Die Pläne des BMG zur PKV

Knapp daneben ist auch vorbei

„Mehr Wettbewerb braucht die Gesundheit“ dachten, forderten und beschlossen die Politiker. Der Entwurf des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) ist mit der ersten Lesung im Deutschen Bundestag in die zentrale gesetzgeberische Phase getreten. Und das bedeutet einiges.

Als Wegbereiter „für eines der wichtigsten Reformvorhaben der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode” lobte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt den Entwurf. Doch wehe dem, der ihn versteht. Dieser so nüchtern in der Bundestagsdrucksache Nr. 16/3100 veröffentlichte Gesetzentwurf hat es in sich!

Überflüssiger Systembruch

Die Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) etwa hat eine zentrale Bedeutung für die PKV: „Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland, welche die substitutive Krankenversicherung betreiben, haben einen Basistarif anzubieten“, heißt es in § 12 VAG. Dieser Tarif muss den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vergleichbar sein.

Entsprechend soll er mit § 75 Abs. 3 SGB V neu in den Sicherstellungsauftrag des SGB V einbezogen werden: „Die KVen und die KBV haben auch die ärztliche Versorgung der in dem brancheneinheitlichen Basistarif … Versicherten mit den in diesen Tarifen versicherten ärztlichen Leistungen sicherzustellen. Die Vergütung für die ärztlichen Leistungen ist in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung … zu regeln. Die ärztlichen Leistungen sind mindestens so zu vergüten, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen vergüten…“. Denn angeblich hätten sich Betroffene über verweigerte Behandlung wegen dieses Tarifs beschwert und die neue Regelung solle solche Fälle ausschließen. Belegen lässt sich die vermeintliche Verweigerung durch valide Zahlen nicht. Die problematische Vermengung von GKV und PKV und der daraus folgende Systembruch bleiben also völlig überflüssig.

Der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) ist kein einziger Fall bekannt, in der ein Standardtarifversicherter eine notwendige medizinische oder zahnmedizinische Behandlung nicht erhalten hat. Die überwiegende Zahl der Standardtarifversicherten wurde und wird problemlos behandelt. Obwohl das auf den 1,7-fachen Gebührensatz beschränkte Honorar deutlich unter der GKVVergütung liegt. Fest steht: Alle Zahnärzte und Ärzte behandeln problemlos und flächendeckend die GKV-Patienten zu den dortigen Vergütungen. Laut GKV-WSG muss der Leistungsumfang des Basistarifs künftig dem der GKV entsprechen und mindestens die Vergütung analog der Ersatzkassen ergeben. Wer sollte die Behandlung also verweigern? Der Entwurf verpflichtet zudem die private Assekuranz, binnen sechs Monaten nach Start des Basistarifs freiwillige GKV-Versicherte ohne Risikoprüfung auf Antrag aufzunehmen. Sogar ohne Fristbegrenzung, sofern der Betreffende bei der PKV versichert war oder ist. Ablehnen darf ein Versicherer nur jene Antragsteller, deren Vertrag er zuvor wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten oder wegen arglistiger Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gekündigt hat. Der Weg zur Konkurrenz bleibt dieser Klientel damit ausdrücklich offen.

Die großzügigen Zugangsbedingungen öffnen jedoch dem Missbrauch Tür und Tor: Jedem mit Kalkül steht es frei, in guten Zeiten dem Versicherer den Rücken zuzukehren, um in Zeiten der Not bei der Konkurrenz „Asyl“ einzufordern. Fazit: Die treuen Versicherten werden das unüberschaubare Risiko der Assekuranz-Hopper mittragen.

Das Ministerium begründet diese Großzügigkeit wie folgt: „Der Basistarif ist für bereits privat Krankenversicherte besonders interessant, die bislang Risikozuschläge zahlen müssen. Es ist allerdings möglich, dass sich eine negative Risikoselektion ergibt.“ Risikozuschläge, -ausschlüsse und Wartezeiten soll es nur noch für Leistungen geben, die über den Basistarif hinausgehen.

Der Beitrag zum Basistarif ist gedeckelt, laut Kommentierung auf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung, laut Gesetzestext auf 150 Prozent, allerdings einschließlich Ehegatten oder Lebensgefährten. Falls allein durch die Zahlung dieses Beitrags eine Hilfsbedürftigkeit entsteht, muss der Beitrag halbiert werden.

Auch bei der Mitnahme von Alterungsrückstellungen mimt der Basistarif die Basis: Auf seinen Umfang begrenzen sich die Ansprüche auf Portabilität beim Wechsel zu einem anderen privaten Krankenversicherer. Darin liegt auch eine erhebliche Schwierigkeit für die Versicherer, wie das BMG einräumt, denn für Wechselwillige müssen fiktive Verläufe ermittelt werden. Für die Übertragung ist eine fünfjährige Übergangsfrist vorgesehen, während der 40 Jahre als Mindesteintrittsalter gelten. Für jüngere Versicherte wird sich daher kaum eine mitnehmbare Alterungsrückstellung ergeben und der Wechsel zumindest nicht allein wegen der Portabilität lohnen.

Fest steht, ein Basistarif unter den geschilderten Bedingungen vermischt die Prinzipien von PKV und GKV. Statt den Wettbewerb zu stärken, erschwert er ihn. In der gesamten PKV wird die Äquivalenz von Prämien und Versicherungsleistung verzerrt. Der PKV-Verband hat Gegenwehr angekündigt. Bei seiner Ankündigung einer „Vielzahl von Klagen von Versicherten und Mitgliedsunternehmen“ erfährt er Rückenstärkung durch diverse Rechtsgutachten.

René KrouskyJustitiar der BundeszahnärztekammerChausseestraße 13, 10115 Berlin

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