Steuern: Anleger zahlen künftig mehr

Sparen für den Staat

Die Konjunktur brummt, der Konsum steigt – eigentlich gibt es kaum einen Grund, die Steuern zu erhöhen. Wen wundert dass das Protestgeschrei vor allem gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Bevölkerung und bei Wirtschaftsexperten erhob. Die einen fürchten um ihr sauer verdientes Geld und die anderen glauben, dass dem Aufschwung spätestens mit dem Silvester-Kater die Luft ausgeht.

Doch Kanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Peer Steinbrück halten an den neuen Gesetzen fest – frei nach dem Motto: „Was man hat, das hat man.“ Doch die Summen, die der Regierung den Geldsack füllen, fehlen den Bürgern auf dem Sparkonto, mit dem sie fürs Alter vorsorgen. Zwar scheinen die einzelnen Posten jeweils keine allzu großen Löcher ins Budget zu reißen, in der Summe jedoch zwacken sie jeden Erwerbstätigen.

• Die Mehrwertsteuer

Sie trifft jeden. Sie steigt von 16 auf 19 Prozent. Wer größere Anschaffungen plant, kauft in jedem Fall noch in diesem Jahr. Die Konsumfreude, die derzeit die Wirtschaftsexperten begeistert und die Staatskasse füllt, könnte im kommenden Jahr wieder abflauen, weil der Bedarf an Neuanschaffungen bereits erfüllt ist.

• Die Pendlerpauschale

Hierüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen: Es ist fraglich, ob die Kappung in dieser Form erlaubt ist. Vorgesehen ist, dass Fahrten zur Arbeit erst dann steuerlich geltend gemacht werden können, wenn die Strecke zwischen Wohnung und Arbeit länger als 20 Kilometer ist. Dann gibt es für jeden Kilometer 30 Cent.

• Das Arbeitszimmer

Bisher gönnte sich so mancher Hausherr in seinem Eigenheim ein eigenes Arbeitszimmer, in das er sich zurückziehen konnte. Das Finanzamt unterstützte diese Annehmlichkeit, in dem es die Absetzbarkeit von 1 250 Euro erlaubte. Das ist ab Januar 2007 vorbei. An den Kosten für ein Heimbüro beteiligt sich der Fiskus nur noch, wenn es für seinen Besitzer den Mittelpunkt dessen Arbeitslebens darstellt.

• Das Kindergeld

Bildung ist das höchste Gut, dass Eltern ihren Kindern mit auf den Weg geben können. Mit der Einführung der Studiengebühren kürzt Per Steinbrück das Kindergeld: Es wird demnächst für Kinder, die ab 1983 geboren sind, nur noch bis zum 25. Lebensjahr bezahlt. Bislang galten 27 Jahre als Höchstalter. 1982 Geborene bekommen den Zuschuss bis zum 26. Lebensjahr.  

Darf es auch etwas mehr sein?

Neben den steigenden Kosten, die das alltägliche Leben betreffen, langt der Staat bei den Gutverdienenden noch einmal zu. Einkommen von über 250 000 Euro pro Jahr (für Verheiratete gilt das Doppelte) werden statt mit 42 mit 45 Prozent besteuert. Das gilt aber nur für den Betrag, der die 250 000-Euro-Grenze übersteigt. Die so genannte Reichensteuer dient dann auch mehr als Symbol, um die Gemüter zu beruhigen. Schließlich musste die Regierung der von Arbeitslosigkeit gebeutelten Bevölkerung die drei Prozent mehr bei der Mehrwertsteuer schmackhaft machen.

Für diejenigen, die von der erhöhten Einkommenssteuer betroffenen sind, gibt es genügend Mittel und Wege, die zusätzlichen Abgaben durch geschicktes Taktieren bei der Geldanlage wieder auszugleichen.

