Leitartikel

Diese Karte ist ein Flop

Liebe Kollegen und Kolleginnen

Die Kosten-Nutzen-Analyse der gematik steht. Sie fördert für das BMG unangenehme Wahrheiten zutage. Erste Wahrheit: Die elektronische Gesundheitskarte bringt den Leistungsträgern durch die Bank keinen Nutzen, im Gegenteil. Außer Spesen nichts gewesen. Sie kommt zudem noch später, wird teurer und rechnet sich erst in zehn Jahren. Zweite Wahrheit: Insbesondere für die Zahnärzteschaft schafft die Karte nichts als Extra-Arbeit und Aufwand – sie trägt, wägt man Kosten und Nutzen gegeneinander ab, mit Abstand die größte Belastung. Dritte, vierte Wahrheit: Nur den Krankenkassen ist die Karte recht und billig – sind sie doch nachweislich die einzigen, die von der Karte profitieren. Selbst für die Patienten überwiegen die Kosten.

Nicht, dass irgend jemand etwas anderes erwartet hätte. Lediglich Ulla Schmidt stellte die Bilanz als fehlerhaft in Abrede. Aber Selbstkritik war bekanntlich noch nie Sache der Ministerin. Auch wenn sie wie üblich der gematik den Schwarzen Peter zuschiebt – seit November 2005 wird das Projekt eGK vom BMG verantwortet, das heißt, geradestehen für die schwache Leistung muss der Tross um Schmidt.

Alles in allem scheint die Studie zu bestätigen, was KZBV und auch BZÄK von Anfang an vorausgesagt und wieder und wieder in der Politik vorgebracht haben: Die Karte ist ein Flop. Der Zahnarzt stellt eben kaum Rezepte aus – das Gros der Anwendungen auf der eGK fällt im Praxisalltag überhaupt nicht bis äußerst selten an. Der Praxischef buttert bei dem Projekt zu, das gilt übrigens auch für den Heilberufsausweis. Einen marginalen Gegenwert erhält er beim HBA höchstens dann, wenn er die e-Signatur zur Online-Abrechnung nutzt. Selbst die ist für uns nicht neu, nein, auf dem Terrain gelten die Zahnärzte sogar als Trendsetter: Die Plattform „Zahnärzte Online Deutschland“ (ZOD) der KZBV macht längst erfolgreich vor, wie die Onlinekommunikation sicher funktioniert und einen entsprechenden Mehrwert schafft.

Davon abgesehen bereiten alle Applikationen schlichtweg nur Mühe. Das heißt, sie kosten Geld, ohne dass dem ein Nutzen entgegen steht. Und sie verursachen zusätzliche Arbeit, kosten also Zeit. Zeit, die uns für unsere originäre Aufgabe, der Behandlung am Patienten, fehlt. Man muss sich das einmal vorstellen: Die elektronische Signatur wurde ursprünglich entwickelt, um eine hohe Sicherheit in Rechtsfragen zu garantieren – sie hat Urkundenqualität. Und jetzt sollen Ärzte, Zahnärzte und Apotheker genau diese Signatur für Routinearbeiten verwenden und alle naselang eine sechsstellige PIN eingeben? Das ist doch völlig grotesk. Unfassbar ist für mich auch, dass selbst der Patient aus der eGK keine Vorteile zieht, zumindest nicht in finanzieller Hinsicht. Dabei hieß es immer, das sei der Grund, warum die Karte überhaupt an den Start gehen soll. Hier entlarvt die Analyse das vom BMG immer wieder gern ins Feld geführte Pseudo-Argument, das Projekt setze die Ressourcen im Gesundheitswesen effizienter ein, als heiße Luft. Bezweifelt wird auch, dass man mit der eGK Doppeluntersuchungen vermeidet und dadurch nennenswerte Kosten spart.

Die Autoren der Analyse raten nun explizit, die Ausgestaltung der eGK im zahnärztlichen Bereich auf den Pflichtteil zu beschränken, weil „für Zahnärzte Kosten und Nutzen der freiwilligen Anwendungen in keinem Verhältnis stehen.“ Die Zahnärzteschaft wird jetzt das weitere Vorgehen mit den anderen Leistungsträgern abstimmen.

Eins steht jedoch fest: Akzeptiert wird die Karte in der Arztpraxis nur, wenn sie dort weder mehr Bürokratie erzeugt noch sämtliche Abläufe durcheinanderwirbelt. Die Überprüfung von Versichertenstammdaten darf mit der eGK nicht häufiger erfolgen und auch nicht länger dauern als bisher. Es geht nicht an, dass eine elektronische Verordnung höheren Aufwand verursacht als das bisherige Procedere. Im Klartext: Die Veränderungen, die mit der eGK auf uns Zahnärzte zukommen, müssen auf das absolut notwendige Minimum beschränkt werden. Wichtig für uns ist außerdem der Datenschutz. Darauf haben wir immer wieder hingewiesen und werden das auch künftig in aller Deutlichkeit tun: Es darf keinen zentralen Zugriff auf Patienten- und Arztdaten geben. Der Patient muss entscheiden, was gespeichert wird und wem die Daten zugänglich sind.

Mit freundlichem kollegialem Gruß

Dr. Günther E. BuchholzStellvertretender Vorsitzender der KZBV

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