb

Die Praxisgebühr hat so ihren ganz besonderen Reiz. Für Heilberufler und Patienten eher als rotes Tuch, für Branchenfremde dagegen als Wurm an der Kundenangel. Die Anwälte der Wettbewerbszentrale gegen unlauteren Wettbewerb, Bad Homburg, entdeckten im letzten Jahr so manche Kuriosität, manche Dreistigkeit und auch ein seltsames Schmankerl nach dem Motto „Unser Dorf soll schöner werden“. Recht erhielten sie mit ihrem Engagement für ordnungsgemäße Konkurrenz dennoch nur manches Mal.

Ein Möbelhaus in Hessen etwa warb vor einem Jahr: „Bringen Sie uns ihre zehn Euro Praxisgebühren-Abrechnung mit, und wir erstatten Ihnen diese bei Ihrem Einkauf am ...“ und nannte ein Datum. Die Wettbewerbshüter aus Bad Homburg waren schlagartig hellwach, witterten einen Verstoß gegen das GMG – das ja mit der Praxisgebühr die Zahl der Erstkontakte je Quartal einschränken soll – und strengten eine Klage an. Ohne Erfolg, beschied das Hanauer Landgericht: Ein Möbelhaus könne gar nicht gegen die Vorschriften des Sozialgesetzbuches, das die Praxisgebühr regele, verstoßen. Das könnten nur die Mitglieder der Krankenversicherungen und deren Leistungserbringer.

Zu viel des Guten

Von denen waren einige auch tatsächlich unlauter aktiv. Eine Betriebskrankenkasse (BKK) versprach, gezahlte Praxisgebühren für drei Quartale zu erstatten, sofern der Betreffende eine private Zusatzversicherung bei ihrem Kooperationspartner abschlösse. Zuviel des Guten, befand das Hamburger Landgericht und erinnerte die Kasse an ihre Aufgabe, Versicherte zur Mäßigung bei Arztbesuchen anzuhalten.

Ein Apotheker beschäftigte das Landgericht Rostock, weil er die Praxisgebühr gegen bei ihm gesammelte Bonuspunkte eintauschen respektive rückerstatten wollte. Die Richter sahen darin wie die Wettbewerbshüter eine unzulässige, unsachliche Beeinflussung und übermäßiges Anlocken von Patienten sowie ein Konterkarieren der GMG-Ziele.

Doch Urteile der Landgerichte sind nur für deren Bezirk maßgeblich. Die Bad Homburger Juristen hoffen deshalb zum Thema Praxisgebühr auf eine baldige höchstrichterliche Entscheidung als bundesweiten Maßstab.

In Sachen Boni konnten allerdings andere Apotheker sehr wohl punkten: Ebenso wie Sammeltaler dürfen sie die Punkte vergeben, ausgenommen bei der Abgabe preisgebundener Medikamente, so das Landgericht Hanau.

Ein Apotheker ließ in einer Anzeige sogar eigene Joker-Kupons abdrucken und versprach gegen deren Vorlage einen zehnprozentigen Sonderrabatt auf ein OTC-Präparat freier Wahl. Diese freie Wahl des Kunden machte die Werbung abstrakt und damit zulässig, jedenfalls in den Augen der Düsseldorfer Landesrichter.

Neben echten Apothekern gerieten auch angebliche in den Fokus der Wettbewerbshüter. Letztere bremsten die Trittbrettfahrer gnadenlos aus, ob einen tschechischen Arznei-Versand, der vergeblich behauptete, mit einer real existierenden tschechischen Apotheke zusammenzuarbeiten, oder einen Internetshop, der seine Identität und Anschrift statt bei Vertragsabschluss erst bei Auslieferung der Medikamente offenbarte.

Im zahnärztlichen Bereich bot ein findiger Unternehmer Zahnarztkollegen seine Autorenrechte für zwei Patientenratgeber zum Kauf an. Der Buchumschlag sollte individuell mit dem Namen des jeweiligen Zahnarztes, seinem Logo und Foto gestaltet werden, damit dieser gegenüber den Patienten als Autor auftreten könne und so mehr Kompetenz vermittle. Die Wettbewerbszentrale schritt wegen der Irreführung ein, der Unternehmer gab eine Unterlassungserklärung ab.

In die Röhre schauten die Wettbewerbshüter allerdings verdattert, als ihre Intervention gegen einen bayerischen Radiosender, der unter dem Motto „Unser Dorf soll schöner werden“ einen etwas anderen Wettbewerb anbot: den Gewinner(inne)n winkten als Preise Schönheitsoperationen in einer Klinik. Die Oberlandesrichter München verneinten eine Verletzung des Heilmittelwerbegesetzes (HWG), weil die Werbung des Radiosenders zunächst nur Werbung für die eigene Dienstleistung darstelle und schon deshalb nicht diesem Gesetz „unterfalle“. Außerdem machten Gestaltung und Text des Preisausschreibens für den Verbraucher deutlich, dass es nicht um medizinisch bedingte oder notwendige Eingriffe gehe.

Und doch scheint für die Wettbewerbshüter ein Licht am Ende des Tunnels: Die Bundesregierung will zum Sommer das HWG, das bislang beschränkt auf alle Maßnahmen zur Heilung oder Linderung von Krankheiten war, um die Maßnahmen für kosmetische Eingriffe erweitern. pit

• Entsprechende Urteile und andere Details hält die Wettbewerbszentrale auf ihrer Homepage unterhttp://www.wettbewerbszentrale.debereit.

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