Alexander Koch, Chefvolkswirt bei der HypoVereinsbank in München verweist gegenüber dem Manager-Magazin auf die „ganz legalen Steuerschlupflöcher“ und sagt: „Der Gestaltungsfreiheit in Vermögensangelegenheiten sind zumindest schon mal keine Ländergrenzen gesetzt.“ Wie er denken auch andere Experten skeptisch über die Prognose der Berliner Regierung, mit der Reichensteuer jährlich Mehreinnahmen in Höhe von 1,2 Milliarden zu erzielen.

Mancher Anleger kann die erhöhte Steuer vielleicht schon vermeiden, indem er sein Portfolio mehr mit dividendenstarken Papieren bestückt. Für Dividenden zahlt er nur zur Hälfte Steuern. Abgesehen von den Möglichkeiten, die erhöhten Abgaben zu vermeiden, wehrt sich unter anderen der Verband deutscher Steuerberater dagegen, dass Freiberufler wie Ärzte, Anwälte, Architekten und eben auch Steuerberater betroffen sind, Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit aber verschont bleiben. Der Verband fordert Gleichbehandlung.

Sparen ist kein Spaß

Wer zu den zirka 700 000 Millionären in Deutschland zählt, den juckt die Reichensteuer (auch Neidsteuer genannt) schwerlich und der interessiert sich schon gar nicht für die Halbierung des Sparerfreibetrags. Doch beispielsweise junge Familien oder Zahnärzte, die noch am Beginn ihrer beruflichen Laufbahn stehen, und die sich noch kein finanzielles Polster zulegen konnten, werden die Kürzung deutlich spüren: Statt wie bisher 1 370 Euro gelten für den Sparer-Freibetrag jetzt nur noch 750 Euro, für Verheiratete 1 500 Euro ab Januar 2007 statt wie bisher 2 740 Euro. Noch 1993 durften fleißige Sparer Zinserträge von bis zu 6 000 Mark abgabenfrei für sich behalten.

Von den jetzigen Maßnahmen sind vor allem diejenigen betroffen, die ihre Sparkonten aus bereits versteuertem Einkommen füllen – Geld, das meistens für die – als dann steuerfrei geplante – Altersvorsorge gedacht ist.

Der Bund der Steuerzahler hat vorgerechnet, dass Ledige bei einem angenommenen Zinssatz von drei Prozent nach Silvester statt wie bisher 47 367 dann nur noch 26 700 Euro steuerfrei anlegen können, für Verheiratete gilt die doppelte Summe.

Wem die Änderung der Freistellungsaufträge zu mühsam erscheint, darf sich nicht wundern, wenn er in die Fänge der Steuerfahndung gerät. Davor warnt die Zeitschrift Finanztest. Die Banken melden jede steuerfreie Auszahlung dem Bundeszentralamt in Bonn. Wer seinen Freistellungsauftrag überzieht, bei dem klopft die Behörde an mit der Aufforderung, die Freistellungsaufträge anzupassen und alle Unterlagen über das Sparvermögen einzureichen.

Die Pauschale für Werbungskosten

Was bleibt, ist die Pauschale für Werbungskosten in Höhe von 51 Euro (Ehepaare 102 Euro). Diese Beträge dürfen dem Sparerfreibetrag hinzugerechnet werden und bleiben ebenfalls steuerfrei. Dennoch kann es passieren, dass so mancher Anleger aufgrund des höheren zu versteuernden Einkommens in die nächste Steuerklasse aufrückt und noch mehr Abgaben leisten muss.

Um diese Grube führt zumindest für Eltern ein Weg herum: Jedes Familienmitglied hat Anspruch auf einen eigenen Sparerfreibetrag und die Werbungskostenpauschale, auch die Kinder. Hinzu kommt für sie – wie für jeden anderen – noch ein Grundfreibetrag von 7 664 Euro sowie eine Sonderausgabenpauschale von 36 Euro. Das macht zusammen im nächsten Jahr 8 501 Euro, die ein Kind pro Jahr an Dividenden und Zinsen steuerfrei kassieren darf. Clevere Eltern, die über ein größeres Vermögen verfügen, übertragen ihrem Nachwuchs einen Teil davon, um die Abgaben aus den Kapitalerträgen zu mindern. Alle zehn Jahre können sie bis zu 205 000 Euro steuerfrei auf Sohn oder Tochter übertragen.

