Ein internationaler Vergleich – Studie des Fritz-Beske-Instituts

Gesundheitswesen in Deutschland ist das leistungsstärkste

Kritiker bezeichnen das deutsche Gesundheitswesen oft als teuer und ineffizient. Dem widerspricht eine neue Studie des Fritz-Beske-Instituts für Gesundheits-System-Forschung Kiel (IGSF). Ihr Fazit lautet: Im internationalen Vergleich von 14 Ländern bietet Deutschland die umfassendsten Leistungen und liegt unter Einbeziehung der Kosten bei der Effizienz weit über dem Durchschnitt.

„Mercedes zahlen und VW fahren“ – kaum ein anderer Slogan sei in den letzten Jahren so häufig für das Verhältnis von Preis und Leistung im deutschen Gesundheitswesen benutzt worden, hieß es auf der Pressekonferenz zur Präsentation der Studie am 31. August in Berlin. „Deutschland hat im internationalen Vergleich nachweislich ein umfassendes, ein preiswertes und damit ein überdurchschnittlich effizientes Gesundheitswesen“, erklärte IGSF-Direktor Prof. Fritz Beske vor der Presse.

In der umfangreichen Studie verglichen die Forscher unter anderem Arztdichte, Zahl der Klinikbetten, Wartezeit im Krankenhaus, das Vorhandensein einer freien Arztwahl, Zuzahlungen, Heilmittel im Leistungskatalog sowie Zahlungen bei Arbeitsunfähigkeit und Mutterschaft. Zu dem Vergleich wurden 14 hoch industrialisierte Länder, nämlich Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Österreich, Schweden, Schweiz und USA herangezogen.

Der Begriff Gesundheitswesen wird in der Studie umfassend definiert und enthält neben der Krankenversicherung auch die Pflege- und Unfallversicherung. Bei den Gesundheitsleistungen werden einbezogen ambulante und stationäre Versorgung, Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel, Pflege im Pflegefall und Versorgung bei berufsbedingten Unfällen und Berufskrankheiten. Unter Geldleistungen versteht die Studie zeitlich befristete Leistungen, wie Lohnfortzahlung und Krankengeld, und zeitlich unbefristete Leistungen, wie Unfall- und Invaliditätsrenten. Der Vergleich wird durch einen Versorgungsindex ermittelt, der speziell für diese Untersuchung entwickelt wurde.

Höchstes Versorgungsniveau

Bei den Gesundheitsleistungen hat Deutschland mit einem Versorgungsindex von 119 das höchste Versorgungsniveau, das heißt den umfassendsten Leistungskatalog im Vergleich der 14 Länder. Es folgen Österreich (116), Belgien (112), die Schweiz (108), die Niederlande (104), Frankreich und Japan (102), dann Dänemark (100).

Als Gründe für das hohe Versorgungsniveau in Deutschland führt die Studie unter anderem an, dass es hier die höchste Hausarzt-, Facharzt- und Zahnarztdichte gibt sowie die höchste Krankenhauskapazität. Dies, so die Wissenschaftler, führe zu einer hohen Patientenzufriedenheit, nicht zuletzt auch deshalb, weil Wartezeiten auf Leistungen hier weltweit am geringsten seien. Der Leistungskatalog bei Heil-, Hilfs- und Arzneimitteln sei in Deutschland überdurchschnittlich ausgestaltet und mit relativ geringen Zuzahlungen verbunden.

Bei den Geldleistungen ergab die Studie, dass Deutschland mit einem Versorgungsindex von 109 einen ebenfalls überdurchschnittlichen Wert erbringt und damit auch überdurchschnittliche Leistungen durch Lohnfortzahlungen, Krankengeld und andere Geldleistungen aufbringt. Vor allem die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers und die sich daran anschließende Krankengeldzahlung der Gesetzlichen Krankenversicherung seien im internationalen Vergleich in Höhe und Dauer überdurchschnittlich. Die Untersuchung belegt, dass es in Deutschland aber auch unterdurchschnittliche Leistungen gibt, zum Beispiel bei Mutterschaft und der Zahlungsdauer des Mutterschaftsgeldes. Bei den Pro-Kopf-Ausgaben liegt Deutschland mit 3 560 Euro an siebter Stelle etwas unter dem Durchschnitt von 3 594 Euro. Bei der Effizienz liegt Deutschland hinter Italien, Belgien und Kanada an vierter Stelle. Diese Länder hätten, so die Studie, aber eine unzureichende Gesundheitsberichterstattung und wiesen insbesondere die Kosten für das Gesundheitswesen als zu gering aus. Bei einer realistischen Angabe der Ausgaben in allen Ländern hätte Deutschland vermutlich im Vergleich der 14 Länder sogar das effizienteste Gesundheitswesen überhaupt.

Zahnärztlicher Bereich

Auch zum zahnärztlichen Bereich finden sich in der Untersuchung einige vergleichende Ergebnisse. Die Zahnarztdichte liegt im Durchschnitt der 14 Länder bei 0,6 Zahnärzten je 1 000 Einwohner. Deutschland liegt mit 0,8 Zahnärzten je Einwohner an dritter Stelle hinter Schweden und Dänemark (0,9). Der Umfang der zahnärztlichen Versorgung ist hoch in Dänemark, Deutschland, Belgien, Frankreich, Österreich und Japan, eingeschränkt in Italien, Großbritannien, den Niederlanden, der Schweiz und in Schweden, gering in Australien, Kanada und den USA. Außer in Italien und den Niederlanden ist in allen untersuchten Ländern eine Zuzahlung zum Zahnersatz erforderlich. Zahnersatz ist im Leistungskatalog erhalten in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und in Schweden, beschränkt enthalten in Australien, Belgien, Kanada, den Niederlanden und in der Schweiz, nicht im Leistungskatalag enthalten ist er in Dänemark, Italien und den USA.

Der Vorstandvorsitzende der AOK, Dr. Hans-Jürgen Ahrens, sagte vor der Presse: „Es ist nicht nötig, dieses System umzustellen.“ Allerdings müsse die Effizienz des deutschen Gesundheitswesens weiter deutlich gesteigert werden. „Wir müssen endlich aufhören, unsere Erfolge kaputt zu reden“, forderte Dr. Andreas Köhler, Vorstandschef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Die nun vorliegenden Zahlen sprächen eine deutliche Sprache: „Während das Niveau und die Menge der angebotenen Leistungen weit über dem Durchschnitt liegen, sind die dafür aufgewendeten Mittel deutlich geringer als in vergleichbaren Ländern.“ Prompt reagierte auch die Bundesregierung. Auf ihrer Homepage heißt es: „Die Studie belegt damit: Die Gesundheitsreform wirkt“ und verweist auf das seit 2004 geltende Gesundheitsmodernisierungsgesetz. Das ISGF machte jedoch deutlich, dass die Daten der Studie auf 2001 beruhen: „Damit ist festzustellen, dass die von der Bundesregierung behaupteten positiven Auswirkungen des GMG auf unser Gesundheitswesen mit den Ergebnissen unserer Studie nicht zu begründen sind.“

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