Doch was sich so schön liest, ist mit Vorsicht zu genießen. Ein paar Haken gibt es doch:

• Dauerhafte Schenkung

Wahrheit aus Kindermund gilt auch für große Geldgeschenke: „Geschenkt bleibt geschenkt, wieder holen ist gestohlen.“ Eltern, die ihren Kinder Vermögensteile frühzeitig übertragen haben, können sie nicht mehr zurückholen. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass die Kinder auch wirtschaftliche Eigentümer sind. Solange sie noch keine 18 Jahre alt sind, können die Eltern das Geld für die Ausbildung des Nachwuchses nutzen. Wenn sie volljährig werden, dürfen die Sprößlinge frei über ihr Vermögen verfügen. Eltern, die sich um den Umgang ihrer Sprösslinge mit dem Reichtum sorgen, können vor der Schenkung eine notarielle Vereinbarung treffen, in der sie festlegen, was mit dem Geld geschehen darf oder nicht. Volljährigen Kindern sind ebenfalls Einkommensgrenzen gesetzt. Sie dürfen pro Jahr nur 7 680 Euro Einkünfte haben, sonst verlieren sie ihren Anspruch auf Kindergeld, Kinder- und Ausbildungsfreibeträge. Abgezogen werden nur die Werbungskosten beziehungsweise die Pauschale von 51 Euro.

• Krankenversicherung

Sind die Kinder über Vater oder Mutter gesetzlich krankenversichert, dürfen ihre Einkünfte 350 Euro im Monat nicht übersteigen. Dazu zählt neben Kapitalerträgen auch das selbst verdiente Geld aus Minijobs. Ein Euro mehr – und die Eltern müssen ihren Nachwuchs extra versichern. Damit der kostenlose Schutz erhalten bleibt, darf das Einkommen 5 001 Euro im Jahr nicht überschreiten. Darin sind enthalten: zwölf mal 350 Euro Einkommen, 750 Euro Sparerfreibetrag plus 51 Euro Werbungskostenpauschale.

Dieselbe Rechnung gilt auch für Eheleute, wenn einer über seinen Partner in der GKV beitragsfrei versichert ist.

Familien, die diese Handhabung zur Steuerminderung bislang genutzt haben, müssen vor dem Jahreswechsel aufpassen. Führen sie getrennte Konten, dürfen sie die Zinsen nicht einfach addieren und durch zwei teilen. Die Krankenkasse passt auf. Sie achtet genau auf die Sparzinsen des mitversicherten Partners und zieht 801 Euro Freibetrag ab, die 51 Euro für die Werbungskostenpauschale bereits mitgerechnet. Ein nicht ausgenutzter Freibetrag des Partners gilt nicht als Ausgleich. Es sei denn, die Eheleute führen ein gemeinsames Depot

Aufträge anpassen lassen

Jeder Sparer – egal ob Singles, Paare oder Familien – sollten daran denken, bis zum Ende des Jahres ihre Freistellungsaufträge bei Banken und Sparkassen den neuen Gegebenheiten anzupassen. Ist der freigestellte Betrag für Zinsen und Dividenden ausgeschöpft, müssen die Banken vorab Kapitalertragssteuern ans Finanzamt abführen. Diese Vorauszahlung kann der Anleger erst wieder bei seiner Steuererklärung gegen rechnen. Das kostet Zeit, sprich Zinsen.

Eine Möglichkeit, weiterhin möglichst hohe Kapitalerträge steuerfrei zu kassieren, besteht darin, das Depot umzuschichten. Viele haben sich schon wegen der erhöhten Einkommenssteuer Gedanken gemacht, wie sie dem Fiskus ein Schnippchen schlagen können. So kann es sich beispielsweise lohnen, Zinsanlagen zu verkaufen oder aufzulösen und stattdessen in Aktien zu investieren. Bislang unterliegen Dividenden nur dem halben Steuersatz und ein Teil des frei gestellten Höchstbetrags bleibt für weitere Kapitalerträge frei. Wer sich für Aktien entscheidet, sollte sich aber des Risikos voll bewusst sein: Zinsen für einen Sparbrief beispielsweise zahlt die Bank die garantiert, ob aber ein Unternehmen Dividenden ausschüttet, hängt von vielen Faktoren ab, die der Anleger nicht beeinflussen kann. Außerdem kann der Kurs eines Wertpapiers ebenso gut fallen wie steigen. Breiter streuen lassen sich diese Risiken bei der Investition in einen Aktienfonds. Dennoch bleibt eine größere Unsicherheit als bei einer Anlage in festen Zinspapieren.

Gut belegt

Ein weiterer Tipp, Steuern zu sparen, ist das Sammeln von Belegen. Das Finanzamt erkennt alle Ausgaben an, die sich beim Sparen ergeben. Dazu gehören Kosten für die Konto- und Depotführung, die Abschlussgebühren für einen Bausparvertrag, Aufwendungen für den Besuch einer Hauptversammlung, Ausgaben für Fachseminare und -literatur. Sogar den Teil des Honorars, das ein Steuerberater für seine Arbeit bei der Ermittlung von Kapitalerträgen fordert, erkennt der Fiskus an, wenn dieser sie gesondert auflistet. Dabei summiert sich oft ein höherer Betrag als die üblichen 51 Euro Werbungskostenpauschale.

Doch selbst den geschicktesten Artisten unter den Finanzjongleuren fallen die Bälle spätestens dann aus der Hand, wenn die große Koalition Ernst macht und ab 1. Januar 2008 die Abgeltungssteuer einführt. Die Steuererklärung wird dann zwar einfacher, aber unterm Strich bleibt den Anlegern oft weniger übrig. Peer Steinbrück denkt daran, alle Zinsen, Dividenden und Kursgewinne zunächst mit 30 Prozent (ab 2009 25 Prozent) zu besteuern. Damit gäbe er sich dann zufrieden. Nur Sparer mit einem niedrigen Steuersatz bekämen das Geld bei der Steuererklärung zurück.

Die Aktionärsfalle

Besonders schmerzhaft bekämen die Aktionäre die Neuregelung zu spüren. Dividenden würden voll versteuert, ebenso die – bislang nach einem Jahr steuerfreien – Kursgewinne; die Spekulationsfrist, innerhalb derer Kursgewinne abgabenpflichtig sind, fiele weg. Eine Rechnung macht die Auswirkungen für Aktionäre klar: Derzeit zahlt ein Spitzenverdiener auf 5 000 Euro Dividendeneinnahmen nur 474,60 Euro Steuern. Sinkt der Sparerfreibetrag ab Januar auf 750 Euro, fordert der Fiskus bereits 735 Euro. Kommt die Abgeltungssteuer, steigen die Abgaben auf 1 275 Euro. Streicht der Finanzminister den Freibetrag ganz, bleiben von den 5 000 Euro Dividenden noch 3 500 Euro übrig. Bislang liegt noch kein Gesetzentwurf vor, die Diskussionen jedoch sind voll im Gange. Viele Anleger, die sich in den oberen Rängen der Progression tummeln, werden sich dann Gedanken über Ziele im Ausland machen, befürchtet die Gilde der Steuerberater. In Luxemburg, Österreich und in der Schweiz freut man sich schon auf neue Gäste.Marlene Endruweit

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